Long Covid

Erstellt am 14 Jun 2024 10:45
Zuletzt geändert: 17 Jun 2024 11:00

ICD10: U09.9 U09.9 Post-COVID-19-Zustand, nicht näher bezeichnet (Gesund.bunde.de: Long-COVID: Langzeitfolgen von COVID-19)

Diese Seite ist die Fortsetzung zu Covid 19: Post-Covid, Long-Covid, Spätschäden

Realität der Versorgung: Was gibt es?

  • Long-COVID-Register:
    • Die Long-COVID-Registerstudie ist eine deutschlandweite Studie. Die Studie soll ermöglichen, flächendeckend große Datenmengen zu sammeln und auszuwerten, um besonders verlässliche Forschungsergebnisse zu erzielen. Im Rahmen der Studie werden Long-COVID-Symptome, deren Verlauf, Schweregrad und Linderung durch individuelle Therapien erfasst. Zudem können Zusammenhänge zwischen Long-COVID und anderen Erkrankungen beforscht werden.
      • Hilfe für Betroffene: Hoffentlich - irgendwann in der Zukunft?
  • Betroffenen-Initiative Long COVID Deutschland: Post-COVID-Ambulanzen / Long-COVID-Ambulanzen:
    • Die Betroffenen-Initiative "Long COVID Deutschland" (LCD) ist ein privater Zusammenschluss von Long COVID-Betroffenen und Angehörigen aus ganz Deutschland. Die Initiative ist Mitunterzeichner des Nationalen Aktionsplans für ME/CFS und das Post-COVID-Syndrom. Die, von der Initiative aufgeführten Ambulanzen wurden von Betroffenen oder von den Ambulanzen selbst gemeldet. Das Verzeichnis kann daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Korrektheit erheben.
  • Post-COVID-Behandlungseinrichtungen im Deutschen Krankenhaus Verzeichnis:
    • Das Deutsche Krankenhaus Verzeichnis basiert inhaltlich und strukturell auf den, jährlich aktualisierten Qualitätsberichten der Krankenhäuser. Im Jahr 2024 sind die Daten des Berichtsjahres 2022 Grundlage des DKV, sofern die Krankenhäuser die Daten nicht zwischenzeitlich aktualisiert haben. Herausgeber des Deutschen Krankenhaus Verzeichnis ist die Deutsche Krankenhaus TrustCenter und Informationsverarbeitung GmbH (DKTIG). Der Verwaltungsrat der DKTIG wird gebildet von Vertretern der Deutschen Krankenhausgesellschaft und verschiedener anderer Krankenhausgesellschaften.
    • Am 14.06.24 ergab die Suche nach Post-COVID-Einrichtungen bundesweit 78 Treffer. Eine Suche nach "Long-COVID" bzw. "long-covid" bzw. "longcovid" ergab keine Treffer.
  • Webseite Bürgertelefon und regionale Kliniksuche beim Bundesgesundheitsministerium:
    • Auf der Webseite ist eine Tabelle mit einer Auswahl an Kliniken in Deutschland, die sich nach eigenen Angaben (in irgendeiner Form) auf die Diagnostik und Behandlung von Long COVID spezialisiert haben. Man kann die Tabelle nach Bundesland sortiert anzeigen lassen. Das Bundesgesundheitsministerium übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben.
      • Für Sachsen-Anhalt wird eine einzige Klinik angeführt, die aber nur berufsbedingte Long-/Post-COVID-Fälle behandelt.
      • Das Bundesgesundheitsministerium verweist Hilfesuchende auf der Suche nach einer geeigneten Praxis auf die Arztsuche der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Diese Seite bietet aber gar keine Suchmöglichkeiten mit den Begriffen "COVID", "Long-COVID2 oder "Post-COVID" an.

Versicherungsrechtliche Besonderheiten

  • Während der Corona-Pandemie galt über einen längeren Zeitraum eine einrichtungsbezogene Impfflicht. Bei Impfschäden oder Verdacht auf Impfschaden sollte daher eine Anzeige beim zuständigen Gesundheitsamt gestellt werden. Hier kommen ggf. Entschädigungen nach dem § 60 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Betracht.

Beruflich erworbene Corona-Infektionen sollten der zuständigen Berufsgenossenschaft gemeldet werden. Wird die Erkrankung als berufsbedingt anerkannt, so kommt die Berufsgenossenschaft auch für die Behandlung von Folge-Erkrankungen wie Long- und Post-COVID auf.

  • Eine Post-COVID-Erkrankung kann auch als Folge einer Ansteckung im Rahmen einer gesetzlich versicherten Tätigkeit außerhalb des Gesundheitswesens entstanden sein. Eine gesetzliche Unfallversicherung besteht z.B. für Schüler und Lehrer an allen staatlichen oder staatlich anerkannten Schulen und Ausbildungseinrichtungen. Darüber hinaus müssen alle Gewerbebetriebe der gesetzlichen Unfallversicherung angeschlossen sein. Hat man sich also im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Berufstätigkeit angesteckt, kann das als Arbeitsunfall gewertet werden und die Folgen wären dann von der gesetzlichen Unfallversicherung zu tragen.
  • Hierzu schreibt die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) auf ihren Webseiten unter der Überschrift "COVID-19: Berufskrankheit oder Arbeitsunfall":

Erfolgt eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit, ohne dass die Voraussetzungen einer Berufskrankheit vorliegen, kann die Erkrankung einen Arbeitsunfall darstellen.
Kommt es nach einer Infektion mit dem Corona-Virus zu einer Erkrankung kann dies als Arbeitsunfall anerkannt werden unter der Voraussetzung, dass die Infektion auf die jeweilige versicherte Tätigkeit (Beschäftigung, (Hoch-) Schulbesuch, Ausübung bestimmter Ehrenämter, Hilfeleistung bei Unglücksfällen o.a.) zurückzuführen ist ("infolge").
In diesem Rahmen muss ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person ("Indexperson") nachweislich stattgefunden haben. Dieser Kontakt muss nach Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) zwischen zwei Tagen vor dem Auftreten der ersten Symptome bei der Indexperson und 10 Tagen nach Symptombeginn erfolgt sein, bei schwerer oder andauernder Symptomatik ggf. auch noch später. Ohne das Auftreten von Symptomen muss der Kontakt zwischen zwei Tagen vor der Probennahme für den positiven Labornachweis der Indexperson und 10 Tagen danach stattgefunden haben.
Lässt sich kein intensiver Kontakt zu einer Indexperson feststellen, kann es im Einzelfall ausreichen, wenn es im unmittelbaren Tätigkeitsumfeld (z.B. innerhalb eines Betriebs oder Schule) der betroffenen Person nachweislich eine größere Anzahl von infektiösen Personen gegeben hat und konkrete, die Infektion begünstigende Bedingungen bei der versicherten Tätigkeit vorgelegen haben. Dabei spielen Aspekte wie Anzahl der nachweislich infektiösen Personen im engeren Tätigkeitsumfeld, Anzahl der üblichen Personenkontakte, geringe Infektionszahlen außerhalb des versicherten Umfeldes, räumliche Gegebenheiten wie Belüftungssituation und Temperatur eine entscheidende Rolle.
Grundsätzlich ist auch immer zu prüfen, ob und inwieweit in der fraglichen Inkubationszeit vergleichbare außerberufliche Gefährdungen zu einer Infektion geführt haben könnten.

Long-/Post-COVID und Behinderung/Nachteilsausgleiche

  • Die Webseiten des Bundesgesundheitsministeriums enthalten den, möglicherweise für einige Betroffene nützlichen Tipp, sich ggf. frühzeitig um Nachteilsausgleiche aufgrund von Post-COVID zu bemühen. Konkret heißt es auf der Webseite "Wissenswertes zu Long COVID im beruflichen Kontext" unter der Unter-Überschrift "Was können Betroffene tun bei Long COVID in der Schule, Ausbildung oder im Studium?":

Bei Long COVID kann es in einigen Fällen auch sinnvoll sein, frühzeitig einen Nachteilsausgleich zu beantragen. Dieser zielt darauf ab, Schülerinnen und Schüler, Studierende oder Auszubildende mit einer Behinderung oder chronischen Einschränkung durch passende Hilfsangebote zu unterstützen. Wie genau ein solcher Antrag zu stellen ist, kann direkt bei der jeweiligen Bildungsstätte erfragt werden. In den meisten Fällen müssen die gesundheitliche Beeinträchtigung und ihre Folgen durch Nachweise belegt werden, zum Beispiel durch ein ärztliches Attest.

Vorgaben für die gesetzliche Krankenversicherung

  • Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat eine "Long-COVID-Richtlinie" erlassen. Diese Richtlinie erklärt quasi alle Long-/Post-COVID-Betroffenen und deren jeweils behandelnde Ärzte (unabhängig von der Versorgungsebene oder der fachlichen Spezialisierung) zu Teilnehmern an einer "berufsgruppenübergreifenden, koordinierten und strukturierten Versorgung". Es werden keine weiteren Eingangsvoraussetzungen oder Teilnahmebedingungen definiert.
  • Kernbestandteile einer Versorgung gemäß dieser Richtlinie sind in jedem Einzelfall:
    • Ein Basis-Assessment und weitere Diagnostik in Abhängigkeit von dem Ergebnis des Basis-Assessments.
    • Ein Behandlungsplan, der Ergebnisse des Basis-Assessments und der weiteren Diagnostik und der darauf beruhenden Diagnosen, sowie die nächsten geplanten Schritte anführen soll.
    • Eine Behandlungskoordination, die eine Beteiligung mindestens einer anderen Fachdisziplin umfasst. Die Richtlinie bezieht sich unter anderem auch auf Überweisungen zur spezialisierten ambulanten Versorgung, ohne dass klar wird, was damit konkret gemeint ist. Eine Ambulante spezialfachärztliche Versorgung für Betroffene mit Long-/Post-COVID existiert nicht und kann daher nicht gemeint sein.
    • Der Text der Richtlinie liest sich wie eine Darstellung der typischen hausärztlichen Funktionen (einschließlich Koordinationsfunktion, die schon immer wesentliches Kennzeichen hausärztlicher Tätigkeit war), mit allerdings erhöhtem Dokumentationsaufwand.
    • Welcher Zusatznutzen für "Versicherte mit Verdacht auf Long-COVID und Erkrankungen, die eine ähnliche Ursache oder Krankheitsausprägung aufweisen" konkret aus der Richtlinie resultieren kann, ist anhand des Richtlinien-Textes nicht erkennbar. Dies wird wesentlich von der Umsetzung im Rahmen entsprechender Vergütungsregelungen durch den Bewertungsausschuss abhängen.
    • Der vielleicht wichtigste Punkt ist, was nicht in der Richtlinie enthalten ist: Die Richtlinie eröffnet keinerlei Möglichkeiten für die Anwendung von "Nicht-Regelfall-Leistungen" für schwer von Long-/Post-COVID-Betroffene.

Selbsthilfegruppen

Leitlinien

Deutschland

  • AWMF: S1-Leitlinie "Post-COVID/Long-COVID". Registernummer 020 – 027. Version: 4.0. Stand: 30.05.2024, gültig bis 30.05.2025. Federführende Fachgesellschaft: Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP). https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-027.html
    • Publikation zur ersten Version:
      • Koczulla AR, Ankermann T, Behrends U, Berlit P, Böing S, Brinkmann F, Franke C, Glöckl R, Gogoll C, Hummel T, Kronsbein J, Maibaum T, Peters EMJ, Pfeifer M, Platz T, Pletz M, Pongratz G, Powitz F, Rabe KF, Scheibenbogen C, Stallmach A, Stegbauer M, Wagner HO, Waller C, Wirtz H, Zeiher A, Zwick RH. S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID (S1 Guideline Post-COVID/Long-COVID). Pneumologie. 2021 Nov;75(11):869-900. German. doi: 10.1055/a-1551-9734. Epub 2021 Sep 2. PMID: 34474488.
  • Der Vorstand der Bundesärztekammer hatte in einer außerordentlichen Sitzung vom 23.09.2022 auf Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats eine Stellungnahme "Post-COVID-Syndrom (PCS)" beraten und beschlossen. Die Stellungnahme (DOI: 10.3238/arztebl.2022.Stellungnahme_PCS) ist abrufbar auf der Internetseite der Bundesärztekammer: https://www.baek.de/sn-pcs-2022]; (PDF)
    • Darüber hinaus wurde die "Stellungnahme Post-COVID-Syndrom (PCS)" veröffentlicht im Deutsches Ärzteblatt vom 14. Oktober 2022. Dtsch Arztebl 2022; 119(41): A-1767 / B-1475. DOI: 10.3238/arztebl.2022.Stellungnahme_PCS.

Deutschsprachiges Ausland

Österreich

  • Rabady S, Hoffmann K, Aigner M, Altenberger J, Brose M, Costa U, Denk-Linnert DM, Gruber S, Götzinger F, Helbok R, Hüfner K, Koczulla R, Kurz K, Lamprecht B, Leis S, Löffler J, Müller CA, Rittmannsberger H, Rommer PS, Sator P, Strenger V, Struhal W, Untersmayr E, Vonbank K, Wancata J, Weber T, Wendler M, Zwick RH. Leitlinie S1 für das Management postviraler Zustände am Beispiel Post-COVID-19 [S1 guidelines for the management of postviral conditions using the example of post-COVID-19]. Wien Klin Wochenschr. 2023 Jul;135(Suppl 4):525-598. German. doi: 10.1007/s00508-023-02242-z. Epub 2023 Aug 9. PMID: 37555900; PMCID: PMC10504206.

Methoden: Es wurde eine systematische Literaturübersicht angefertigt.
Ergebnisse: Es wurden vierzehn Referenzen, fünf Leitlinien, vier Übersichtsarbeiten, ein Konsenspapier und vier klinische Perspektiven berücksichtigt. Diesen wurde entnommen, dass der Großteil der langwierigen COVID-bezogenen Gesundheitsversorgung in der Primärversorgung erfolgen könnte. Patienten mit komplexen Symptomen sollten an spezialisierte Ambulanzen für lange COVID überwiesen werden. Dagegen sollten Patienten mit einem dominanten Einzel-Symptom für eine zweite Beurteilung an den jeweiligen Facharzt verwiesen werden. Je nach den Bedürfnissen der Patienten können weitere Überweisungen erfolgen, z. B. an Rehabilitations- oder nichtmedizinische Gesundheitsdienste. Selbstmanagement und eine gute Kommunikation zwischen Fachleuten des Gesundheitswesens und Patienten sind entscheidende Aspekte der langfristigen COVID-Managementempfehlungen.
Schlussfolgerungen: Die methodische Qualität der einbezogenen Leitlinien und Übersichten ist aufgrund der Neuheit der Problematik und dem damit verbundenen Mangel an Forschungsdaten begrenzt. Eine aktualisierte Übersicht über den Forschungsstand in absehbarer Zeit ist zu empfehlen. Darüber hinaus wäre eine systematische Sammlung von Daten aus der realen Patientenversorgung sinnvoll, um weitere Informationen über die Dauer und den Schweregrad von Long-COVID zu sammeln. Aufbauend auf diesen Daten könnte die zukünftige Versorgung der Betroffenen besser geplant und organisiert werden.

Sonstiges Europa

  • European Respiratory Society

Politik und Long COVID

  • Robert-Koch-Institut: Long COVID:
    • Die Webseite des RKI enthält Verweise auf aktuelle Literatur und bietet deutlich tiefgründigere wissenschaftliche Informationen an als das Portal der BMG-Initiative Long COVID, allerdings fehlen jegliche praktische Hinweise zum Umgang mit der Erkrankung.

Siehe auch in diesem Wiki:


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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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