Polyneuropathie

Erstellt am 22 Apr 2016 13:30
Zuletzt geändert: 07 Apr 2021 17:48

Vielgestaltige Symptomatik und/oder Erkrankung (meist peripherer Nerven) - ICD G62 - Polyneuropathie

Leitlinien

  • DGN-Leitlinie "Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen"
    • Schlereth T. et al., Diagnose und nicht interventionelle Therapie neuropathischer Schmerzen, S2k-Leitlinie, 2019, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am TT.MM.JJJJ)
  • DGN-Leitlinie "Diagnostik bei Polyneuropathien"
    • Heuß D. et al., Diagnostik bei Polyneuropathien, S1-Leitlinie, 2019, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am TT.MM.JJJJ)
    • Heuß D et al (2019) Diagnostik bei Polyneuropathien, S1-Leitlinie. In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg) Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie.
  • DGN-Leitlinie "Therapie akuter und chronischer immunvermittelter Neuropathien und Neuritiden"
    • Sommer C. et al., Therapie akuter und chronischer immunvermittelter Neuropathien und Neuritiden, S2e-Leitlinie, 2018; in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am TT.MM.JJJJ)

Prävalenz

Die Gesamtprävalenz der Polyneuropathien wird mit 2,5 % angegeben, bei Menschen über 55 Jahren steigt sie auf 8 %. Die Zahl der Ursachen von Polyneuropathien wird auf ca. 100 geschätzt, bei ca. 20 % der Patienten bleibt die Ursache ungeklärt.

Diagnostik

Die Diagnose einer Polyneuropathie (PNP) beruht auf der Anamnese und Beschwerdeschilderung des Patienten und dem klinischen Befund. Dabei kann die Angabe von bestimmten Beschwerden bzw. der Verteilungstyp der PNP richtungsweisend bezüglich der Ursache der PNP sein …
Die Ätiologie der jeweiligen PNP kann (nur) mit einem unterschiedlichen Grad an Gewissheit festgestellt werden. Insofern kann die jeweilige Erkrankung (diabetische PNP, CIDP u. a.) entsprechend Anamnese, klinischem Erscheinungsbild und den Ergebnissen der Zusatzuntersuchungen (nur) mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit diagnostiziert werden, natürlich bis hin zu einem Grad an Gewissheit, der keinen Zweifel mehr zulässt.

Therapie

Fazit für die Praxis
• Bei der Polyneuropathie steht eine multimodale Therapie im Vordergrund.
• Mittel der ersten Wahl zur Schmerzbehandlung sind Gabapentin/Pregabalin, trizyklische Antidepressiva und Duloxetin.
• Topika sind eine Alternative mit guter Verträglichkeit.
• Die Patientenstratifizierung zur Auswahl einer geeigneten Therapie könnte in Zukunft das Management verbessern.
• Neue Medikamente mit spezifischem Wirkmechanismus sind dringend notwendig

CIDP

CIDP präsentiert sich in der Regel als eine motorisch dominante Neuropathie mit ausgeprägter proximaler Schwäche, d. h. die Muskeln, die für die Bewegung am nächsten zum Rumpf verantwortlich sind, sind zuerst betroffen. Die Schwäche ist typischerweise symmetrisch und betrifft beide Seiten des Körpers gleichermaßen. Gelegentlich kann sich die CIDP in Form einer Mononeuropathie multiplex, einer großfaserigen Neuropathie mit sensorischer Ataxie, einer rein motorischen Neuropathie oder einer kleinfaserigen Neuropathie präsentieren.
  • Gemäß S2-Leitlinie der DGN/AWMF bestätigte ein Cochrane Review von 2017 das Fehlen eines Wirksamkeitsnachweises für Immunsuppressiva (außer Glukokortikosteroiden) bei CIDP; Nachweise der fehlenden Wirkung liegen laut Leitlinie ebenfalls für Methotrexat und Interferon beta-1a vor (Ib).

CIDP präsentiert sich in der Regel als eine motorisch dominante Neuropathie mit ausgeprägter proximaler Schwäche, d. h. die Muskeln, die für die Bewegung am nächsten zum Rumpf verantwortlich sind, sind zuerst betroffen. Die Schwäche ist typischerweise symmetrisch und betrifft beide Seiten des Körpers gleichermaßen. Gelegentlich kann sich die CIDP in Form einer Mononeuropathie multiplex, einer großfaserigen Neuropathie mit sensorischer Ataxie, einer rein motorischen Neuropathie oder einer kleinfaserigen Neuropathie präsentieren.

Small Fiber Neuropathie (kleinfaserige Neuropathie)

SFN wird mit einer Vielzahl von Krankheiten als zugrunde liegende Mechanismen in Verbindung gebracht, kann aber auch idiopathisch auftreten.
Mögliche immunologische Grunderkrankungen können sein:
Fibromyalgie, Monoklonale Gammopathie, Ehlers-Danlos, Sarkoidose, Rheumatische Erkrankungen (undifferenzierte Bindegewebserkrankungen, rheumatoide Arthritis, psoriatische Arthropathie), Sjögren-Syndrom, Primäre systemische Amyloidose, Akute entzündliche Small-Fiber-Neuropathie, Lupus, Bindegewebserkrankung, Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie

Der publizierten Literatur können viele verschiedene Behandlungen entnommen werden. Opioid-Analgetika oder Nichtopioid-Analgetika, Kortikosteroide, intravenöses Immunglobulin (IVIG) allein oder in Kombination mit anderen spezifischen Medikamenten, wie Azathioprin, Antiepileptika, Immuntherapie, Hormontherapie.
Für Small-Fiber-Neuropathien, die mit spezifische Erkrankungen einhergehen, wie Sarkoidose-Small-Fiber-Neuropathie, wurde der Einsatz des Erythropoietin-Derivats ARA290 beschrieben, für diabetische SFN gab es Berichte über Behandlungen mit rekombinantem humanem Nervenwachstumsfaktor, für SFN im Zusammenhang mit aquagenem Pruritus wurde Propranolol in Einzelfällen erfolgreich eingesetzt, bei Small-Fiber-Neuropathie im Rahmen eines komplexen regionalen Schmerzsyndroms wurde über Plasmaaustauschtherapie berichtet und bei Fabry-bedingte Small-Fiber-Neuropathie über Enzymersatztherapie sowie bei Keloid-induzierter Small-Fiber-Neuropathie über Botulinumtoxin Typ A.

Jüngste klinische Studien haben gezeigt, dass Lacosamid, das Natriumkanäle nutzungsabhängig blockiert, bei einigen Patienten mit Nav1.7-Mutationen Schmerzen lindert; allerdings sprach nur eine Untergruppe dieser Patienten auf das Medikament an.

Das Symptommanagement konzentriert sich auf die Behandlung schmerzhafter sensorischer Symptome im Gegensatz zu autonomen Symptomen. Die Managementoptionen für autonome Symptome sind breit gefächert und werden hier nicht diskutiert. Das Management von neuropathischen Schmerzen ist eine herausfordernde Aufgabe für Neurologen. Die neuropathischen Schmerzmedikamente in der neurologischen Praxis werden im Allgemeinen ausgewählt aus: Antidepressiva (Nortriptylin, Amitriptylin, Duloxetin, Milnacipran, Venlafaxin), Antikonvulsiva (Gabapentin, Pregabalin, Lamotrigin, Oxcarbazepin, Carbamazepin, Natriumvalproat, Lacosamid, Zonisamid, Topiramat), Mexiletin, topische Mittel (Capsaicin, Lidocain, andere Präparate), Opiate und Neuromodulation. Die Auswahl der Medikamente erfolgt auf der Grundlage des Sicherheitsprofils, der gleichzeitigen Medikamenteneinnahme und anderer Komorbiditäten.
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Als häufigste Ursache der SFN wird, wie bei der Large Fiber Polyneuropathie, allgemein ein Typ-2-Diabetes mellitus und/oder eine Glukoseintoleranz angenommen, die in 30 - 50 % der Fälle beobachtet wird.
Eine neuere Auswertung zeigte jedoch, dass Anomalien bei Glukose und Triglyceriden bei SFN-Patienten im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung selten sind, was ihre führende Rolle bei diesem Syndrom widerlegt. Im Gegensatz dazu waren Entzündungsmarker wie erhöhte Erythrozytensedimentationsrate und C-reaktives Protein, vermindertes Komplement und Marker für Autoimmunerkrankungen bei SFN-Patienten häufiger, was darauf hindeutet, dass Entzündungen oder Autoimmunität eine Hauptursache für die Entstehung sein könnten.
In Europa ist die am häufigsten verwendete Skala der "Small fiber neuropathy-symptoms inventory questionnaire" (SFN-SIQ). Die wichtigste Einschränkung dieses Instruments ist das Fehlen einer quantitativen Einstufung der Symptome, was ihre Bewertung für Veränderungen im Laufe der Zeit verhindert. Weitere Skalen sind die "Rasch-built overall disability scale" (SFN-RODS), der "Douleur Neuropathique 4" (DN4) Fragebogen zur Diagnose neuropathischer Schmerzen jeglicher Ätiologie, und das "The Autonomic Symptom Profile and the Composite Autonomic Symptom Score-31" (COMPASS-31) zur Bewertung autonomer Symptome.
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Der Small-Fiber-Polyneuropathie (SFPN) liegen verschiedene Ursachen zugrunde, einschließlich Assoziationen mit systemischen Autoimmunerkrankungen. Wir haben eine neue Ursache vorgeschlagen: Autoimmunerkrankungen, die auf kleine Fasern abzielen, ähnlich wie Guillain-Barré und chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP).

Diabetes oder Glukoseintoleranz können die Vasodilatation beeinträchtigen und zu einer Ischämie führen, von der man annimmt, dass sie eine zentrale Rolle in der Pathogenese der peripheren Neuropathie, einschließlich der Trigeminusneuralgie, spielt. Eine kürzlich durchgeführte Studie zeigte, dass Patienten mit Glukoseintoleranz, auch ohne die Diagnose Diabetes zu tragen, eine C-Faser-Neuropathie aufwiesen, was die verheerende Wirkung einer anhaltenden Hyperglykämie auf die neuronale Gesundheit unterstreicht. Auf molekularer Ebene gibt es mindestens fünf vorherrschende Mechanismen, wie Hyperglykämie zu verschiedenen Komplikationen des Diabetes führt, wobei der Polyol- und der PARP-Weg für den neuronalen Tod am relevantesten sind.
In Schwann-Zellen, Endothelzellen und sensorischen Neuronen wird PARP durch oxidative Spezies stimuliert und induziert in einem Feedback-Mechanismus weiteren oxidativen Stress. PARP ist ein nukleäres Enzym, das auch die Genexpression verändern kann, was zu einer Beeinträchtigung der neuronalen Leitungsgeschwindigkeit, Small-Fiber-Neuropathie, Hyperalgesie und Allodynie sowie zu anderen diabetischen Komplikationen führt.
[…] Die alkoholbedingte periphere Neuropathie wurde historisch als eine großfaserige Neuropathie aus Thiaminmangel betrachtet. … Beobachtungen, dass sich eine Neuropathie auch bei normalen Thiaminwerten entwickeln kann und dass die frühen Stadien der alkoholischen Neuropathie durch schmerzhafte Parästhesien gekennzeichnet sind, haben Wissenschaftler zu der Annahme veranlasst, dass Alkohol und seine Metaboliten direkte neurotoxische Wirkungen auf kleine C-Fasern haben.
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Obwohl die Small-Fiber-Neuropathie (SFN) oft ohne erkennbare Ursache auftritt, ist die molekulare Ätiologie der idiopathischen SFN (I-SFN) rätselhaft geblieben.
Wir haben kürzlich über das Vorhandensein von Na(v)1.7-Varianten berichtet, die bei 28 % der Patienten mit schmerzhafter I-SFN Veränderungen in den Kanaleigenschaften hervorrufen, und haben bei einer dieser Mutationen eine beeinträchtigte langsame Inaktivierung nach Expression in HEK293-Zellen nachgewiesen. Hier zeigen wir, dass die Na(v)1.7-Variante I739V bei einem Patienten mit durch Biopsie bestätigter I-SFN die langsame Inaktivierung in DRG-Neuronen beeinträchtigt und deren Erregbarkeit erhöht.
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Transthyretin-Amyloidose

Seltene Polyneuropathien wie die familiäre Transthyretin-Amyloidose (ATTR) zu erkennen, erfordert genaue Kenntnis einer Vielzahl an Differenzialdiagnosen. Hilfreich ist die aktualisierte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zur "Diagnostik bei Polyneuropathien" [Heuß D et al. Diagnostik bei Polyneuropathien, S1-Leitlinie, 2019]. Wird die ATTR mit symptomatischer Polyneuropathie (ATTR-PN) rechtzeitig im Stadium 1 erkannt, steht den Patienten eine orale Therapie mit Tafamidis (Vyndaqel®) zur Verfügung, die den Verlauf der Erkrankung signifikant verlangsamen kann.
Die ATTR-PN ist eine irreversible neurodegenerative Erkrankung, die rasch fortschreitet und zu schwerwiegenden Behinderungen führt. Ohne Behandlung versterben die Patienten nach etwa zehn Jahren. Ursache der ATTR ist eine Mutation im Transthyretin-Gen, welche zur Dissoziation des Transthyretin-Tetramers in seine Monomere führt. Diese aggregieren zu Amyloidfibrillen und lagern sich im autonomen und peripheren Nervengewebe sowie im Herz und anderen Organen ab, was zum Verlust der neurologischen Funktionen führt [Hund E et al. Akt Neurol 2018;45:605-16]. Tafamidis stabilisiert das tetramere Transthyretin und kann so die Bildung der Amyloidfibrillen verhindern und den Krankheitsverlauf deutlich verzögern.

Weblinks

Siehe auch in diesem Wiki:


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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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