Pasha®-Elektrode

Erstellt am 07 Jun 2022 15:10
Zuletzt geändert: 07 Jun 2022 15:45

Synonyme

Epidural-Spinalraumelektrode gepulste Radiofrequenzbehandlung

Legalstatus

Behandlungsmethoden, die noch nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen für die ambulante Versorgung enthalten sind oder über deren Eignung und Wirtschaftlichkeit Zweifel bestehen, müssen gemäß fünftem Sozialgesetzbuch auf der Grundlage des wissenschaftlichen Kenntnisstandes vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bewertet und den Regelleistungen der GKV hinzugefügt oder von diesen ausgenommen werden.
Eine Methodenberatung zur Patientenversorgung mit einem Pasha-Katheter/einer Pasha-Elektrode erfolgte durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bislang nicht.
Damit ist die Methode nicht explizit von der Versorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten ausgeschlossen.

Stationär im Krankenhaus

Wenn die Behandlung mit der Pasha®-Elektrode stationär erfolgt, so kann diese über die OPS-Prozedur 5-039.38 kodiert sowie ggf. zusätzlicher Kodierung des Zugangsweges (5-030 ff.; 5-031 ff.; 5-032 ff.) sowie der anschließenden Elektrostimulation des Nervensystems (OPS-Codes aus der Gruppe 8-63) als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung über das DRG-System abgerechnet werden.
Anzumerken ist hierzu, dass § 39 Absatz 1 Satz 1 SGB V seit dem 18.12.2019 folgende Fassung hat:

"Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, stationsäquivalent, teilstationär, vor- und nachstationär sowie ambulant erbracht; sie umfasst auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach § 137c Absatz 1 getroffen hat und die das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten."

Ambulant

Wenn die Behandlung ambulant erfolgen soll, besteht das Problem, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab ärztlicher Leistungen (EBM) für diese Leistung derzeit keine eigene Abrechnungsposition zu dem OPS-Code 5-039.38 vorsieht. Die Leistung ist auch im aktuellen Katalog für das ambulante Operieren nicht aufgeführt. Daher kann die Leistung über die normalen Abrechnungswege der Regelversorgung nicht mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden.

Eine ausnahmsweise Abrechnungsmöglichkeit zu Lasten der GKV kann sich zum Beispiel ergeben, wenn die anfragende Krankenkasse Beteiligte eines Selektivvertrags für die Durchführung dieser Behandlung mit entsprechend benannten Anbietern ist oder wenn es sich bei der Behandlung mit der Pasha®-Elektrode um eine Satzungsleistung der anfragenden Krankenkasse handelt.
Ob dies der Fall ist, obliegt nicht der Überprüfung durch den MD.

Alternativ wäre es im Rahmen einer Ermessensentscheidung der Krankenkasse möglich, eine eigene Überprüfung der Wirtschaftlichkeit vorzunehmen:
Die Krankenkasse könnte, im Rahmen ihrer leistungsrechtlichen Kompetenz, die zu erwartenden Kosten einer stationären Leistungserbringung und Abrechnung mittels DRG-Fallpauschale den, von im Einzelfall veranschlagten Kosten für die ambulante Durchführung (GOÄ-Leistung) gegenüberstellen.
Im Hinblick auf § 12 SGB V wäre so eine Prüfung durch die Krankenkasse möglich, ob die beantragte Leistung wirtschaftlich im Sinne des Sozialgesetzbuches wäre.

Alternativen

Zur Behandlung von Schmerzsyndromen bei Bandscheibenvorfällen im HWS-Bereich stehen eine Vielzahl medizinischer Behandlungsmethoden zur Verfügung:
Die große Anzahl von Therapieangeboten für Rückenschmerzpatienten in- und außerhalb des GKV-Leistungsspektrums deutet darauf hin, dass viele Patienten durch Anwendung einer oder mehrerer Methoden keine ausreichende Beschwerdelinderung erfahren, so dass sie ständig neue/weitere Methoden in Anspruch nehmen.
Für die langfristige positive gesundheitliche Wirkung der meisten Maßnahmen, unabhängig davon, ob es sich um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handelt oder nicht, gibt es keine Evidenz aus methodisch gut geplanten und durchgeführten randomisierten kontrollierten Studien.
Für einige Methoden, wie zum Beispiel die Akupunktur, wurde in den letzten Jahren eine relativ gute wissenschaftliche Datengrundlage (Evidenz) zumindest für die Behandlung bestimmter, von der Wirbelsäule ausgehender Beschwerden geschaffen.
Grundsätzlich besteht in der Fachwelt indessen Konsens darüber, dass dann, wenn konservative (nicht in den Körper eingreifende) Methoden nicht ausreichend helfen, auch Verfahren zum Einsatz kommen können, die – im Vergleich zu den nicht-eingreifenden Verfahren – mehr behandlungsbedingte Risiken aufweisen, wie zum Beispiel Infiltrationstherapien zur Schmerzbehandlung oder andere Verfahren der so genannten interventionellen Schmerztherapie.

Eine Krankenkasse kann in Einzelfällen auch bei der Suche nach alternativen Versorgungsmöglichkeiten behilflich sein. So können Krankenkassen unterstützend mitwirken bei der Terminvereinbarung bei Ärzten, die an der ambulanten spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V teilnehmen und die interventionelle schmerztherapeutische Leistungen als hochspezialisierte Leistungen im Sinne des § 116b SGB V durchführen (und in diesem Rahmen ggf. auch die gegenständliche Methode anbieten).
Eine weitere Alternative bestünde in der Regelversorgung betroffener Patienten durch Vertragsärzte, die Maßnahmen der ambulanten interventionellen schmerztherapeutischen Versorgung in Wohnortnähe der Patienten anbieten. Ob eine solche Möglichkeit besteht, könnte durch die involvierte Krankenkasse durch Nachfrage bei der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung geklärt werden. Die Kasse könnte dann die entsprechenden Information an die Patientin weitergeben.

Erfahrungen und Daten zu der Methode

Bei der Behandlung mit der Pasha®-Elektrode handelt es sich um ein Verfahren, das von spezialisierten Anbietern, auch im Rahmen der Versorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten, bereits seit Jahren praktiziert wird. Hieraus kann möglicherweise geschlossen werden, dass die Patientensicherheit bei sachgerechter Anwendung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit gewährleistet ist.
Allerdings wird die Methode in der Regel nur stationär angewendet. Grundsätzlich kann die Anlage der Multifunktionselektrode inklusive der gepulsten Radiofrequenztherapie technisch und medizinisch auch ambulant durchgeführt werden. Daher könnte die regelhafte stationäre Anwendung rein auf sozial- und leistungsrechtliche Sachverhalte zurückzuführen sein; spezifisch auf die fehlende Abrechnungsmöglichkeit in der ambulanten Versorgung.

Bislang publizierte Literatur und Erfahrungsberichte zu der Behandlung mit der Pasha®-Elektrode können als Hinweise darauf angesehen werden, dass diese Therapie möglicherweise einen Zusatznutzen im Vergleich zu den bereits etablierten Therapieoptionen bieten kann.

Vorhandene Evidenzbewertungen

Vom Medizinischen Dienst des GKV-Spitzenverbandes, Expertengruppe "SEG 7", wurde mit Stand vom 30.06.2017 ein Gutachten "Spinale epidurale gepulste Radiofrequenzbehandlung" vorgelegt. Diesem Gutachten kann folgendes Fazit entnommen werden:

"Ein Nutzen bzw. Schaden kann aufgrund des nicht-vergleichenden Studiendesigns der identifizierten Studien für die spinale epidurale PRF nicht abgeleitet werden."

Hierzu kann seitens der unterzeichnenden Gutachterin ergänzend folgendes nachgetragen werden:
Grundsätzlich ist es leider so, dass für keines der derzeit regelhaft angewendeten interventionellen oder operativen Verfahren zur Schmerzbehandlung an der Wirbelsäule wirklich belastbare Ergebnisse aus guten klinischen Studien vorliegen. Alle Studien, die zur invasiven Schmerztherapie bislang publiziert wurden, weisen eine relativ große Ergebnisunsicherheit auf. Auf dieses Faktum wurde auch in dem MDS-Gutachten zur spinalen epiduralen gepulsten Radiofrequenzbehandlung hingewiesen.

Evidenzbewertung unter Berücksichtigung der Versorgungssituation

Eine Datenlage, die eindeutig beweist, ob die Pasha®-Elektroden-Therapie oder eine andere, in Deutschland als Kassenleistung verfügbare Therapie die beste Erfolgsaussicht in der Behandlung von Beschwerden bei Bandscheibenvorfällen im HWS-Bereich hat, existiert nicht.
Eine generelle Versorgungslücke für Patienten mit Bandscheibenvorfällen im HWS-Bereich aufgrund der fehlenden Aufnahme der Pasha®-Elektroden-Therapie in den Regelleistungskatalog für die ambulante vertragsärztliche Versorgung kann daher nicht mit Gewissheit bestätigt werden.
Zu bestätigen ist allerdings, dass die Evidenz auch für etablierte Behandlungsmethoden des Krankheitsbildes teilweise als ungenügend zu bezeichnen ist und dass in einer relevanten Anzahl von Einzelfällen die langfristigen Therapieerfolge unbefriedigend sind.
Chronische Beschwerden aufgrund von Wirbelsäulenschäden haben – nicht zuletzt aufgrund einer unzureichenden Wirksamkeit der eingesetzten Behandlungsmethoden – eine sehr hohe volkswirtschaftliche Relevanz und sind eine führende Erkrankungsgruppe bei den Ursachen für Arbeitsunfähigkeit und vorzeitige Berentungen.
Vor diesem Hintergrund sind Verbesserungen bei der Behandlung von wirbelsäulenbedingten Beschwerden aus bevölkerungsmedizinischer Sicht dringend anzustreben.
Auf der vorhandenen Informationsgrundlage könnte die Hinzunahme der Pasha®-Elektrode-Versorgung zu den therapeutischen Optionen bei nicht ausreichend beherrschten, insbesondere von der Halswirbelsäule ausgehenden Beschwerden, möglicherweise zu einer Verbesserung der Versorgung beitragen.
Eine absolute Notwendigkeit zur Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ergibt sich hieraus jedoch weder grundsätzlich (aus System-Sicht) noch hinsichtlich des Einzelfalles.

Weblinks

  • https://wi-muenchen.de/praxis/informationen-fuer-gesetzlich-versicherte-patienten.html
    • Für gesetzlich versicherte Patienten
    • Eine ambulante Behandlung im Wirbelsäulen-Institut München ist nur als Privatpatient bzw. Selbstzahler möglich. Die Abrechnung erfolgt nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Sie haben keinen Anspruch auf Kostenübernahmen durch Ihre Versicherung. Die Rechnung muss somit von Ihnen beglichen werden.
    • Stationäre Behandlungen oder Operationen können in der Arabella-Klinik München über Ihre gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden.
  • https://gelenk-klinik.de/wirbelsaeule/wirbelsaeulen-op/pasha-katheter-minimalinvasive-therapie-bei-rueckenschmerzen.html
    • Die sogenannte Neuromodulation durch den PASHA®-Katheter ist eine Anwendung der interventionellen Schmerztherapie.
    • Diese minimal-invasive Schmerztherapie wird als "Epidurale gepulste Radiofrequenztherapie" (EPRF) bezeichnet. Der übliche Name für diese EPRF-Therapie (PASHA®-Katheter) ist abgeleitet von den Namen des Erfinder dieses Verfahrens (Dr. Omar Pasha).
    • Indikationen:
      • Wurzelreizsyndrome bei Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenbereich
      • Wirbelkanalverengung – auch über mehrere Etagen
      • Postnukleotomiesyndrom – Vernarbungssyndrom
      • Vertebragene Kopfschmerzen
      • Chronische Schmerzen nach einer Gürtelrose
      • Morbus Sudeck

Alle medizinischen Aussagen und Informationen in diesem Wiki dienen nicht der individuellen Beratung und können und sollen eine persönliche fachliche ärztliche oder sonstige Beratung nicht ersetzen! Auch erheben die hier gemachten Aussagen keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit. Dies ist keine Gesundheitsberatungsseite und auch keine Sozialberatungsseite!



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