Nevisense® (Elektrische Impedanzspektroskopie)

Erstellt am 13 Oct 2020 18:06
Zuletzt geändert: 14 Oct 2020 10:53

Wirkprinzip

Das Nevisense®-Gerät nutzt die Fähigkeit von Zellen, Elektrizität zu leiten und zu speichern (elektrische Impedanz). Je nach Zellstruktur, Zellform, Größe, Ausrichtung und Kompaktheit unterscheidet sich die elektrische Impedanz. Mittels elektrischer Impedanzspektroskopie (EIS) werden diese Unterschiede analysiert. Verdächtige Hautzonen werden durch einen Algorithmus an Hand vergleichender Messdaten, unter Einschluss von Messungen in der Umgebung der verdächtigen Hautstelle (Referenzstelle) klassifiziert. Der Nevisense®-Klassifikator liefert einen EIS-Wert, der den Grad der erkannten Veränderung darstellt. Ab einem Wert ab 4 aufwärts sollte die Hautveränderung entfernt und zur Analyse ins Labor geschickt werden. Werte kleiner oder gleich 3 sollen eine bösartige Veränderung ausschließen können.

Leistungsrechtliche Einordnung

Die Untersuchung ist kein Bestandteil des so genannten Hautkrebsscreenings. Sie wird in vielen dermatologischen Praxen als "individuelle Gesundheitsleistung" (IGeL) bzw. Selbstzahlerleistung angeboten.

Wird die elektrische Impedanzspektroskopie (EIS; Nevisense®) zur weiteren Differenzierung einer auffälligen Hautveränderung eingesetzt, wäre davon auszugehen, dass es sich hier um eine Diagnostik im Rahmen der üblichen kurativen dermatologischen Tätigkeit handelt. In diesem Fall würde dem Arzt nach gängiger Auslegung des EBM keine gesonderte Vergütung für den Einsatz des Nevisense®-Gerätes zustehen, wenn es sich um ein Diagnostikum handelt, das zum üblichen Handwerkszeug des Hautarztes gehört.
Hier ist die Abrechnungsproblematik vergleichbar mit anderen apparativ gestützten Diagnosemethoden bei der Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs, wie z.B. bei der Dermatoskopie.
Bei der Dermatoskopie war lange nicht geklärt, ob der Einsatz des Dermatoskops Bestandteil der dermatologischen Grundpauschale ist.
Hierzu schrieb die Verbrauchzentrale NRW, dass der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) der Ansicht war, dass die Dermatoskopie (Auflichtmikroskopie) grundsätzlich keine vertragsärztliche Leistung ist (bzw. war).
Seit dem 1. April 2020 wird die Auflichtmikroskopie beziehungsweise Dermatoskopie in den Bestimmungen des Abrechnungskataloges für die ambulante kassenärztliche Versorgung, des so genannten "Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM)" explizit aufgeführt und kann daher von Dermatologen im Zusammenhang mit Krebsfrüherkennungs-Untersuchungen über die EBM-Gebührenordnungspositionen 01745 abgerechnet werden.
Eine ähnliche Situation wie bislang bei der Dermatoskopie liegt auch bei der elektrische Impedanzspektroskopie bzw. der Anwendung des Nevisense®-Gerätes vor. Es ist unklar, ob das Nevisense®-Gerät zur diagnostischen Standardausrüstung eines Dermatologen gezählt werden kann, deren Einsatz über die Betreuungspauschalen abgegolten werden kann.
Man könnte die Anwendung des Nevisense®-Gerätes auch als "Neue Methode" bzw. "NUB" betrachten, in welchem Falle sein Einsatz im Rahmen der GKV-Versorgung keinesfalls Bestandteil der kassenärztlich vergüteten Leistungen sein könnte.

Testgüte, diagnostische Genauigkeit

Das nicht optische System Nevisense® zur Risikoanalyse im Rahmen der Hautkrebsvorsorge wurde in einer aktuellen Reader-Studie hinsichtlich des Effektes auf die Hautkrebsvorsorge untersucht. Ziel der Studie war der Vergleich zwischen Dermatoskopie unter Hinzufügen von elektrischer Impedanzspektroskopie (EIS) und Dermatoskopie allein [Svoboda RM et al. J Am Acad Dermatol 2019; 80 (1): 285–7]. An der Studie nahmen 164 Dermatologen teil, welche in der Summe 7.380 klinische Entscheidungen an 45 Läsionen, darunter 17 Melanomen, zu beurteilen hatten.
Ergebnis: In der Kombination von Dermatoskopie und EIS wurde eine um 15 % verbesserte Sensitivität (95,2 % vs. 80,7 %) und eine um 8 % verbesserte Spezifität (58,6 % vs. 50,4 %) gemessen als mit Dermatoskopie allein.

Vergleich mit anderen Methoden

In-vivo-konfokale-Laserscanmikroskopie (KLSM)
Die KLSM ist hauptsächlich zur Diagnostik melanozytärer Tumoren geeignet, da sie eine Darstellung der zellulären Atypie erlaubt. Auch für die Diagnose epithelialer Hauttumoren ist sie gut etabliert. Die Sensitivität und Spezifität liegt bei jeweils 72–97,3 % für Melanome, 93–97 % für Basalzellkarzinome und 78-100 % für Plattenepithelkarzinome (Nguyen et al. 2016, Lupu et al. 2019).
Dermatofluoroskopie
DermaFC von Magnosco (Deutschland) ist ein kompaktes Gerät, das bei der Melanomdiagnose in einer Pilotstudie eine Sensitivität von 89,1% und eine Spezifität von 44,8% aufweisen konnte.
Optoakustische Bildgebung
Bisher liegen lediglich Pilotstudien vor, die eine Sensitivität von 100% mit einer Spezifität von 48–62% zeigten.
Elektrische Impedanzspektroskopie
Eine Pilotstudie zeigte eine hohe Sensitivität von 97% mit einer Spezifität von 34% in der Melanomdiagnose.

Literatur

Conclusions: Electrical impedance technology provides a novel method for the detection of malignant tissue, with large studies of cervical, prostate, skin and breast cancers showing encouraging results. Whilst these studies provide promising insights into the potential of this technology as an adjunct in screening, diagnosis and intra-operative margin assessment, customised development as well as multi-centre clinical trials need to be conducted before it can be reliably employed in the clinical detection of malignant tissue.

  • Nguyen KP PM, Hoogedoorn L, Van Erp PE, Gerritsen MP. The current role of in vivo reflectance confocal microscopy within the continuum of actinic keratosis and squamous cell carcinoma: a systematic review. Eur J Dermatol. 2016;26(6):549-65.

Results: The observed sensitivity of Nevisense was 96·6% (256 of 265 melanomas) with an exact one-sided 95% lower confidence bound estimated at 94·2% and an observed specificity of 34·4%, and an exact two-sided 95% confidence bound estimated at 32·0-36·9%. The positive and negative predictive values of Nevisense were 21·1% and 98·2%, respectively. The observed sensitivity for nonmelanoma skin cancer was 100% (55 of 48 BCCs and seven SCCs) with an exact two-sided 95% confidence bound estimated at 93·5-100·0%.

WebLinks


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