Fertilitätsstörung durch onkologische Erkrankungen

Erstellt am 10 Nov 2021 21:36
Zuletzt geändert: 11 Nov 2021 11:56

Rechtliche Aspekte
Besteht bei einer Behandlung die Möglichkeit des Verlustes der Zeugungsfähigkeit, muss der betroffene Patient nach aktueller Rechtsprechung auf die Möglichkeit der Kryokonservierung einer Samenspende hingewiesen werden. Bei Inanspruchnahme regelt ein Vertrag zwischen der versorgenden Einrichtung und dem Patienten die Bedingungen der Probenlagerung. Hierbei ist zu beachten, dass nach deutschem Recht kryokonservierte Sperma- bzw. Hodengewebsproben nach dem Tod des Patienten nicht mehr verwendet werden dürfen und zu vernichten sind.
Für alle Institutionen, die Gewebe entnehmen und weiterverarbeiten, ist die Umsetzung der EG-Richtlinie 2004/23/EG in deutsches Recht in Form des "Gewebegesetzes" seit dem 1. August 2007 verbindlich. Für die Entnahme, Lagerung und Weiterverarbeitung humaner Spermien muss eine Genehmigung gemäß § 20b und § 20c Arzneimittelgesetz bei der zuständigen Behörde beantragt werden.

Zu den derzeit noch experimentellen Verfahren zur Erhaltung einer Fertilitätsreserve zählt die Gewinnung von Stammzellen der männlichen Keimbahn aus Hodengewebsproben mit dem Ziel einer späteren Autotransplantation oder ektopen Xenotransplantation (in immundefiziente Mäuse) bzw. einer Spermatogenese in Organkulturen in vitro bis zu Spermien, die zumindest für eine IVF/ICSI verwendbar sind (Gossens et al. 2013).
Besonders relevant sind Fortschritte auf diesem Gebiet für präpubertäre Jungen, bei denen die Option der Kryokonservierung ejakulierter Spermien oder konventionell prozessierter Hodenbiopsien wegen der noch nicht initiierten Spermatogenese entfällt.
Auf europäischer Ebene laufen derzeit Programme, für betroffene Jungen die Entnahme und spezielle Kryokonservierung von Hodengewebe für eine spätere Isolierung und Verwendung testikulärer Stammzellen anzubieten (Picton et al. 2015; Stukenborg et al. 2018).

Die Ovarkryokonservierung ist auch präpubertär durchführbar! Wichtiger Nachteil für eine spätere Fertilitätsbehandlung: Konventionelle ovarielle Stimulation des Transplantats nur noch mit erwarteter "low response" (geringe Eizellausbeute) möglich.


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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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