Array-genomische Hybridisierung

Erstellt am 04 Aug 2010 08:39
Zuletzt geändert: 05 Dec 2018 12:24

Für die Methode existieren zahlreiche Synonyme:
DNA-Chip-Technologie, Array- oder Matrix- CGH, Komparative genomische Hybridisierung auf einem Chip, Multivariates in-vitro- prognostisches Testverfahren, Chipdiagnostik, DNA-Chip, Biochip, Genom-Chip, "gene array", "high-density oligonucleotide-based DNA-array", "microarray technology".

Kommerzielle Produkte sind u.a.: CupPrint®, MammaPrint®, …

Hintergrund der Methode / des Prinzips

Bei der Array- oder Matrix-CGH handelt es sich um eine methodische Fortentwicklung der CGH:

Die CGH - Comparative Genomic Hybridisation (vergleichende genomische Hybridisierung) - und ISH (In-Situ-Hybridisierung; Beispiel: Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung - FISH) sind Methoden der molekularen Zytogenetik.

Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) ist die am häufigsten verwendete Technik der molekularen Zytogenetik. Dabei wird die Referenz-DNA (Sonde) mit Hilfe eines fluoreszierenden Farbstoffes nachgewiesen. Dies ermöglicht den gleichzeitigen Nachweis mehrerer Strukturen durch den Einsatz verschiedener Fluoreszenzfarbstoffe, zum Beispiel den Nachweis, dass zwei verschiedene Gene in ein und derselben Zelle aktiv sind (exprimiert werden), was mit Hilfe konventioneller Färbemethoden nur eingeschränkt möglich ist.
In der Diagnostik wird FISH auch als FisH-Test bezeichnet. Dieser kann beispielsweise im Zuge der Pränataldiagnostik an Zellen des ungeborenen Kindes durchgeführt werden. Durch die Betrachtung der gefärbten Chromosomen über ein Fluoreszenzmikroskop können dabei numerische Chromosomenaberrationen wie z.B. Down-Syndrom, aber auch strukturelle Chromosomenbesonderheiten wie das Katzenschrei-Syndrom schnell und einfach nachgewiesen werden. Die FisH ist im EBM 2007 als Leistung der Kap. 1.7.4 „Mutterschaftsvorsorge“, Kap. 1.7.5 „Empfängnisregelung“, Kap. 8.5 „Reproduktionsmedizin“ und Kap. 11.3 „Humangenetische Diagnostische Leistungen“ enthalten.
Bei den Hybridisierungsverfahren wird komplementäre DNA (cDNA) eingesetzt. Komplementäre DNA entsteht durch Auslesen der m-RNA und spiegelt daher den Anteil der aktiven DNA wieder. Dies hat den Vorteil, dass der Nachweis der genetischen Information in der cDNA an die exprimierten molekularen Strukturen gebunden ist (Genexpressionsanalyse).
Die CGH ist eine Methode, die es erlaubt, numerische Unterschiede, Deletionen und Amplifikationen einzelner Chromosomen oder Chromosomenabschnitte festzustellen.
Ein limitierender Faktor der CGH ist die Notwendigkeit, komplexe Strukturen auszuwerten, da die Hybridisierung auf Chromosomenpräparaten stattfindet.

Bei der Array- oder Matrix- CGH handelt es sich um eine methodische Fortentwicklung der CGH:
Mit der Entwicklung der DNA-Chip-Technologie kann eine Vielzahl von DNA-Sonden auf kleinstem Raum aufgebracht werden. Diese Technik ermöglicht es, das Auflösungsvermögen der chromosomalen CGH um ein Vielfaches zu erhöhen. Der Chip ersetzt dabei die Chromosomenpräparate.
Mit dieser Methode können ganze Genome in einem einzigen Hybridisierungsschritt gleichzeitig auf Gewinn oder Verlust definierter DNA-Sequenzen (Sonden) untersucht werden. Die Hybridisierungsunterschiede werden statt auf den Chromosomen auf den "gespotteten" DNA-Sequenzen festgestellt.

Mit der DNA-Chip-Technologie sind die Voraussetzungen für den Nachweis von DNA-Sequenz-Änderungen (Deletionen und -Duplikationen, so genannte „copy number variations“ - CNVs) am gesamten Genom geschaffen. Gemessen werden die quantitativen Unterschiede zur Test-DNA - so sind Veränderungen bis zu einer Auflösung von 0,5 Mb erkennbar. Derzeit sind 7600 Gene definiert.

Allgemeine Probleme der Matrix- CGH:

Effektivität: Nur rund 12 - maximal 30 % aller angeborenen Anomalien sind hereditär-genetisch verursacht (Lentze, M. J.; Schaub, J.; Schulte, F. J.; Spranger, J. (Hg.): Pädiatrie. Grundlagen und Praxis. 2. Aufl., Springer Berlin 2003; Kumar, Abbas and Fausto, eds., Robbins and Cotran's Pathologic Basis of Disease. 7. Aufl., Elsevier, Philadelphia 2005, S. p.473).
Interpretation: Die Bedeutung submikroskopischer Imbalanzen ist vielfach unklar. Ebenso unklar ist häufig die Bedeutung gefundener CNV-Auffälligkeiten.
Spezifität: Für klinische Fragestellungen ist die Auflösung geringer als bei FiSH.

Technische Aspekte der Matrix- CGH:

Proben-Gewinnung: Unterschiedliche CNV-Ausprägung in einzelnen Zellen - Fehlertoleranzen sind (noch) nicht für Einzelfalluntersuchung festgelegt.

Komplexität: Je größer das untersuchte Genom, desto höher die Wahrscheinlichkeit, das relevante Genabschnitte in der Probe aufgrund geringer partieller Konzentration relativ unterrepräsentiert sein könnten.
Normalisierung: Die statistisch-bioinformatischen Methoden der Auswertung sind weder hinreichend validiert noch standardisiert.
Standardisierung: Geräte und Chip-Bestückungen (Auswahl der zur Hybridisierung verwendeten DNA-Segmente) sind nicht standardisiert - es handelt sich praktisch um "home brew"-Sonden.

Die Entwicklung auf dem Gebiet der Chip-Diagnostik ist rasant und keinesfalls abgeschlossen. Studien zur klinischen Effektivität (Einfluss auf Therapie durch Untersuchungsergebnisse, Einfluss auf Familienplanung) liegen nicht vor.

Beanspruchte Indikation(en)

Patienten mit unklaren Dysmorphie- und Retardierungssyndrom, bei denen vorausgegangene zytogenetische und molekulargenetische Untersuchungen unauffällige Ergebnisse erbracht haben - Array-genomische Hybridisierung.
Patienten mit Metastasen bei unbekanntem Primärtumor (TUP oder CUP) - CupPrint®.
Patienten mit Mammakarzinom und der Fragestellung nach adjuvanter systemischer Therapie - MammaPrint®.

Abrechnungsfragen, Einheitlicher Bewertungsmaßstab

Zur Abrechnung der ARRY-Diagnostik über den Einheitlichen Bewertungsmaßstab siehe Artikel Molekulargenetische Untersuchungen in diesem Wiki.


Literatur:

• Bundesärztekammer. Richtlinien zur prädiktiven genetischen Diagnostik. Deutsches Ärzteblatt 2003 Mai;100(19):A-1297-1305.

• Funke H, Cullen P, Gessner R, Klein HG, Knabbe C, Langmann T, Neumaier M. Multiparametrische Gendiagnostik in der Medizin: Erarbeitung gemeinsamer Standards. Laboratoriums Medizin 2003 Mai;27(3-4):131-6.

• Lentze, M. J.; Schaub, J.; Schulte, F. J.; Spranger, J. (Hg.): Pädiatrie. Grundlagen und Praxis. 2. Aufl., Springer Berlin 2003.

• Kumar, Abbas and Fausto, Hrsg. Robbins and Cotran's Pathologic Basis of Disease, 7. Aufl., Elsevier, Philadelphia 2005, S. p.473.

• Pergament E. Controversies and challenges of array comparative genomic hybridization in prenatal genetic diagnosis. Genet Med. 2007 Sep;9(9):596-9. Review.

• Rodriguez-Revenga L, Mila M, Rosenberg C, Lamb A, Lee C. Structural variation in the human genome: the impact of copy number variants on clinical diagnosis. Genet Med. 2007 Sep;9(9):600-6.

• Staaf J, Jonsson G, Ringner M, Vallon-Christersson J. Normalization of array-CGH data: influence of copy number imbalances. BMC Genomics. 2007 Oct 22;8(1):382 [Epub ahead of print]

• Subramonia-Iyer S, Sanderson S, Sagoo G, Higgins J, Burton H, Zimmern R, Kroese M, Brice P, Shaw-Smith C. Array-based comparative genomic hybridization for investigating chromosomal abnormalities in patients with learning disability: Systematic review - meta-analysis of diagnostic and false-positive yields. Genet Med. 2007 Feb;9(2):74-9.

• Thorland EC, Gonzales PR, Gliem TJ, Wiktor AE, Ketterling RP. Comprehensive validation of array comparative genomic hybridization platforms: how much is enough? Genet Med. 2007 Sep;9(9):632-41.

• Bloom G, Yang IV, Boulware D, Kwong KY, Coppola D, Eschrich S, Quackenbush J, Yeatman TJ. Multi-platform, multi-site, microarray-based human tumor classification. Am J Pathol. 2004 Jan;164(1):9-16.

• Sandrine Dudoit, Houston N. Gilbert, and Mark J. van der Laan, "Resampling-Based Empirical Bayes Multiple Testing Procedures for Controlling Generalized Tail Probability and Expected Value Error Rates" (November 2007). U.C. Berkeley Division of Biostatistics Working Paper Series. Working Paper 228.


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