E.M.D.A.-Therapie oder "Elektro Motive Drug Administration"

Erstellt am 28 May 2019 18:47
Zuletzt geändert: 07 Jun 2022 15:46

E.M.D.A.-Therapie oder "Elektro Motive Drug Administration" ist eine markenrechtliche Bezeichnung für eine (in der Regel intravesikale) Iontophorese-Therapie mit zusätzlicher Medikamenten-Instillation.

Stationär

Im Krankenhaus stellt die E.M.D.A.-Therapie oder "Elektro Motive Drug Administration" keine so genannte "Neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode" (NUB) dar.
Für die Methode wurde nach gutachterlicher Kenntnis zuletzt im Jahr 2008 ein Antrag nach § 6 Abs. 2 KHEntgG gestellt. Damals wurde die Methode jedoch vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) mit dem Status "2" eingestuft, was bedeutet, dass die Methode nach Einschätzung des InEK bereits damals ausreichend über das DRG-Fallpauschalensystem abgebildet (und somit keine "Neue Methode" im Sinne von § 6 Abs. 2 KHEntgG) war.

Die E.M.D.A.-Therapie oder "Elektro Motive Drug Administration" ist nach gutachterlicher Einschätzung grundsätzlich über die OPS-Schlüssel 8-132.0 (Manipulationen an der Harnblase: Instillation) und 8-650 (Elektrotherapie) abgebildet und kann somit – unter Berücksichtigung der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit gemäߧ§ 2 und 12 SGB V – über das DRG-Fallpauschalensystem abgerechnet werden.
Allerdings muss die Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit einer stationären E.M.D.A.-Behandlung im Einzelfall stets gesondert betrachtet (und geprüft) werden, da die Methode hinsichtlich der technischen und medizinischen Voraussetzungen ihrer Durchführung grundsätzlich auch ambulant erbracht werden kann.

Ambulant

Diesbezüglich ist auf zwei Aspekte zu verweisen:
1. Von einigen Sachverständigen wird davon ausgegangen, dass es sich bei der E.M.D.A.-Therapie um eine so genannte "Neue Methode" oder NUB handeln würde, die ambulant im Regelfall nicht zu Lasten der GKV erbracht werden darf, da ein positives Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht vorliegt.
Aus Sicht der unterzeichnenden Gutachterin ist es indessen unwahrscheinlich, dass es sich um eine neue Methode handelt. Der Gutachterin ist bekannt, dass in vielen Regionen die Leistung kassenärztlich erbracht und als "Iontophorese" über den Einheitlichen Bewertungsmaßstab abgerechnet wird.
Sofern die anfragende Kasse hier eine weitere Klärung wünscht, könnte sie jedoch bei Bedarf eine Anfrage über den GKV-Spitzenverband an den Bewertungsausschuss stellen.

2. Bei der vorliegenden Erkrankung handelt es sich um ein langwieriges Leiden, für das keine anderweitigen/sicher zugelassenen Alternativen mit belegter, gleicher oder besserer, Aussicht auf Therapie-Erfolg zur Verfügung stehen. Viele Patienten mit interstitieller Zystitis erfahren alleine durch Anwendung der E.M.D.A.-Therapie eine ausreichende Stabilisierung ihrer Lebensqualität, die ihnen ein weitgehend normales Leben ermöglicht.
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der interstitiellen Zystitis um ein Krankheitsbild handelt, welches therapeutisch häufig nur sehr schwer und unzureichend zu beherrschen ist. Bei der hier interstitiellen Zystitis sind die therapeutischen Bemühungen regelhaft durch individuelle Heilversuche gekennzeichnet.
So heißt es z. B. auf der Internetseite der Selbsthilfevereinigung für interstitielle Zystitis (http://www.ica-ev.de):

"Die Behandlung der Interstitiellen Zystitis (IC) ist nach wie vor eine Herausforderung für den Therapeuten und führt oft zu enttäuschenden Ergebnissen für Patient und Arzt.
Fast 200 beschriebene verschiedene konservative und invasive Therapieformen weisen darauf hin, dass kein einheitliches, Erfolg versprechendes Therapieregime existiert."

Bei der chronischen (interstitiellen) Zystitis handelt es sich um ein Leiden, welches sich in entscheidender Weise auf die Lebensqualität auswirkt und das zu einem vollständigen Zusammenbruch sozialer und sogar familiärer Bindungen führen kann.
Vor dem Hintergrund der hier mitgeteilten Informationen ist davon auszugehen, dass die Situation für die betroffene Patientin therapeutisch praktisch alternativlos ist.

Aus medizinischer Sicht ist eine stationäre Behandlungsnotwendigkeit – bei gegebener medizinischer Notwendigkeit der E.M.D.A.-Behandlung bei chronischer/interstitieller Zystitis – insofern nachvollziehbar, als diese sich aus der praktischen Notwendigkeit / der Nichtverfügbarkeit der entsprechenden ambulanten Leistung ergibt.

Es ist diesbezüglich ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass im Wege der aktuellen Begutachtung die nachgelagerte Prüfung, unter Hinzuziehung der dann vorliegenden vollständigen Behandlungs- und Abrechnungsunterlagen, nicht ersetzt werden kann. Die aktuelle Einschätzung erfolgt auf einer, gegenüber der nachgelagerten Prüfung, deutlich weniger umfangreichen und vorläufigen Informationsgrundlage und bezieht sich ausschließlich auf die konkrete Fragestellung.
Anhand der hier vorliegenden ärztlichen Berichte und Befunde kann die Sinnhaftigkeit der geplanten stationären Behandlung im vorliegenden, speziellen Einzelfall nachvollzogen werden. Insofern wäre aus rein medizinischer Sicht der Antrag auf die beantragte stationäre Behandlung zu befürworten.

Unter Berücksichtigung der verfügbaren Informationen zum Krankheitsbild der interstitiellen Zystitis ist von einem medizinischen Nutzen der E.M.D.A.-Behandlung im Einzelfall auszugehen.

Die leistungsrechtliche Entscheidung, insbesondere auch die Entscheidung über die Art und Weise der Abrechnung, obliegt der Krankenkasse.

Rechtsprechung

Leitsatz:
Der Anspruch auf Behandlung der Interstitiellen Cystitis kann in der gesetzlichen Krankenversicherung auch die Versorgung mit der sog Electromotive Drug Administration Therapie (EMDA-Therapie) umfassen. Für die Fälle, in denen andere Therapien zur Behandlung der Interstitiellen Cystitis nicht (mehr) erfolgversprechend sind oder wegen bestehender Kontraindikationen nicht angewendet werden können, liegt ein sog Systemversagen vor, weil sich insoweit die Antragsbefugnis aus § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V zu einer Antragspflicht verdichtet hat (vgl BSG 12.08.2009, B 3 KR 10/07 R, BSGE 104, 95). Aufgrund der Tatsache, dass die Anwendung der EMDA-Therapie in der S2K-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Interstitiellen Cystitis (IC/BPS) vom 30.09.2018 empfohlen wird, gibt es keine sachlichen Gründe, von der Stellung eines Antrages beim Gemeinsamen Bundesausschuss GBA) abzusehen.

Sonstiges


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