Ventrikuläre Arrhythmie

Erstellt am 17 Feb 2019 18:10
Zuletzt geändert: 17 Jun 2019 12:31

Ventrikuläre Tachykardie

Zum Spektrum der ventrikulären Arrhythmien gehören ventrikuläre Extrasystolen (VES), ventrikuläre Tachyarrhythmien und der Plötzliche Herztod. Bei den ventrikulären Tachyarrhythmien unterscheidet man im Wesentlichen

  • nichtanhaltende ventrikuläre Tachykardie (nsVT, definiert als 3 oder mehr VES direkt nacheinander, maximal 30 s Dauer)
  • monomorphe ventrikuläre Tachykardien (VT)
  • polymorphe ventrikuläre Tachykardien (VT)
  • Kammerflattern und Kammerflimmern (VF)

Leitlinien

PVCs and runs of NSVT are common in patients with LV dysfunction and may be the consequence or cause of LV dysfunction. PVCs and runs of NSVT in subjects with structural heart disease contribute to an increased mortality risk, and >10 PVCs per hour or runs of NSVT are an acceptable marker of increased risk.
A high PVC burden (>24%) in patients with LV dysfunction and a rather short coupling interval of the PVCs (<300 ms) suggest PVC-induced cardiomyopathy.342 In such patients, catheter ablation can suppress PVCs and restore LV function.

Übersetzung:

Ventrikuläre Extrasystolen (VES) und nicht-anhaltende ventrikuläre Tachykardien (nsVT; 6 oder mehr konsekutive VES = "runs") finden sich gehäuft bei Patienten mit Dysfunktion des linken Ventrikels und können entweder eine Folge oder eine Ursache der linksventrikulären Dysfunktion darstellen. VES und nsVT tragen bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung zu einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko bei. Mehr als 10 VES / nsVT pro Stunde sind anerkannte Risikomarker.
Eine hohe Frequenz von VES (> 24%) bei Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion und ein, vergleichsweise kurzes Intervall (< 300 ms), deuten auf eine arrhythmogene Ursache einer Kardiomyopathie. Bei diesen Patienten kann eine Katheterablation die Arrhythmie beenden und die linksventrikuläre Funktion wiederherstellen.

Risiko-Differenzierung der Arrhythmien

… So ereignete sich bei 73 nachweislich Gesunden mit mehr als 10 000 ventrikulären Extrasystolen in 24 Stunden innerhalb von zehn Jahren ein plötzlicher Tod, während die errechnete standardisierte Mortalitätsrate eigentlich bei 7,4 lag.
Man sollte allerdings umgekehrt im Auge behalten, dass häufige ventrikuläre Extrasystolen (> 20 % aller Schläge) sowie atriale Tachykardien von 120/min meist nicht auf einer linksventrikulären Dysfunktion gründen, sondern sie vielmehr verursachen können.

Quelle: Chris P. Gale et al. Assessment of palpitations. BMJ 2016;352:h5649.

Zur Bewertung ventrikulärer Arrhythmie hinsichtlich einer Entwicklung maligner Arrhythmie, siehe unter Plötzlicher Herztod!

Ventrikuläre Tachykardien

Abstract
Frequent ventricular ectopy is a common clinical presentation in patients suffering idiopathic ventricular outflow tract arrhythmias. These are focal arrhythmias that generally occur in patients without structural heart disease and share a predilection for characteristic anatomic sites of origin. Mechanistically, they are generally due to cyclic adenosine monophosphate (cAMP)-mediated triggered activity. As a result, there is typically an exercise or catecholamine related mode of induction and often a sensitivity to suppression with adenosine. Treatment options include clinical surveillance, medical therapy with anti-arrhythmic agents or catheter ablation. Medical therapy may offer symptomatic benefit but may have side-effects and usually results in burden reduction rather than eradication of ectopy. Catheter ablation using contemporary mapping techniques, whilst associated with some inherent procedural risk, is a potentially curative and safe option in most patients. Although usually associated with a good prognosis, some patients may develop an ectopy-mediated cardiomyopathy or, rarely, ectopy-induced polymorphic ventricular arrhythmias; catheter ablation is the treatment of choice in those patients.

Übersetzt:

Gehäufte ventrikuläre Ektopien werden bei Patienten mit idiopathischen Arrhythmien des ventrikulären Abflusstrakts regelhaft beobachtet. Hierbei handelt es sich um fokale Arrhythmien, die im Allgemeinen bei Patienten ohne strukturelle Herzerkrankung auftreten und die in der Regel charakteristische anatomische Ursprungsorte haben. Mechanistisch sind sie im Allgemeinen auf eine, durch cyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP) ausgelöste Aktivität zurückzuführen. Infolgedessen gibt es typischerweise eine übungs- oder katecholaminbedingte Induktionsart und häufig eine Empfindlichkeit gegenüber einer Unterdrückung mit Adenosin. Die Behandlungsoptionen umfassen klinische Überwachung, medizinische Therapie mit Antiarrhythmika oder Katheterablation. Eine medikamentöse Therapie kann symptomatische Vorteile bieten, kann jedoch Nebenwirkungen haben und führt in der Regel eher zu einer Verringerung der Belastung als zu einer Ausrottung der Ektopie. Eine Katheterablation mit modernen Kartierungstechniken ist bei den meisten Patienten eine potenziell kurative und sichere Option, obwohl sie mit einem gewissen prozeduralen Risiko verbunden ist. Obwohl diese Arrhythmieform normalerweise mit einer guten Prognose verbunden ist, können einige Patienten eine Ektopie-vermittelte Kardiomyopathie oder selten Ektopie-induzierte polymorphe ventrikuläre Arrhythmien entwickeln. Bei diesen Patienten ist die Katheterablation die Behandlung der Wahl.

Ventrikuläre Extrasystolen

Although patients with PVCinduced cardiomyopathy are certainly at risk of developing significant heart failure symptoms, whether they are at the same risk for SCD as other patients with ischemic or other forms of cardiomyopathy is not clear.
The reversibility of PVC-induced cardiomyopathy following successful ablation has been well established, with normalization of ejection fraction being reported in >80 % of patients undergoing successful ablation and at least some improvement in ejection fraction in 85 % of all patients with cardiomyopathy attempting ablation. It is also important to recognize that PVCs can contribute to a pre-existing cardiomyopathy from other causes and an improvement in ejection fraction following successful PVC ablation can be observed in these patients.

Übersetzt:

Obwohl bei Patienten mit VES-induzierter Kardiomyopathie das Risiko besteht, signifikante Herzinsuffizienzsymptome zu entwickeln, ist nicht klar, ob bei ihnen dasselbe Risiko für Plötzlichen Herztod besteht wie bei anderen Patienten mit ischämischer oder anderer Form von Kardiomyopathie.
Die Reversibilität der VES-induzierten Kardiomyopathie nach erfolgreicher Ablation ist gut belegt. Bei > 80% der Patienten, bei denen eine erfolgreiche Ablation durchgeführt wurde, wurde eine Normalisierung der Ejektionsfraktion und bei 85% aller Patienten mit Kardiomyopathie, bei denen eine Ablation versucht wurde, eine gewisse Verbesserung der Ejektionsfraktion berichtet. Es ist auch wichtig zu erkennen, dass VES zu einer vorbestehenden Kardiomyopathie anderer Ätiologie beitragen können und dass auch bei diesen Patienten eine Verbesserung der Ejektionsfraktion nach erfolgreicher VES-Ablation beobachtet werden kann.

In most series, a higher premature ventricular complexes (PVC) burden was associated with a higher incidence of impaired LV systolic function. … Kanei et al. evaluated the prevalence of cardiomyopathy in patients with PVCs as assessed by 24h-holter monitoring categorized as follows: low PVC burden of <1000, intermediate PVC burden of 1000-10000 and high PVC burden of >10000. The prevalence of reduced LV function was associated with the number of PVCs (4%, 11% and 32%, respectively) in this retrospective study. … Although overall a higher PVC burden was seen in patients with PVC-induced cardiomyopathy, interpolated PVCs were found to be an independent predictor for cardiomyopathy. … In general, the succes rate of catheter ablation of arrhythmias originating from the RVOT is reported to be high. In most studies, the acute success rate is reported to be >80%.
Although symptomatic patients usually suffer from a high PVC burden (>10000 PVCs/24h), symptoms are not exclusive to these patients and those with a smaller PVC burden (<5000/24h) may also be highly symptomatic and warrant ablation.
Whenever reduced LV systolic function is observed in a patient with frequent monomorphic PVCs, catheter ablation should be offered to prevent worsening of LV systolic function or development of heart failure symptoms.
The prognosis in patients with RVOT PVC/VTs is usually favourable. However special attention should be given to patients fulfilling the criteria of potentially malignant variants of RVOT arrhythmias. These include symptoms of recurrent syncope, PVCs with very short coupling intervals, VTs with short cycle lengths, or documented polymorphic RVOT PVCs/VTs or "benign" RVOT PVCs in the presence of channelopathy or structural heart disease.

Übersetzt:

In den meisten Serien war eine höhere Belastung durch ventrikuläre Extrasystolen (VES) mit einer höheren Inzidenz einer beeinträchtigten LV-systolischen Funktion verbunden. … Kanei et al. untersuchte die Prävalenz von Kardiomyopathie in Abhängigkeit von dem VES-Auftreten im 24h-Holter-Monitoring gemäß folgender Stratifizierung: niedrige VES-Belastung von < 1000, mittlere VES-Belastung von 1000-10000 und hohe VES-Belastung von > 10000. Die Prävalenz der reduzierten LV-Funktion korrelierte in dieser retrospektiven Studie mit der Anzahl der VES (4%, 11% bzw. 32%). … Obwohl bei Patienten mit VES-induzierter Kardiomyopathie insgesamt eine höhere VES-Belastung zu beobachten war, erwiesen sich interpolierte VES als unabhängiger Prädiktor für eine Kardiomyopathie. … Im Allgemeinen wird die Erfolgsrate der Katheterablation von Arrhythmien, die aus dem RVOT kommen, als hoch bezeichnet. In den meisten Studien wird eine akute Erfolgsrate von > 80% angegeben. Obwohl symptomatische Patienten normalerweise unter einer hohen VES-Belastung (> 10000 PVCs / 24h) leiden, sind die Symptome nicht spezifisch - und Patienten mit einer geringeren VES-Belastung (<5000 / 24h) können ebenfalls hochsymptomatisch sein und eine Ablation rechtfertigen. Immer wenn bei einem Patienten mit häufigen monomorphen VES eine verminderte systolische LV-Funktion beobachtet wird, sollte eine Katheterablation angeboten werden, um eine Verschlechterung der LV-Funktion oder die Entwicklung von Herzinsuffizienzsymptomen zu verhindern. Die Prognose bei Patienten mit RVOT-VES / VT ist in der Regel günstig. Besondere Aufmerksamkeit sollte jedoch Patienten gelten, die die Kriterien für potenziell bösartige Varianten von RVOT-Arrhythmien erfüllen. Dazu gehören Symptome einer wiederkehrenden Synkope, VES mit sehr kurzen Kopplungsintervallen, VTs mit kurzen Zykluslängen oder dokumentierte polymorphe RVOT-VES / VTs oder "benigne" RVOT-VES bei Vorliegen einer Kanalopathie oder einer strukturellen Herzerkrankung.

In more frequent PVCs (> 10% heart beats) fatigue and exertional dyspnoea may occur. When > 20% of heart beats are PVCs, patients may develop cardiomyopathy and heart failure. Incidental PVCs are harmless. Anti-arrhythmic drug treatment should be considered in case of frequent PVCs but also catheter ablation appears an effective treatment option.

Übersetzt:

Bei häufigeren VES (> 10% Herzschläge) können Müdigkeit und anstrengende Dyspnoe auftreten. Wenn > 20% der Herzschläge VES sind, können Patienten eine Kardiomyopathie und eine Herzinsuffizienz entwickeln. Einzelne VES sind harmlos. Bei häufigen VES sollte eine Behandlung mit Antiarrhythmika in Betracht gezogen werden, aber auch eine Katheterablation scheint eine wirksame Behandlungsoption zu sein.

RESULTS:
A reduced left ventricular ejection fraction (mean 0.37 +/- 0.10) was present in 57 of 174 patients (33%). Patients with a decreased ejection fraction had a mean PVC burden of 33% +/- 13% as compared with those with normal left ventricular function 13% +/- 12% (P <.0001). A PVC burden of >24% best separated the patient population with impaired as compared with preserved left ventricular function (sensitivity 79%, specificity 78%, area under curve 0.89) The lowest PVC burden resulting in a reversible cardiomyopathy was 10%. In multivariate analysis, PVC burden (hazard ratio 1.12, 95% confidence interval 1.08 to 1.16; P <.01) was independently associated with PVC-induced cardiomyopathy.
CONCLUSION:
A PVC burden of >24% was independently associated with PVC-induced cardiomyopathy.

Übersetzt:

57 von 174 Patienten (33%) wiesen eine verringerte linksventrikuläre Auswurffraktion (Mittelwert 0,37 +/- 0,10) auf. Patienten mit einer verringerten Ejektionsfraktion hatten eine durchschnittliche VES-Belastung von 33% +/- 13% im Vergleich zu Patienten mit normaler linksventrikulärer Funktion von 13% +/- 12% (P <0,0001). Eine VES-Belastung von > 24% trennte die beeinträchtigte Patientenpopulation am besten von der mit erhaltener linksventrikulärer Funktion (Sensitivität 79%, Spezifität 78%, Fläche unter Kurve 0,89). Die niedrigste VES-Belastung, die zu einer reversiblen Kardiomyopathie führte, lag bei 10%. In der multivariaten Analyse war die VES-Belastung (Hazard Ratio 1,12; 95% Konfidenzintervall 1,08 bis 1,16; P <0,01) unabhängig mit einer VES-induzierten Kardiomyopathie assoziiert.
FAZIT:
Eine PVC-Belastung von> 24% war unabhängig mit einer PVC-induzierten Kardiomyopathie assoziiert.

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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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