Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS)

Erstellt am 04 Aug 2022 11:18
Zuletzt geändert: 04 Aug 2022 13:27

Indikation Depression

Für die Diagnostik und Therapie bei Depressionen (genauer: unipolaren Depressionen) wurde am 16.11.2015 eine methodisch sehr hochwertige (S3) Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression auf dem `Leitlinienportal der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher medizinischer Fachgesellschaften (AWMF) zur Verfügung gestellt.
Dieser Leitlinie können verschiedene Grundprinzipien in der Versorgung der unipolaren Depressionen entnommen werden: Je nach Erkrankungsphase, Erkrankungsschwere und Art und Intensität/Dauer vorangegangener Therapie werden in der Leitlinie differenzierte Vorgehensweisen beschrieben.
Der Leitlinie kann folgende konkrete Empfehlung (3-62_NEU_2015) entnommen werden:

Eine hochfrequente repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) des linken dorsolateralen präfrontalen Cortex (DLPFC) kann bei Patienten eingesetzt werden, die primär nicht auf eine antidepressive Pharmakotherapie angesprochen haben.

Laut Angaben in der Leitlinie beruht diese Empfehlung auf einem wissenschaftlichen Beweis-Niveau einer sehr hohen Stufe; diese wird eingestuft als "Level-of-Evidence" (LoE) Ib: Metaanalyse, RCTs und Referenzleitlinie.

Indikation chronisches Schmerzsyndrom

Zu der Indikation eines chronischen Schmerz-Syndroms mit chronischem Beckenschmerz (CPPS) konnte in der rein kursorischen Suche folgende Arbeit gefunden werden:

  • Nikkola J, Holm A, Seppänen M, Joutsi T, Rauhala E, Kaipia A. Repetitive Transcranial Magnetic Stimulation for Chronic Prostatitis/Chronic Pelvic Pain Syndrome: A Prospective Pilot Study. Int Neurourol J. 2020 Jun;24(2):144-149. doi: 10.5213/inj.1938258.129. Epub 2020 Jun 30. PMID: 32615676; PMCID: PMC7332827.

Diese Arbeit sieht Hinweise auf mögliche Wirksamkeit bei der Indikation eines chronischen Beckenschmerz-Syndroms; die vorsichtige Schlussfolgerung der Autoren lautet (Übersetzung d. Gutachter):

"Die rTMS für Patienten mit CP/CPPS schien gut verträglich zu sein, zumindest mäßig wirksam in der Schmerzreduktion und könnte bei Patienten mit chronischen Beckenschmerzen, die gegen konventionelle Behandlung resistent sind, von Interesse sein. Diese Ergebnisse müssen noch durch eine randomisierte Studie bestätigt werden."

Die Publikation von Nikkola et al. (2020) wurde von anderen Autoren öffentlich in einem wissenschaftlichen Journal kommentiert:

  • Shin YS, Lee KS, Kam SC. Commentary on "Repetitive Transcranial Magnetic Stimulation for Chronic Prostatitis/Chronic Pelvic Pain Syndrome: A Prospective Pilot Study". Int Neurourol J. 2020 Sep;24(3):296. doi: 10.5213/inj.2040268.134. Epub 2020 Sep 30. PMID: 33017902; PMCID: PMC7538295.

Shin et al. schreiben (Übersetzung d. Gutachter):

"In ihrer Studie stieg die numerische Ratingskala (NRS) 12 Wochen nach der rTMS wieder bis in die Nähe des Ausgangsniveaus an, was dem typischen Ansprechprofil der rTMS entspricht. Dies wirft die Frage auf, ob wir rTMS für CP/CPPS benötigen werden, wenn nach 12 Wochen keine signifikante Verbesserung der NRS eintritt. Es wäre für die Leser sehr hilfreich, wenn die Autoren eine klare Erklärung zu dieser Frage geben könnten. Trotz dieser Einschränkung erhöht die Studie von Nikkola et al. das Bewusstsein der Leser für die Frage neuer Behandlungsmodalitäten für CP/CPPS."

Auf diesen öffentlichen Kommentar antworteten die Autoren ebenfalls mit einem öffentlichen Kommentar:

  • Nikkola J, Holm A, Seppänen M, Joutsi T, Rauhala E, Kaipia A. Reply to Commentary on "Repetitive Transcranial Magnetic Stimulation for Chronic Prostatitis/Chronic Pelvic Pain Syndrome: A Prospective Pilot Study". Int Neurourol J. 2020 Sep;24(3):297. doi: 10.5213/inj.2040280.140. Epub 2020 Sep 30. PMID: 33017903; PMCID: PMC7538285.

Folgendes kann dem Schlusswort von Nikkola et al. entnommen werden (Übersetzung d. Gutachter):

"Wie im Artikel und im Kommentar von Shin et al. besprochen, entsprechen unsere Ergebnisse dem typischen Reaktionsprofil der rTMS. […] Die aktuellen Empfehlungen für die rTMS besagen, dass es noch keinen eindeutigen Algorithmus für die Erhaltungstherapie gibt. Die vorliegende Studie ermutigt die zukünftige Forschung zur rTMS bei CP/CPPS und zeigt, dass selbst bei kurzer Behandlung und ohne Erhaltungstherapie ein zumindest moderates Ansprechen auf die Behandlung erreicht werden kann. Wir regen an, in künftigen randomisierten kontrollierten Studien auch die Rolle von Erhaltungssitzungen zu untersuchen."


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