Multiple Sklerose (MS)

Erstellt am 20 Apr 2016 10:35
Zuletzt geändert: 19 Apr 2020 22:48

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Ein Einsatz von Immunglobulinen zur Behandlung der Multiplen Sklerose (MS) zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kann nach wie vor nicht empfohlen werden.
Seit Fertigstellung des Updates zum Einsatz von Immunglobulinen bei MS im Dezember 2005 wurde eine weitere randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde Studie zum Einsatz von Immunglobulinen bei schubförmiger MS veröffentlicht (Fazekas, F. et al.: Intravenous immunoglobulin in relapsing-remitting multiple sklerosis: A dose-finding trial. Neurology 71 (2008), S. 265-271). In dieser konnte kein signifikanter Unterschied zwischen der Wirksamkeit von intravenösen Immunglobulinen und Placebo festgestellt werden.

Das Bundessozialgericht hat in zwei Urteilen (B 1 KR 17/06 R vom 27.03.2007 zu Immunglobulinen bei sekundär progredienter MS und B 1 KR 15/07 R vom 28.02.2008 zu Immunglobulinen bei MS in der Stillzeit) eine Leistungspflicht der GKV für Immunglobuline bei MS aufgrund einer ungenügenden Datenlage verneint.

Das Bundessozialgericht hatte am 27.03.2007 ein Urteil zur Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung für Immunglobulin (Polyglobin 10%) "off-label" bei Multipler Sklerose gefällt (Az: B 1 KR 17/06 R vom 27.03.2007), in dem es einen Leistungsanspruch verneint hatte.
Das Bundesverfassungsgericht hatte über eine hierauf ergangene Verfassungsbeschwerde am 30. Juni 2008 eine Nicht-Annahme der Beschwerde beschlossen (Az. 1 BvR 1665/07) mit folgender Begründung (Auszug):

"Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe nach § 93a BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten."
"… Das Bundessozialgericht geht in der angegriffenen Entscheidung und in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Fertigarzneimittel mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sind, wenn ihnen die nach § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz (AMG) erforderliche arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt. Das Bundessozialgericht schließt einen off-label-use aber nicht grundsätzlich aus. Die Verordnung in einem von der Zulassung nicht erfassten Anwendungsgebiet kommt in Betracht, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, wenn keine andere Therapie verfügbar ist und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Im Fall der Beschwerdeführerin hat es die letztgenannte Voraussetzung verneint, weil nach den vorliegenden Erkenntnissen keine wissenschaftlichen Forschungsergebnisse vorliegen, welche hinreichende Erfolgsaussichten einer Behandlung der sekundär-progressiven Multiplen Sklerose mit Immunglobulinen ergeben.
Diese Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden." ( … ) Es ist "von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn die Frage nach der Wirtschaftlichkeit einer Leistung im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB V mit den Anforderungen des Arzneimittelrechts verknüpft und deshalb verneint wird, weil das Arzneimittel nicht oder noch nicht zugelassen ist."

Ein weiteres Urteil des Bundessozialgerichts zur Thematik Immunglobulin (Venimmun®) off-label bei Multipler Sklerose war zuvor am 28.02.2008 ebenfalls zu einer negativen Entscheidung bezüglich der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse gekommen (B 1 KR 15/07 R vom 28.02.2008).
Zur Begründung führte das BSG an, dass im Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin aufgrund der damals vorliegenden konkreten Datenlage keine begründete Aussicht darauf bestand , dass gerade mit einem Immunglobulin wie Venimmun ein Behandlungserfolg bei Multipler Sklerose erzielt werden konnte. Zudem erkannte das Gericht in dem verhandelten Einzelfall keine Krankheitsschwere, die den im Nikolausbeschluss vom 06.12.2005 vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien entsprochen hätte.

Siehe auch: • Artikel zum L-Selektin-Signatur (CD62L)-Test in diesem Wiki.Modafinil - Arzneimittelinformation in diesem Wiki

Literatur

  • Pubmed-Suche Nach Natalizumab bei pädiatrischer MS
    • ("natalizumab"[MeSH Terms] OR "natalizumab"[All Fields]) AND ("therapy"[Subheading] OR "therapy"[All Fields] OR "therapeutics"[MeSH Terms] OR "therapeutics"[All Fields]) AND Highly[All Fields] AND Active[All Fields] AND ("pediatrics"[MeSH Terms] OR "pediatrics"[All Fields] OR "pediatric"[All Fields]) AND ("multiple sclerosis"[MeSH Terms] OR ("multiple"[All Fields] AND "sclerosis"[All Fields]) OR "multiple sclerosis"[All Fields])

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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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