Spastische Spinalparalyse

Erstellt am 19 Feb 2016 17:42
Zuletzt geändert: 16 Sep 2016 22:21

Epidemiologie

Bei der spastischen Spinalparalyse handelt es sich nach der medizinischen Fachliteratur um eine sehr seltene Erkrankung:
Etwa zwei bis zehn von 100.000 Personen leiden unter einer Erkrankung aus dem Formenkreis der Spastische Spinalparalyse (HSP).

Symptome und Verlauf

Spastischen Spinalparalysen sind langsam fortschreitende, genetisch bedingte Erkrankungen, deren Hauptsymptom eine spastische Gangstörung ist. Aufgrund der zunehmenden Spastik kommt es bei den Betroffenen zu sekundären Gelenkproblemen, welche das eigentliche Problem der spastischen Bewegungsstörung noch verstärken. Die Ausprägung der Krankheitssymptome kann sehr unterschiedlich sein. In Einezlfällen resultiert ein gravierendes Krankheitsbild mit weitreichender Bedeutung für die Lebensqualität der Patienten.

Therapie

Da es sich um eine "ultra-seltene" seltene Erkrankung handelt, existieren keine spezifischen, genau auf diese Erkrankung gerichteten Leitlinienempfehlungen für die Therapie.

Es existiert aber eine aktuelle Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zur "Therapie des spastischen Syndroms", die auf diese Erkrankung anwendbar ist. Dieser Leitlinie lässt sich folgendes entnehmen:

"Insgesamt gibt es zunehmende Evidenz dafür, dass eine Kombination verschiedener Interventionen … einer isolierten Therapieform vorzuziehen ist und daher angewandt werden sollte. Allerdings fehlen neben kontrollierten Studien mit großer Probandenzahl erste systematische Untersuchungen von Dosis-Effekt-Beziehungen der verschiedenartigen Interventionskombinationen.
Die wichtigsten oral verfügbaren und in Deutschland zugelassenen antispastischen Medikamente sind Baclofen (…) und Tizanidin (…), des weiteren Benzodiazepine (GABA-A-Agonisten; insbesondere Tetrazepam), Dantrolen (…), Tolperison (…) und ein aus 2 Cannabis-Derivaten (Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol) bestehendes oromukosales Spray (Sativex). Letzteres ist ausschließlich für MS-assoziierte Spastik zugelassen.
Zentral wirksame Antispastika bewirken eine Abnahme der Erregbarkeit von spinalen Interneuronen und damit von Motoneuronen. Sie weisen (dosisabhängig) relativ häufig Nebenwirkungen, insbesondere Sedation und Abnahme von Muskelkraft, auf …
Antispastika verbessern zwar Spastik auf entsprechenden Skalen (…); dies ist jedoch in der Regel nicht mit einer Verbesserung von Alltagsaktivitäten verbunden. Besonders dann, wenn die Spastik mit deutlichen Paresen einhergeht, ist die Wirkung dieser Medikamente durch die pharmakologische Verstärkung der Paresen bei mobilen Patienten limitiert.
Weitere, für die Behandlung von Spastik allerdings nicht zugelassene Medikamente sind Gabapentin (…) und L-Dopa …"

Die Zulassung von Sativex erfolgte, wie auch in der Leitlinie "Therapie des spastischen Syndroms" zu lesen, aufgrund der Ergebnisse randomisierter kontrollierter Studien, welche eine Wirksamkeit von Sativex bei MS-bedingter Spastik und bei neuropathischem Schmerz zeigten.
Studien bei hereditären spastischen Paresen existieren hingegen nicht, solche sind aufgrund der Seltenheit dieser Erkrankungen auch kaum zu erwarten. Eine Suche nach einer entsprechenden Studie in der US-amerikanischen Datenbank ClinicalTrials sowie eine Suche in der WHO-Datenbank ICTRP erbrachten keine entsprechende Studie. Hingegen zeigten die gefundenen Ergebnisse, dass viele Studien sowohl Patienten mit MS als auch Patienten mit hereditären spastischen Paresen gemeinsam untersuchen. Dies deutet darauf hin, dass von den Studien-Initiatoren und den entsprechenden Ethikkommissionen die Gemeinsamkeiten dieser Erkrankungen hinsichtlich der Spastik als so relevant angesehen werden, dass eine gemeinsame Untersuchung als gerechtfertigt erscheint.

Sozialrechtlich ist nicht von einer Leistungspflicht der Krankenkasse für den Einsatz von Sativex bei hereditären spastische Spinalparalysen auszugehen.
Alternativen mit besser belegter Wirksamkeit oder verlässlichen Belegen für geringere Schadwirkungen lassen sich der Literatur allerdings nicht entnehmen.

Weiterlesen / Weblinks:

HSP (Hereditäre Spastische Spinalparalyse) Förderverein für HSP-Forschung

Hereditäre Spastische Spinalparalysen - Molekulare Neurologie der Uni Erlangen
Orphanet zu spastische Spinalparalyse/Hereditäre spastische Paraplegie

Versorgungseinrichtungen laut ACHSE/Orphanet-Datenbank "Versorgungseinrichtungen für Menschen mit Seltenen Erkrankungen"


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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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