HBO - Sozialrecht

Erstellt am 20 Sep 2015 20:14 - Zuletzt geändert: 28 Jun 2022 11:14

Einschätzung als NUB

Die hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) ist eine ärztliche Behandlungsmethode im Sinne der GKV. Als ärztliche "Behandlungsmethoden" im Sinne der GKV werden gemäß Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses medizinische Vorgehensweisen bezeichnet, denen ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll.

Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA)

Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) erließ für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung bezüglich der Methode einen Beschluss bzw. mehrere Beschlüsse zur Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB V in Verbindung mit § 135 Abs. 1 Nr. 2 SGB V.

  • Vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wurde die Methode für die ambulante Versorgung ursprünglich komplett, ohne Berücksichtigung spezieller Indikationen, in die Anlage 2 der "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" eingeordnet und somit von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen.
  • Ebenfalls durch den G-BA von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen wurden - und sind auch aktuell (11/2018) - verwandte Methoden unter Einsatz von Sauerstoff:
    • Oxyontherapie (Behandlung mit ionisiertem Sauerstoff-/Ozongemisch)
    • Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie nach von Ardenne
    • Hämatogene Oxidationstherapie (HOT), Blutwäsche nach Wehrli
    • Oxyvenierungstherapie nach Regelsberger
    • Ozon-Therapie, Ozon-Eigenbluttherapie, Sauerstoff-Ozon-Eigenbluttherapie, Oxyontherapie, Hyperbare Ozontherapie
    • Behandlung mit ionisiertem Sauerstoff
  • Am 28.07.2016 wurden vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) stellungnahmeberechtigte Medizinproduktehersteller von Produkten zur Anwendung der Hyperbaren Sauerstofftherapie bei diabetischem Fußsyndrom zur Meldung aufgefordert.
  • Mit Datum vom 21.09.2017 und Änderungsbeschluss vom 19.10.2017 wurde die hyperbare Sauerstofftherapie (HBO) für Patientinnen und Patienten mit schwerem diabetischen Fußsyndrom ab einer Wundtiefe des sogenannten Wagner-Stadium II eine GKV-Leistung in der ambulanten Versorgung.
  • In Anlage II findet sich die HBO weiterhin unter Punkt 16. als ausgeschlossene Leistung - mit Ausnahme der in Anlage I Nummer 22 anerkannten Indikation beim diabetischen Fußsyndrom.

Derzeit (Juni 2022) ist somit die hyperbare Sauerstofftherapie mit Ausnahme der in Anlage I aufgenommenen Indikation "hyperbare Sauerstofftherapie zur zusätzlichen Behandlung des diabetischen Fußsyndroms ab Stadium Wagner II" im ambulanten Bereich weiterhin keine Regelleistung der GKV.

Erprobungs-Richtlinien

Im April 2014 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) für die hyperbare Sauerstofftherapie bei Hörsturz (zusammen mit drei Untersuchungsmethoden) ein Beratungsverfahren zur Erstellung von Erprobungs-Richtlinien gemäß § 137e Abs. 7 SGB V eingeleitet.
Mittels einer Pressemitteilung vom 16. Juli 2014 bat der G-BA die Fachöffentlichkeit um erste Einschätzungen. Der G-BA plante laut Pressemitteilung, ab Ende August 2014 die eingereichten Einschätzungen, zusammen mit den Stellungnahmen anerkannter und bekannter Stellungnahmeberechtigter in Beratungen zu Erprobungs-Richtlinien einfließen zu lassen. Nach Abschluss der Beratungen soll über die Aufnahme der hyperbaren Sauerstofftherapie bei Hörsturz in eine Erprobungs-Richtlinie entschieden werden.

Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) erließ für den Bereich der Krankenhausversorgung bezüglich der Methode mehrere Beschlüsse in einer Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Nr. 5 SGB V in Verbindung mit § 137 c SGB V.

  • In den folgenden Indikationen wurde die Methode durch Beschluss des (G-BA) in der Anlage 1 der "Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung" und somit explizit als "für die Versorgung … erforderlich" eingeordnet:
    • Dekompressionskrankheit (Caisson-Krankheit, Taucherkrankheit),
    • Kohlenmonoxidintoxikation,
    • arterielle Gasembolie,
    • clostridiale Myonekrose
    • Rezidiv eines Neuroblastoms im Stadium IV

Die Methode darf in den genannten Indikationen unter Berücksichtigung der in der Richtlinie festgelegten Maßgaben in einem Vertragskrankenhaus zu Lasten der GKV erbracht werden.

Für eine Reihe weiterer Indikationen waren Beratungen vom G-BA ursprünglich begonnen worden, aber durch Beschluss vom 18.10.2007 wegen geringer Versorgungsrelevanz der Erkrankungen von weiteren Beratungen und Beschlüssen ausgenommen. (Pressemitteilung des G-BA: Ressourcen werden sinnvoll eingesetzt – G-BA stellt Beratungen zur Hyperbaren Sauerstofftherapie bei Indikationen mit geringer Versorgungsrelevanz ein.)

Im weiteren Verlauf erfolgten für den stationären Bereich, in den Jahren 2008 und 2009, Teilbewertungen der hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) im Hinblick auf

  • die Behandlung von Brandwunden
  • die Behandlung idiopathischer Femurkopfnekrosen (Erkrankung des Hüftgelenkknochens) bei Erwachsenen.

In beiden Indikationen wurde die HBO von der Möglichkeit der Krankenhausleistung zu Lasten der GKV ausgeschlossen.

Des Weiteren wurde im Jahr 2008 die HBO beim diabetischen Fußsyndrom vom G-BA überprüft. Auch in dieser Indikation wurde die hyperbare Sauerstofftherapie im Prinzip von den GKV-Krankenhausleistungen ausgeschlossen.
Dabei gab/gibt es aber dann doch eine Ausnahme:

"Unberührt von diesem Ausschluss bleibt die adjuvante Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom im Stadium Wagner ≥III ohne angemessene Heilungstendenz nach Ausschöpfung der Standardtherapie."

Somit konnte die HBO beim diabetischen Fußsyndrom zunächst, aber 2008, nur im Stadium Wagner III oder IV, weiterhin im Rahmen einer stationären Behandlung erbracht werden. Durch den Beschluss von 2008 wurde die Methode auch nicht zu den geprüften "erforderlichen" Methoden der Krankenhaus-Versorgung hinzugefügt.

Im Jahr 2017 erfolgte dann eine erneute Bewertung der HBO beim diabetischen Fußsyndrom
Seither darf die HBO in dieser Indikation im Krankenhaus nunmehr als adjuvante Therapie bereits ab Stadium Wagner II durchgeführt werden.

  • In folgenden Indikationen wurde die Methode durch Beschluss des (G-BA) in die Aufzählung der ausgeschlossenen Methoden gemäß § 4 der "Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung" aufgenommen. Die Methode darf in den dort aufgeführten Indikationen in einem Vertragskrankenhaus zu Lasten der GKV im Regelfall nicht erbracht werden:
    • HBO bei Myokardinfarkt
    • HBO bei Erstmanifestation eines Neuroblastoms im Stadium IV
    • HBO beim Weitwinkelglaukom
    • HBO beim Morbus Perthes
    • HBO beim Schädelhirntrauma
    • HBO bei Brandwunden
    • HBO bei idiopathischer Femurkopfnekrose des Erwachsenen
    • HBO beim diabetischem Fußsyndrom im Wagner-Stadium I

Die hyperbare Sauerstofftherapie beim diabetischen Fußsyndrom findet sich in der Richtlinie Methoden Krankenhaus sowohl als so genannte "notwendige Behandlungsmethode", die (in einigen Fällen) weiterhin als Kassenleistung erlaubt ist, als auch als ausgeschlossene Methode (für die Mehrzahl der Fälle).

Einem Urteil des Bundessozialgerichts B 1 KR 44/12 R vom 07.05.2013 war zu entnehmen, dass eine Leistungspflicht der Krankenkasse wegen Systemversagens ausnahmsweise trotz eines gemäß § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellten Verbots bestehen kann, wenn die fehlende Anerkennung der neuen Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde.

Dies sah das Bundessozialgericht in dem genannten Urteil bezüglich der HBO beim diabetischen Fußsyndrom in der ambulanten Versorgung gegeben. Die BSG-Richter sahen hier ein Systemversagen, da die Überprüfung der hyperbaren Sauerstofftherapie im Jahr 2008 sich nicht auf die Überprüfung von ambulanten Anwendungsfällen (Indikationen) der Methode erstreckte, welche im Rahmen der Überprüfung zwar als (weiterhin) stationär notwendige Leistungen definiert wurden, im ambulanten vertragsärztlichen Bereich aber dennoch weiter ausgeschlossen sind.

  • In allen nicht ausgeschlossenen Indikationen konnte die Methode nach § 137c SGB V auch nach der letzten Bewertung durch den G-BA weiterhin im Rahmen der Krankenhausbehandlung bei medizinischer Notwendigkeit zu Lasten der GKV erbracht werden (Verbotsvorbehalt). Eine stationäre Erbringung der hyperbare Sauerstofftherapie in nicht ausgeschlossenen Indikationen kann allerdings zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nur unter Berücksichtigung der §§ 2, 12, und 70 des SGB V sowie in dem durch § 39 SGB V vorgegebenen Rahmen erfolgen.
  • Im ambulanten Bereich war seit dem BSG-Urteil vom 07.05.2013 unklar, ob für die Leistung der hyperbaren Sauerstofftherapie in der Folge formal rechtlich in den stationär als Kassenleistung zugelassenen Indikationen auch im ambulanten Bereich Leistungsansprüche der Versicherten bestanden. Trotz des höchstrichterlich festgestellten Systemversagens wurde für den ambulanten Bereich eine weitere Entscheidung durch den G-BA erst nach rund vier Jahren, in Form des Änderungsbeschlusses vom 19.10.2017 getroffen.

Eine Abrechnung der Krankenhausbehandlung mittels hyperbarer Sauerstofftherapie bei nicht ausgeschlossener Indikation kann grundsätzlich im DRG-Fallpauschalensystem erfolgen. Die Überdruckkammerbehandlung findet sich z. B. im Katalog der Prozeduren (OPS) unter dem Code 8-721.2 abgebildet. Ein Zusatzentgelt für Druckkammerbehandlungen bzw. die HBO-Therapie ist derzeit allgemein nicht vereinbart. Die Leistungen sind mit der DRG abgegolten. Es dürfen keine zusätzlichen Kosten für den Einsatz der Behandlungsmethode neben der DRG geltend gemacht werden; auch dann nicht, wenn die Methode nicht vom Krankenhaus selbst, sondern als Auftragsleistung durch einen ambulanten Leistungsanbieter erbracht wird.

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