Erstellt am 12 Oct 2015 16:49
Zuletzt geändert: 11 Dec 2020 20:52
Neuroendokrine Tumoren (NET) tragen an ihrer Zelloberfläche spezifische Bindungsstellen für Somatostatin-Rezeptoren (SST-R) und bieten von daher relativ spezifische "Andock-Punkte" für eine Antikörper-Therapie. Patienten mit inoperablen NET werden daher oftmals in der Nuklearmedizin mittels PRRT therapiert. Eingesetzt werden hierbei die Verbindungen aus Somatostatinrezeptorliganden (DOTATOC oder DOTATATE) und einem Gamma-strahlendem Radiopharmakon wie [90Y] (Yttrium 90) und [177Lu] (Lutetium 177)1.
Um die Indikation zu einer PRRT bei Patienten mit NET festzustellen, kann eine Szintigraphie oder ein PET-CT unter Nutzung eines Somatostatinrezeptorlinganden (Analog des Peptidhormons Somatostatin) wie z. B. DOTA-TATE durchgeführt werden, um die Ausprägung der Somatostatin-Rezeptoren (SST-R-Besatz) zu untersuchen. Dies scheint aufgrund der derzeitigen Forschungsdaten eine vergleichsweise hoch-spezifische und treffsichere Methode der Darstellung dieser Tumore zu sein. Zeigen neuroendokrine Tumore im PET-CT eine hohe Aufnahme (Uptake) des Tracers, wird eine PRRT als sinnvoll eingestuft. Diesbezüglich sind jedoch Details, wie z. B. die Schwellenwerte der Tracer-Aufnahme (Uptake), noch nicht endgültig geklärt.
Im Prinzip wird dieses Konzept für die Anwendung bei Somatostatin-Rezeptor-positiven NET von Experten jedoch bereits als erfolgreich und ausreichend etabliert angesehen.
Es gibt bislang einen kommerziell europaweit durch die EMA zugelassenen Somatostatin-Analog-Radiotracer, das SomaKit TOC, das aber nur in Verbindung mit einer [68Ga]Galliumchloridlösung zur radioaktiven Markierung eingesetzt werden darf.
Bewertungen im MDK-System
Im Jahr 2002 wurde die Peptidrezeptor-Radiotherapie (PRRT) mit 90Y-DOTATOC bei neuroendokrinen Tumoren (Pankreas, Magen-Darm-Trakt, Lunge) durch das "Fachreferat Arzneimittel / Neue und unkonventionelle Heilmethoden" im MDK Westfalen-Lippe im Auftrag eine Krankenkasse bewertet. Die Gutachter kamen damals zu folgendem Fazit:
"90 Y-DOTATOC/90 Y-SMT487 sind zulassungspflichtige Radiopharmaka. Eine Zulassung existiert bisher in keinem Land. Das Arzneimittel ist nicht verkehrsfähig und kann auch aus arzneimittelrechtlichen Gründen außerhalb kontrollierter Studien, in denen eine Kostenübernahme durch eine gesetzliche Krankenkasse ausscheidet, nicht eingesetzt werden. […]
Die stationäre Behandlung erfolgt häufig allein aus strahlenschutzrechtlichen Gründen und nicht aufgrund der individuellen Krankheitssituation, die eine Behandlung mit den Mitteln des Krankenhauses zwingend notwendig macht. Bei einer Behandlung mit 90 Y-DOTATOC aus In-House-Herstellung ist eine behördliche Prüfung der pharmazeutischen Qualität in gleicher Weise wie bei Fertigarzneimitteln nicht vorgeschrieben. Aus Qualitätsgründen ist eine Kostenübernahme durch eine gesetzliche Krankenkasse nicht zu empfehlen. […]
Eine Leistungsmöglichkeit der gesetzlichen Krankenversicherung für eine stationäre Behandlung im Ausland nach § 18 SGB V oder in Deutschland mit 90 Y-DOTATOC bei NET kann beim derzeitigen Erkenntnisstand in Übereinstimmung mit dem Gutachten des MDK Berlin-Brandenburg vom 21.06.2002 aus sozialmedizinischer Sicht nicht begründet werden, da die Therapie nicht dem allgemein anerkannten Stand in Deutschland entspricht."
Ein Update der damaligen Bewertung oder eine MDK-MDS-interne Information über die Entwicklung des wissenschaftlichen Kenntnisstandes ist bislang nicht erfolgt.
WebLinks
- Universitätsklinik für Nuklearmedizin und Endokrinologie Salzburg: Lu-177 DOTATATE
- S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. (DGN) zum Einsatz der Somatostatinrezeptor-PET-CT. (AWMF Leitlinien Registernr. 031-046; Stand März 2017).
Literatur
- Gehler et al. 68Ga-DOTATOC-PET/CT for meningioma IMRT treatment planning. Radiat Oncol. 2009; 4: 56.
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