Carbohydrate-Deficient Transferrin = Kohlehydrat-defizientes Transferrin; CDT

Erstellt am 18 Apr 2023 13:16
Zuletzt geändert: 18 Apr 2023 13:33

Zur sozial- und leistungsrechtlichen Einordnung neuer Laborleistungen wurde hatte das Bundessozialgericht mit Datum vom 25.08.1999 (B 6 KA 39/98 R) ein Urteil gesprochen, in dem es um die Abrechenbarkeit der Labor-Bestimmung des (Carbohydrate-Deficient Transferrin = Kohlehydrat-defizientes Transferrin; CDT) ging. Hier Auszüge aus der damaligen Entscheidung:

Nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V dürfen neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nur erbracht werden, wenn der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen sie entsprechend den zu § 135 Abs 1 SGB V erlassenen Richtlinien anerkannt hat. Hiernach hat der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen im Falle neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vorab über ihre Erbringbarkeit und Abrechenbarkeit in der vertragsärztlichen Versorgung zu entscheiden. Eine solche Anerkennung ist hinsichtlich der CDT-Bestimmung nicht erfolgt. Daher würde in dem Falle, daß diese eine neue Untersuchungsmethode darstellt, der Abrechenbarkeit schon das Fehlen der Anerkennung entgegenstehen.

Hieran scheitert die Abrechenbarkeit indessen nicht. Denn die CDT-Bestimmung als Ermittlung eines einzelnen Laborparameters erfüllt nicht die Voraussetzungen, die an eine neue Untersuchungsmethode iS des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V zu stellen sind.
[…]
Zwar umfaßt der Anwendungsbereich des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich auch neue Untersuchungsmethoden im Laborbereich (…). Aber nicht jede neue Laborleistung, die der Diagnostik dient, stellt sich zugleich als neue Untersuchungsmethode dar. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck der durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) im Jahre 1989 eingeführten Vorschrift des § 135 Abs 1 SGB V. Mit dieser Regelung soll die Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung dadurch verbessert werden, daß vor der Einbeziehung neuer - nach wissenschaftlichen Erkenntnissen möglicherweise zweifelhafter - Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in die (ambulante) vertragsärztliche Versorgung eine Anerkennung dieser Untersuchungs- oder Behandlungsmethode durch den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen stehen muß.
Schon die Zielrichtung der Norm, unter Qualitätssicherungsgesichtspunkten sowie aus Gründen der medizinischen Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die in der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werden sollen, von solchen Methoden abzugrenzen, die den dargestellten Anforderungen nicht genügen, verdeutlicht, daß mit dem Begriff der Methode nicht jede einzelne diagnostische oder therapeutische ärztliche Leistung gemeint sein kann, die vom Bewertungsausschuß in den EBM-Ä aufzunehmen ist.
In diesem Zusammenhang stellt sich der Begriff der Methode iS des § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V im Verhältnis zu dem der ärztlichen Leistung iS des § 87 SGB V als der umfassendere dar. …
Diesem Verständnis des § 135 Abs 1 SGB V folgt auch die Rechtsprechung des BSG, wenn sie für das Vorliegen einer Behandlungsmethode fordert, daß einer medizinischen Vorgehensweise ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegen muß, das sie von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das ihre systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (…). Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß nicht jede einzelne in der vertragsärztlichen Versorgung erbringbare therapeutische Leistung die genannten Voraussetzungen für die Anerkennung als Behandlungsmethode erfüllt und erfüllen kann, weil die einzelne Leistung oftmals nur ein Bestandteil eines methodischen Konzepts ist. … Auch der erkennende Senat geht davon aus, daß es ärztliche Leistungen gibt, die vom Bewertungsausschuß im Rahmen seiner Entscheidungsfreiheit als im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abrechenbare Leistungen neu in den EBM-Ä aufgenommen werden können, ohne daß es vorab einer Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen bedarf.
Nach den aufgezeigten Maßstäben erweist sich die CDT-Bestimmung - … - nicht als neue Untersuchungsmethode iS des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Denn bei ihr handelt es sich um eine diagnostische Einzelleistung, die bei der Feststellung von Alkoholabusus im Zusammenwirken mit anderen diagnostischen Maßnahmen Aufschluß darüber geben soll, ob bei einem Patienten chronischer Alkoholismus vorliegt. Als diagnostischer Einzelschritt könnte sie zwar in eine neue Untersuchungsmethode eingebettet sein, sie stellt sich aber selbst nicht als neue Untersuchungsmethode iS des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V dar. Daher bedarf es für ihre Abrechenbarkeit nicht der vorherigen Anerkennung durch den Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen.
Der Vergütung der von den Klägern durchgeführten CDT-Bestimmungen steht aber entgegen, daß sie nicht als nach dem EBM abrechenbare "ähnliche Untersuchungen" iS der Gebühren-Nrn 4207 bis 4290 ff EMB-Ä angesehen werden können.
Das ist in engen Grenzen zulässig. Bei dem EBM-Ä handelt es sich um einen von den Vertragspartnern der Bundesmantelverträge durch den Bewertungsausschuß vereinbarten Vertrag in der Form einer untergesetzlichen Rechtsnorm … Wie jedem Normgeber kommt auch den Vertragspartnern des EBM-Ä bei der autonomen Festlegung der Leistungen, ihres Inhalts und ihrer Bewertung ein Gestaltungsspielraum zu. … Vor diesem Hintergrund unterliegt es keinen durchgreifenden Bedenken, daß der Bewertungsausschuß im Laborkapitel des EBM-Ä den Begriff der ähnlichen Untersuchung verwendet, weil dafür in diesem Bereich ein unabweisbares praktisches Bedürfnis besteht. Es gibt mehrere tausend verschiedene Laborparameter und ständig neue Kombinationen von Laboruntersuchungen. Würde man verlangen, sie alle ausdrücklich im Kapitel O des EBM-Ä über Laboratoriumsuntersuchungen aufzuführen, so würde zum einen die Leistungsfähigkeit des Normgebers überfordert, zum anderen das Regelungswerk des Laborkapitels für den Normanwender und die Normbetroffenen unüberschaubar und nicht mehr handhabbar werden.
Gegenüber dem Ergebnis der Nichtabrechenbarkeit kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, der Bewertungsausschuß wäre aber verpflichtet gewesen, die CDT-Bestimmung ausdrücklich als abrechenbare Leistung in den EBM-Ä aufzunehmen. Eine solche Pflicht besteht lediglich hinsichtlich der Leistungen, ohne die eine umfassende ambulante Versorgung der Versicherten nicht möglich ist.


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