Erstellt am 01 Dec 2015 21:20
Zuletzt geändert: 01 Mar 2021 21:54
Aktuelles
- IQWiG-Pressemitteilung 12.06.2020: Prostatakrebs: Kein Anhaltspunkt für einen höheren Nutzen oder Schaden bei Anwendung der Fusionsbiopsie
- HTA-Bericht des IQWiG zur Fusionsbiopsie
- Ärzteblatt-Meldung v. 14.07.2020 mit Kommentar der DGU
Abgrenzung / Begriffsklärung
Synonyme bzw. inhaltlich-technisch ähnliche/(fast) identische Methoden: Transrektale MRT-US-Fusionsbiopsie, Fusionsbildgebung zur PCA-Diagnostik; Prostata-MRT für die Bildgebung zur Planung der Biopsie; MRT-fusionsgestützte ultraschallgeführte transrektale/perineale Prostatastanzbiopsie; Biobot - Fusion der präoperativen Prostata-Magnetresonanzdarstellung (MRT) und der
intraoperativen Sonographie im Rahmen der roboter-assistierten Biopsie; 3D-stereotaktische Prostatabiopsie basierend auf einer multiparametrischen Kernspintomographie (mpMRT) der Prostata.
Beschreibung / Funktionsprinzip / Hintergrund
Männer mit einem erhöhten PSA-Wert (Prostataspezifisches Antigen) oder einem auffälligen Tastbefund in der digital rektalen Untersuchung (DRU) erhalten zur Abklärung einen transrektalen Ultraschall (TRUS) in Kombination mit einer systematischen Biopsie (Gewebeentnahme) zur histologischen Sicherung. Diese Prozedur wird häufig vom niedergelassenen Urologen durchgeführt.
Trotz starker Verdachtsmomente, beispielsweise aufgrund eines erhöhten PSA-Wertes, gelingt bei einem Teil der Männer der Nachweis eines Prostatakarzinoms in der systematischen Prostatastanzbiopsie auch bei mehrfacher Wiederholung der Prozedur nicht.
Hier soll die MRT-fusionsbasierte Prostatabiopsie Abhilfe schaffen:
Die Untersuchungsbilder aus einer Magnetresonanztomographie-Untersuchung werden direkt in ein Ultraschallgerät eingespielt und hier mit einer so genannten Bilddaten-Fusion in Echtzeit mit der Live-Ultraschalluntersuchung verbunden. Das ermöglicht während eines Biopsievorgangs die gezielte Ausrichtung der Biopsienadel auf die im MRT auffälligen Herde während der Ultraschalluntersuchung (Transrektale MRT-US-Fusionsbiopsie).
Üblicherweise werden bei einer Prostatastanzbiopsie ca. 12 -20 Proben systematisch aus der Prostata entnommen. Bei der Anwendung einer MRT-fusionsgestützten ultraschallgesteuerten
Prostatastanzbiopsie kann die Anzahl der Biopsien durch die gezielte Entnahme reduziert werden, wobei das Ausmaß der Reduktion vom jeweils konkret verwendeten Protokoll abhängt.
Beim Tübinger Biobot werden zuerst transrektale Sonographiebilder erzeugt, welche dann in 3D-Form rekonstruiert und mit den MRT-Bildern fusioniert werden. Bei dem Tübinger Biobot-Verfahren werden meist 18 Stanzen entnommen.
Bei der MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie, wie sie von der Charité angewendet wird, wird ein 3T MRT einen oder mehrere Tage vor der eigentlichen Biopsie durchgeführt. Die dabei erzeugten Bilder werden in das Ultraschallgerät eingelesen und stehen dann am Untersuchungstag bereit. Die Anzahl der notwendigen Biopsien wird mit maximal 15 angegeben.
Durch das in der Medizinischen Hochschule in Hannover angewendete Protokoll soll die Anzahl der Biopsien auf durchschnittlich etwa 6 reduziert werden.
Indikation
Männer, bei denen eine vorhergehende Prostatabiopsie kein Karzinom nachweisen konnte aber der PSA-Wert weiter ansteigt oder hoch bleibt.
Kontraindikationen
Analog zu jeder Form der Prostatastanzbiopsie.
Bewertung der allgemeinen Evidenz
- Ergebnis einer Pubmed-Recherche zu der Methode
- Brock M, von Bodman C, Palisaar J, Becker W, Martin-Seidel P, Noldus J: Detecting prostate cancer—a prospective comparison of systematic prostate biopsy with targeted biopsy guided by fused MRI and transrectal ultrasound. Dtsch Arztebl Int 2015; 112: 605–11. DOI:10.3238/arztebl.2015.0605.
- Literatur des Monats der Martini-Klinik Hamburg im September 2014: Der Wert der gezielten MRT-Ultraschall-Fusionsbiopsie bei Männern mit bereits negativen Biopsie-Befund und erhöhtem PSA-Wert
Legalstatus
Es ist von einer im sozialrechtlichen Sinn neuen Methode (NUB) auszugehen:
Es handelt sich um die Kombination von zwei bisher etablierten und bewerteten Verfahren, wobei es sich jedoch nicht um die schlichte Addition der zunächst durchzuführenden Diagnostik mit der daraus resultierenden interventionellen diagnostischen Abklärung handelt. Derzeit existieren verschiedene technische und protokollarische Lösungen, die sich in Details unterscheiden. Welche Bedeutung der Detail-Unterschieden zukommt und ob die unterschiedlichen Anwendungs- bzw. Durchführungsprotokolle zu relevanten Unterschieden hinsichtlich der Detektion bislang unerkannter Karzinome oder auch zu einer verminderten Patientenbelastung und Verringerung von Biopsie-assoziierten Komplikationen und Nebenwirkungen führen, ist derzeit noch nicht beurteilbar.
Aufgrund des hohen technischen Aufwandes wäre aber auch bei kombiniertem Ansatz der im EBM vorhandenen Positionen für sowohl die Becken-MRT (die aber bei einer reinen MRT der Prostata definitionsgemäß gar nicht abgerechnet werden kann) als auch die Stanzbiopsie der Prostata (GOP 26341 - plus Ziffer für Ultraschalluntersuchungen des Kapitels 33) eine kostendeckende Leistung für die Anbieter kaum möglich.
Das Verfahren wird daher als IGEL-Leistung vermarktet.
Alternativen
Herkömmliche Stanzbiopsie, ggf. in mehrfacher Wiederholung.
Quellen
Alle medizinischen Aussagen und Informationen in diesem Wiki dienen nicht der individuellen Beratung und können und sollen eine persönliche fachliche ärztliche oder sonstige Beratung nicht ersetzen! Auch erheben die hier gemachten Aussagen keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit. Dies ist keine Gesundheitsberatungsseite und auch keine Sozialberatungsseite!
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