CT des Herzens

Erstellt am 18 Sep 2015 19:20
Zuletzt geändert: 05 Feb 2024 18:34

Abstract / Abgrenzung / Begriffsklärung

Laut Flexicon umfasst die kardiale Computertomographie bzw. Kardio-CT, alle Untersuchungen des Herzens, die mittels eines Computertomographen durchgeführt werden können.
Die Untersuchung ist sensitiv: Die Herz-CT ist tendenziell geeignet, eine KHK auszuschließen (Snout). Patienten mit unauffälligem Kardio-CT haben in 96 - 100 % der Fälle keine KHK.
Die Untersuchung ist nicht spezifisch: Nur 50 % der als bedeutsam klassifizierten Stenosen führen zu einer nachweisbaren
Durchblutungsstörung.

Neuere Geräte, z.B. die Dual-Source-Computertomographen (DSCT) oder "Flash-Cardio-CT", ermöglichen auch eine funktionelle Beurteilung des Herzens, ähnlich wie die Kardio-MRT. Die Wertigkeit im Vergleich zur Kardio-MRT ist unklar.

2010 argumentierten Flachskampf und Hagendorff im Deutschen Ärzteblatt (Dtsch Arztebl 2010; 107(34-35): A-1627 / B-1443 / C-1423.) gegen den Einsatz der Kardiomyopathie-CT in der Ischämiediagnostik, da nur etwa die Hälfte aller Patienten mit "kritischen" (> 50 Prozent Durchmesser) Stenosen in der CT einen positiven Ischämienachweis in der Perfusionsszintigraphie aufweisen.

In einer randomisierten Studie konnten durch Einsatz des Kardio-CT sechs von sieben Herzkatheter-Untersuchungen vermieden werden, ohne dass es in den ersten drei Jahren danach häufiger zu kardiovaskulären Erkrankungen kam. Die Ergebnisse wurden im Britischen Ärzteblatt BMJ (2016; 355: i5441) publiziert (Meldung im Deutschen Ärzteblatt vom 27.10.2016).

Synonyme: Computertomographie des Herzens, CT-Cor, Cor-CT, CCT, KCT, Herz-CT, kardiale CT, gezielte Tomographie des Herzens

Indikationen

Laut Dr. med. D. Enayat/Kardiologische Praxis Prof. Reifart & Partner Einsatz möglich bei ausgewählten Patienten mit

  • Brustschmerzen
  • mittlerer Wahrscheinlichkeit für KHK und
  • zweifelhaftem Befund der Ischämiediagnostik

Indikationen mit guter Evidenz (Klasse I) laut Dr. med. D. Enayat/Kardiologische Praxis Prof. Reifart & Partner:

  • Akuter Herzinfarkt
  • Beschwerden nach einem Herzinfarkt
  • Angina pectoris in Ruhe oder bei geringer Belastung ("drohender Herzinfarkt")
  • Angina pectoris oder Ischämie innerhalb von 9 Monaten nach Ballon-Dehnung/Stent
  • Hochrisikopatienten (z.B. langjährige Diabetiker)
  • Schwere Veränderungen im Belastungs-Test

Weitere Indikationen:

  • Darstellung von Aorta und/oder Pulmonalvenen (z.B. nach Ablation oder Stent-Implantation)
  • Darstellung der Koronarvenenmorphologie inkl. Beurteilung evtl. Engstellen
  • Kalk-Score (Agatston-Score; Gesamtlast der Kalkeinlagerung)
  • Perikarderkrankungen (Kalzifikation, konstriktive Perikarditis)
  • angeborene Herzerkrankungen

Indikationen laut "Kardiovaskulärem Manual" des Kantonsspitals St. Gallen, hrsg. Prof. Dr. Hans Rickli:

  • Bei einem selektionierten Patientengut
  • Präoperative Bildgebung der Koronarien vor valvulärer oder vitienkorrigierender Herzoperation
  • Verdacht auf Koronaranomalie

Kontraindikation (ungünstige Bedingungen / diagnostische Genauigkeit zu gering)

"Kardiovaskuläres Manual" des Kantonsspitals St. Gallen, hrsg. Prof. Dr. Hans Rickli:

  • Bei Hochrisikopatienten gemäß AGLA-Score und/oder mittlerer bis hoher Vortestwahrscheinlichkeit
  • Zur Verlaufsbeurteilung einer KHK
  • Bei bestehenden komplexen Herzrhythmusstörungen

Dr. med. D. Enayat/Kardiologische Praxis Prof. Reifart & Partner:

  • deutliches Übergewicht
  • Hohe Herzfrequenz (> 70-80/min)
  • Herzrhythmusstörungen (v.a. Vorhofflimmern)
  • bereits bekannte KHK
  • Starke Verkalkungen der Koronargefäße
  • nach Stentimplantation
  • nach Bypass-OP (meist fortgeschrittenes Stadium mit erheblichen Verkalkungen)
  • Patienten mit multiplen Risikofaktoren/Begleiterkrankungen (Diabetes, Rauchen, Niereninsuffizienz
Laut Dr. med. D. Enayat/Kardiologische Praxis Prof. Reifart & Partner bedeutet ein unkritischer Einsatz der CT-Angiographie:
  • hohe Kosten
  • unnötige Strahlenbelastung
  • mehr Herzkatheteruntersuchungen
  • Gefahr ! (zeitliche Verzögerung, falsche Sicherheit)

ACHTUNG: Die Notwendigkeit einer Koronarintervention (Stent oder Bypass-OP) kann mit der Kardio-CT nicht nachgewiesen werden!

Wirksamkeit, Evidenz

Vergleich Herzkatheter vs. Kardio-CT:

Herzkatheter Kardio-CT
Arterielle Punktion + keine
Strahlenbelastung 2 – 4 mSv 8 – 12 mSv
Kontrastmittel + ++
Liegedauer 1 – (4) Std. keine
Interventionsmöglichkeit ja nein
Schwere Komplikationen 7/10.000 ??
GKV-Leistung ja NUB

Ergebnis einer Pubmed-Recherche nach Kardio-CT1:

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Legalstatus

Die CT bzw. die Computertomographie ist im Kapitel 34.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) aufgeführt.
Die Darstellung des Thorax mittels Computertomographie ist spezifisch abzurechnen über die GOP 34330 "CT-Untersuchung des Thorax". Die GOP 34330 ist folgendermaßen definiert:

Obligater Leistungsinhalt
- Darstellung des Mediastinums,
- Darstellung der Lungen,
- Darstellung der Pleura
Fakultativer Leistungsinhalt
- Darstellung knöcherner Strukturen des Thorax

Die Darstellung des Herzens im CT ist in den Erläuterungen zur GOP 34330 nicht erwähnt. Abrechnungs-Experten im MDK-System wiesen darauf hin, dass für die Abrechnung eines Thorax-CT gemäß GOP 34330 der obligate Leistungsinhalt des EBM komplett zu erfüllen sei (Untersuchung des gesamten Mediastinums plus Lungen plus Pleura).

Eine CT-Darstellung des Herzens ist bislang im EBM an keiner Stelle explizit als abrechenbare Leistung aufgeführt.

Es wurde und wird daher von verschiedenen Seiten davon ausgegangen, dass es sich bei der Kardio-CT um eine "Neue Methode" handelt, die im Regelfall keine Kassenleistung darstellt.

Vom Gemeinsamen Bundesausschuss wurde am 17.02.2022 ein Methodenbewertungsverfahren für die Computertomographie-Koronarangiographie zur Diagnosestellung bei Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine chronische koronare Herzkrankheit nach § 135 SGB V beschlossen.

Vom Bewertungsausschuss wurde für die Kardiale Computertomographie (Kardio-CT) das Ergebnis des Prüfverfahrens gemäß § 6 Absatz 1, II. Kapitel der Verfahrensordnung des Bewertungsausschusses, i. V. m. § 87 Abs. 3e Satz 4 SGB am 18. Mai 2021 bekannt gegeben:
Der Bewertungsausschuss kam zu dem Schluss, dass die Kardiale Computertomographie (Kardio-CT) eine neue Methode gemäß § 135 Abs. 1 SGB V darstellt. Der Bewertungsausschuss traf keine differenzierte Entscheidung; die Einstufung betrifft die Untersuchungsmethode in jeglicher Indikation.

Die Techniker Krankenkasse verfügt über Selektivverträge mit medizinischen Leistungserbringern in Berlin und Bochum; bei denen TK-Versicherte diese Leistungen unabhängig von der Methodenbewertung durch den G-BA erhalten können:
Kardi­o-CT und Kardi­o-MRT für ein gesundes Herz.

Alternativen

Prinzipielle Alternativen: bei medizinischer Notwendigkeit CT oder MRT des Thorax; des Weiteren anerkannte und als Vertragsleistung zu erbringende kardiologische Untersuchungsmethoden; insbesondere die Myokardszintigraphie als zuverlässiges und schonendes Verfahren zur Beurteilung der Herzmuskeldurchblutung, evtl. die Stress-Echokardiographie sowie auch - wenn Indikation gegeben - die Herzkatheteruntersuchung.

Siehe auch in diesem Wiki:

Weblinks


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