Hypereosinophilie Syndrom (HES)

Erstellt am 16 Sep 2015 21:27
Zuletzt geändert: 03 Aug 2020 11:30

Krankheitsbild, Schweregrad

Bei einem Hypereosinophilie-Syndrom (HES) kann bei entsprechend ausgeprägter Symptomatik ein die Lebensqualität nachhaltig erheblich beeinträchtigendes Krankheitsbild vorliegen.
Eine lebensbedrohliche Situation bei einem HES entsteht insbesondere bei einem kardialen Befall mit hierdurch bedingter deutlich erhöhter Mortalität.
Bei einer eosinophilen Cystitis besteht die Möglichkeit eines zunehmenden Verlusts der Blasenfunktion und ggf. hieraus resultierender Nierenfunktionseinschränkungen.
Eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche oder solchen Verläufen gleichzustellende notstandsähnliche Erkrankungssituation ist im Verlauf einer Erkrankung an einem Hypereosinophilie Syndrom (HES) nicht auszuschließen.

Therapie

Bei idiopathischen Formen des HES wird der Einsatz von Kortikosteroiden empfohlen. Zur Vermeidung höherer langfristiger Dosen von Kortikosteroiden -bei gegebener Notwendigkeit wird der Einsatz von steroidsparenden Agenzien in der Zweitlinientherapie in Kombination mit Steroiden angeraten. Ein entsprechendes Vorgehen wurde im vorliegenden Einzelfall auch durchgeführt. Allerdings zeigte sich leider keine ausreichende Wirksamkeit in der Kombinationstherapie aus Kortikosteroiden mit Sirolimus oder Azathioprin.

Als weitere steroidsparende Therapien wird in dieser Situation aufgrund von retrospektiven Untersuchungen, Einzelfallberichten und Fallserienberichten der Einsatz von Hydroxyurea (Hydroxycarbamid) sowie Interferon alpha empfohlen.

In einer prospektiven Kohortenuntersuchung an 18 Patienten zeigte sich für Hydroxyurea in Kombination mit Kortikosteroiden bei 9 Patienten eine komplette Remission und 6 Patienten wiesen ein partielles Ansprechen auf. Hydroxyurea wurde dabei mit 2000 mg pro Tag (bei Erwachsenen) dosiert und nach einem Ansprechen auf 500 – 1.000 mg pro Tag reduziert.

In einer retrospektiven Fallserie wurde der Einsatz von Interferon alpha mit untersucht. Von 188 untersuchten Patienten erhielten 46 Interferon alpha, am meisten in Kombination mit Kortikosteroiden. In der Kombinationstherapie zeigte sich ein Ansprechen bei 75% und in der Monotherapie bei 50%. Allerdings wurde Interferon alpha aufgrund unzureichender Toleranz bei 50% und fehlender Wirksamkeit bei 36% ausgesetzt (UpToDate®, 2013; Kalac et al., 2007).

Vielversprechende Daten liegen aufgrund der oben genannten randomisierten kontrollierten klinischen Studie zu Mepolizumab vor. Mepolizumab besitzt bisher keine arzneimittelrechtliche Zulassung in einem europäischen Staat oder in den USA, so dass ein Einsatz arzneimittelrechtlich aufgrund fehlender Verkehrsfähigkeit voraussichtlich nicht möglich ist.

Eine Aufnahme von Kindern in ein laufendes Compassionate Use Programm ist nicht möglich, da eine Aufnahme erst ab dem 12. Lebensjahr möglich ist (www.clinicaltrialsregister.eu/ctr-search/trial/2007-000838-39/DE).

Als weitere Therapieansätze werden u. a. Alemtuzumab, weitere Chemotherapeutika (Chlorambucil, Vincristin, Cytarabin, Cyclophosphamid und Etoposid) sowie der Einsatz von Ciclosporin oder Methotrexat als Immunmodulatoren angeführt (Kalac et al., 2007). Die Daten zur Behandlung des idiopathischen HES beruhen dabei auf kleinen Fallserien bzw. Einzelfallberichten.

Für den Einsatz von Suplatast Tosilate (IPD) liegen Einzelfallberichte und kleinere Fallserienberichte vor, aus denen sich Hinweise auf eine Wirksamkeit im Rahmen des idiopathischen HES bzw. eosinophiler Organerkrankungen (eosinophile Gastroenteritis, eosinophile Pneumonie, und auch eosinophile Cystitis) ergeben. Als Nebenwirkungen unter dem Einsatz von IPD® in den zugelassenen Indikationen wird Müdigkeit, Appetitverlust, Fieber, Übelkeit, hepatische Dysfunktionen, Minderung der Urinmenge, generalisierte Schwellung und Atemschwierigkeiten sowie ein nekrotisches Syndrom in einer Information des japanischen RADAr aufgeführt (www.rad-ar.or.jp).

Der Einsatz von Hydroxyurea und Interferon alpha wird in Übersichtsarbeiten als Zweitlinientherapie (nach Steroiden oder zum steroidsparenden Effekt) empfohlen. Hierbei handelt es sich um einen Einsatz außerhalb des zugelassenen Anwendungsgebietes, einen sog. Off-Label-Use.

Zusammenfassend handelt es sich um ein Krankheitsbild, für dessen Behandlung ufgrund der Seltenheit der Erkrankung und der hierdurch begrenzten Datenlage keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen.

Für einige Arzneimittel liegen Wirksamkeitshinweise aufgrund von Einzelfallberichten vor.


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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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