Bewertungsgrundlagen

Erstellt am 07 Sep 2015 14:15 - Zuletzt geändert: 27 Sep 2015 16:39

Bewertung neuer Methoden gemäß Prinzipien der Evidenz basierten Medizin

Qualität von Studien

Studien-Aufbau / Studien-Design

Comprehensive Cohort Design
Dieses Konzept hat in der Rehabilitationsmedizin (und anderen Bereichen) eine Existenzberechtigung, da es hier aufgrund von "mitgebrachten" Präferenzen der Patien(inn)en häufig eine erhebliche Differenz zwischen "eligible" und "participating" Patienten gibt. Mittels "Comprehensive Cohort Design" ist es möglich, auch nicht-randomisierte Patienten in eine Auswertung einzubeziehen1.

Wendet man dieses Design richtig an, dann ergeben sich (2xZahl der Studienarme) Gruppen. Bei drei "Methoden" wären das z.B. 6 Gruppen:
1. Methode 1 nach Randomisation
2. Methode 2 nach Randomisation
3. Methode 3 nach Randomisation
4. Methode 1 nach eigener Präferenz
5. Methode 2 nach eigener Präferenz
6. Methode 3 nach eigener Präferenz
Dieses Design hat als besonderen "Charme", dass es quasi eine externe Validierung der Ergebnisse der randomisierten Studienarme erlaubt, indem z.B. die Gruppen 1. und 4. etc. verglichen werden. Das Studienprotokoll muss eine getrennte Auswertung der Gruppen 1. und 4. usw. vorsehen, damit die Randomisierung einen Sinn ergeben kann.
Richtig angewendet, kommt es beim Comprehensive Cohort Design nicht zu einer Bildung vermischter Gruppen mit randomisierten und un-randomisierten Patienten3.
Daraus ergibt sich dann die Chance, anhand von Gruppenvergleichen in der Analyse festzustellen, ob die Patientenpräferenzen die Ergebnisse der randomisierten Gruppen beeinflusst haben könnten - also eine Validierung der Ergebnisse der randomisierten Patienten im Hinblick auf die Aussagefähigkeit bei "echten" Patienten, die sich ja ihre Therapie aussuchen können.

Es finden sich jedoch immer wieder Publikationen, in denen in der Auswertung die Gruppen unzulässig vermischt werden und somit die Studien trotz der Randomisierung letztlich aus methodischer Sicht zu einfachen prospektiven Beobachtungsstudien degradiert werden.

Group sequential randomised open label
Bei diesem Studien-Design handelt es sich um eine Variante des Comprehensive Cohort Designs. Dieses Studien-Design kann hinsichtlich seiner Beschreibung/Namensgebung eigentlich nur als bewusst irreführend bezeichnet werden.

Bei diesem Design ist kein Nutzen der Randomisierung erkennbar, der über den Publikations-wirksamen Nutzen, das Wort "randomisiert" verwenden zu können, hinausgeht. Die vorgesehen statistischen "Tricks" zur nachträglichen rechnerischen Korrektur von Designmängeln führen zur Intransparenz.
Dazu ein Zitat aus dem Buch „Methodik klinischer Studien“ von Schumacher und Schulgen:

„Beim Comprehensive Cohort Design werden alle für die Studie geeigneten Patienten in eine prospektive Kohortenstudie eingeschlossen, in der die Subkohorte der Patienten, die der Randomisation zustimmen, für den eigentlichen Behandlungsvergleich zur Verfügung stehen.
Patienten, die der Randomisation nicht zustimmen, entscheiden sich für die eine oder andere Therapie im Rahmen der Studie.
Ein Vergleich der randomisierten mit den nicht-randomisierten Patienten hinsichtlich der Zusammensetzung der Kollektive sowie des Behandlungserfolges gibt Aufschluss über die Übertragbarkeit der Ergebnisse des Therapievergleichs.“

Wenn randomisierten Teilnehmer und die Teilnehmer mit der (gleichen) selbstgewählten Behandlung gemeinsam in einer Gruppe ausgewertet werden, wird die Randomisierung im Effekt hinfällig, und die Untersuchung hat aus methodischer Sicht lediglich die Aussagekraft einer einfachen prospektiven Beobachtungsstudie. Das heißt jetzt nicht, dass das „Ergebnis“ einer solche Studie notwendig immer falsch ist – man kann dem Ergebnis aber nicht vertrauen.

Sofern nicht anders angegeben, steht der Inhalt dieser Seite unter Lizenz Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 License