PET bei Urothelzellkarzinom

Erstellt am 02 Aug 2010 15:45
Zuletzt geändert: 26 May 2016 10:19

Generell ist die Aussagefähigkeit der PET bei Urothelzellkarzinomen eingeschränkt.
In der Zeitschrift "Der Urologe" erschien 2015 eine Überblicksarbeit mit dem Titel "Positronenemissionstomographie bei urologischen Tumorerkrankungen"1
Auszug aus diesem Artikel:

"Trotz anfänglicher Euphorie scheint die PET mit 18F-FDG oder cholinbasierten Tracern auch beim Urothelkarzinom der Blase meist keinen relevanten diagnostischen Mehrwert zu erbringen und sollte daher hier mit Zurückhaltung bzw. nur im Rahmen von Studien Anwendung finden."
Insbesondere der Lokalbefund in der Blase kann meist nur ungenau abgegrenzt werden, da zum einen die Tracer 18F-FDG und z. T. auch 18F-Cholin und 11C-Acetat (selten auch 11C-Cholin) renal ausgeschieden werden, zum anderen die PET aufgrund der geringeren örtlichen Auflösung hier meist keine klinisch relevanten Mehrinformationen zur Schnittbildgebung hinsichtlich z. B. Infiltrationstiefe geben können.
So wird die PET meist für das Staging einer lymphogenen oder Fernmetastasierung angewandt. Für den Tracer 18F-FDG liegen dabei die größten Erfahrungen vor. In der aktuell größten Studie zur 18F-FDG-PET von Goodfellow et al. … zeigte sich eine Verbesserung der Sensitivität im Lymphknotenstaging durch die 18F-FDG-PET von 45 auf 69 % bei annähernd gleichbleibender Spezifität von 98 bzw. 95 % und eine moderate Verbesserung in der Detektion von Fernmetastasen von 41 auf 54 % bei Spezifitäten von 97 bzw. 98 %. Die Autoren schlussfolgern, dass das Hinzufügen der 18F-FDG-PET zur CT zwar eine Verbesserung darstellt, allerdings wohl nicht die Mehrkosten rechtfertigen kann. Zu demselben Ergebnis im Lymphknotenstaging kommen Jeong et al. und Swinnen et al.
Ähnliche Ergebnisse wie mit 18F-FDG zeigen sich für die PET mit 11C-Cholin. Während beispielsweise zwei Studien einer italienischen Arbeitsgruppe um Brunocilla und Graziani im primären Lymphknotenstaging bei 26 Patienten und im Rezidivstaging bei 25 Patienten eine Verbesserung der Sensitivität im Vergleich zur CT beschreiben, konnten wir in einer eigenen Studie mit 44 Blasenkarzinompatienten vor Zystektomie diese positiven Ergebnisse hinsichtlich des Lymphknotenstagings nicht uneingeschränkt nachvollziehen. Sowohl eine patienten- als auch felderbasierte Auswertung mit Korrelation zur Histologie ergab keine substantiellen Unterschiede zwischen dem alleinigen CT-Datensatz und der 11C-Cholin-PET/CT.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die PET-Diagnostik mit den derzeit verfügbaren Tracern beim Blasenkarzinom keine Standarddiagnostik darstellt. Gerade kleine metastatische Absiedelungen können nur unsicher detektiert werden. Bei Patienten, die ein muskelinvasives Blasenkarzinom und zugleich ein Hochrisikoprofil aufweisen, kann jedoch möglicherweise die PET-Diagnostik von diagnostischem Nutzen sein als auch prognostische Informationen liefern. Die beste Datenlage existiert dabei für den Tracer 18F-FDG. Blasenkarzinomspezifischere Tracer wären jedoch weiterhin wünschenswert."

Urothelzellkarzinom der Niere

Eine der vertragsärztlichen zugelassenen Indikationen für die PET liegt bei einem Urothelzellkarzinom der Niere mit dem Verdacht einer Metastasierung in die Leber nicht vor.

Eine Suche in der Welt-größten Datenbank medizinischer Literaturzitate, der Medline, erbrachte unter den Suchbegriffen „renal pelvis cancer“ sowie „ureteral cancer“ in Verbindung mit PET bzw. Positronen-Emissions-Tomographie keine einzige Studie, in der der Nachweis einer günstigen Wirkung der Positronen-Emissions-Tomographie auf den Krankheitsverlauf gezeigt werden konnte. Eine weitere Recherche nach den Begriffen „transitional cell carcinoma“ und Positronen-Emissions-Therapie bzw. PET führte zur Identifizierung einer aktuellen Übersichtsarbeit von Setty und anderen, die im Wesentlichen noch keinen Stellenwert der PET bei der genannten Erkrankung sieht, jedoch durchaus positive Entwicklungen in der Zukunft für möglich hält (Setty 2007).

Aufgrund der Daten aus der aktuellen wissenschaftlichen Literatur ergeben sich keine Wirksamkeitsnachweise für den Einsatz der PET beim Verdacht auf lymphogene Metastasierung eines Urothelkarzinoms

Im Falle eines metastasierten Urothelzellkarzinoms stehen nach bisherigem medizinischem Wissen über die Krankheit und deren Verlauf keine kurativen Behandlungsoptionen zur Verfügung. Sämtliche Therapieoptionen zielen auf eine palliative Indikation mit dem Ziel der Verbes-serung der Lebensqualität, der Symptomatik sowie der Überlebenszeit.

Eine mögliche Änderung des palliativen therapeutischen Vorgehens bei einem metastasierten Urothelzellkarzinom durch eine PET-CT-Untersuchung lässt sich aufgrund gesicherter Daten über die vorliegende Erkrankung und das Erkrankungsstadium nicht erkennen.

Als anerkannte vertragsärztliche Untersuchungsmethoden stehen für Patienten mit metastasierten Urothelzellkarzinomen die Sonographie, ggf. die Computertomographie und ggf. die Kernspintomographie zur Verfügung. Des Weiteren ist auch das aufklärende und stützende Gespräch mit den Patienten, unter Berücksichtigung der Aspekte der individuellen Lebensqualität unter weiterer Therapie, als vertragliche Leistung zu nennen.

Eine Leistungspflicht der GKV für eine PET-Untersuchung bei metastasierten Urothelzellkarzinom liegt im Regelfall aus sozialmedizinischer Sicht nicht vor.

Allerdings:

Bei Patienten, die ein muskelinvasives Blasenkarzinom und zugleich ein Hochrisikoprofil aufweisen, könne jedoch möglicherweise die PET-Diagnostik von diagnostischem Nutzen sein, wobei die beste Datenlage für den Tracer 18F-FDG existiere.

Einige Autoren sehen auch einen möglichen Nutzen zur Metasensuche/Ausbreitungsdiagnostik; so z.B. Dr. W.P. Fendler, V. Wenter, C.G. Stief, C. Gratzke, P. Bartenstein , Der Urologe 2015/7: 1025-1037:
"Metastasen des Blasenkarzinoms können mit PET mit relativ hoher Genauigkeit detektiert werden, wohingegen eine Beurteilung der Blasenwand aufgrund der Ausscheidung des Radiopharmakons über Nieren und ableitende Harnwege nur eingeschränkt möglich ist."

Die englische Leitlinie "Bladder cancer: diagnosis and Management" enthält folgende klare Empfehlung zum Urothelzellkarzinom der Blase:
"Consider fluorodeoxyglucose positron emission tomography (FDG PET)‑CT for people with muscle‑invasive bladder cancer or high‑risk non‑muscle‑invasive bladder cancer before radical treatment if there are indeterminate findings on CT or MRI, or a high risk of metastatic disease (for example, T3b disease)."

Bibliography
1. Setty BN, Holalkere NS, Sahani DV, Uppot RN, Harisinghani M, Blake MA. State-of-the-art cross-sectional imaging in bladder cancer. Curr Probl Diagn Radiol. 2007 Mar-Apr;36(2):83-96.

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