Follikuläres Lymphom

Erstellt am 16 Oct 2015 20:16
Zuletzt geändert: 11 May 2021 10:32

ICD-10 C82.-
EMA: Liste der Arzneimittel, die zur Behandlung des follikulären Lymphoms zugelassen sind.

Achtung:
Ab dem Grad IIIB (WHO) gilt das follikuläre Lymphom als aggressives Lymphom!

Follikuläre Lymphome Grad 1-3A gehören zu den indolenten Lymphomen. Das follikuläre Lymphom in den niedrigeren Malignitätsgraden ist mit ca. 60% der häufigste Vertreter der indolenten Lymphome. Die Therapie und Prognose sind stadienabhängig, die Stadieneinteilung erfolgt nach Ann Arbor in vier Stadien.

Stadium Tumorart
Stadium I Befall einer einzigen Lymphknotenregion (I/N) oder Vorliegen eines einzigen oder lokalisierten extranodalen Herdes (I/E).
Stadium II Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (II/N) oder Vorliegen eines extranodalen Herdes (II/E) und Befall einer oder mehrerer Lymphknotenregionen auf einer Seite des Zwerchfells (II/N/E).
Stadium III Befall von zwei oder mehr Lymphknotenregionen auf beiden Seiten des Zwerchfells (III/N) oder Befall von lokalisierten extranodalen Herden und Lymphknotenbefall, so daß ein Befall auf beiden Seiten des Zwerchfells vorliegt (III/E oder III/N/E).
Stadium III1 subphrenische Lokalisation, beschränkt auf Milz, zöliakale und/oder portale Lymphknoten allein oder gemeinsam
Stadium III2 subphrenische Lokalisation mit Beteiligung paraaortaler, mesenterialer, iliakaler und/oder inguinaler Lymphknoten allein oder gemeinsam
Stadium IV disseminierter Befall eines oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Befall von Lymphknoten.

In weniger als 20% der Fälle wird das follikuläre Lymphom in den frühen Stadien I und II diagnostiziert. Als Standard gilt bislang in dieser Situation die Strahlentherapie, mit der ein langes krankheitsfreies Intervall erreicht und wahrscheinlich bei einem Teil der Patienten eine Heilung erzielt wird.

Patienten im Stadium I oder II sollten einer kurativ intendierten lokalen Strahlentherapie („involved field’) mit einer Gesamtdosis von mindestens 30 Gy zugeführt werden. Nach den bisher publizierten Daten kann in limitierten Stadien follikulärer Lymphome eine 10-Jahres-Rezidivfreiheit bei ca. 35–85% erzielt werden; ca. 85% der Patienten in Stadium I (oder LK <2cm) und lediglich 35% in Stadium II (oder LK > 3-5 cm) sind nach 10 Jahren (weiterhin) krankheitsfrei. Momentan wird in einer Studie getestet, ob eine zusätzliche Gabe von Rituximab zu einer involved field Bestrahlung die Therapieergebnisse verbessert (MIRStudie derGLSG).

Bei der Mehrheit der Patienten (85%) wird die Erkrankung erst in einem fortgeschrittenen Stadium (Stadien III und IV nach Ann Arbor) diagnostiziert. Bei solchen fortgeschrittenen follikulären Lymphomen wird bislang von einer nicht kurativen Situation ausgegangen. Haben die Patienten keine Symptome und nur verhältnismäßig geringe Tumorlast, wird in diesen Fällen daher zunächst eine „Watch and wait“-Strategie verfolgt. Im Hinblick auf das Gesamtüberleben haben Studien gezeigt, dass eine frühzeitige Chemotherapie gegenüber der reinen Beobachtung nicht zu besseren Resultaten führt.
Wenn das follikuläre Lymphom symptomatisch wird, kann mit einer Chemotherapie in den meisten Fällen eine Remission erzielt werden. Standard für die Induktionstherapie bei ‚medically fit’ Patienten ist die Immunchemotherapie, also die Kombination von Rituximab mit einer Chemotherapie.
Standardtherapie mit guter Wirksamkeit und relativ guter Verträglichkeit, vor allem bei jüngeren Patienten, ist R-CHOP. Wegen des Risikos von Kardio- und Neurotoxitztät muss die Indikationsstellung bei älteren Patienten jedoch eine entsprechende Nutzen-Risiko-Abwägung beinhalten.

Bei älteren, "medically non-fit" Patienten kann ggf. eine Radioimmuntherapie (RIT) mit einem Antikörper (Rituximab) sowie mit Yttrium-90-Ibritumomab-Tiuxetan eine therapeutische Alternative zur Immunchemotherapie darstellen. Zudem stellt die orale Chemotherapie eine Therapieoption für diese Patientengruppe dar (z.B. Trofosfamid). Auch eine Rituximab-Monotherapie stellt eine Therapiemöglichkeit mit nachgewiesener Wirksamkeit für diese Patientengruppe dar; allerdings hält das Therapie-Ansprechen in diesen Fällen nur um die 1,5 Jahre an.

Sowohl für die Immunchemotherapie als auch für eine nachfolgende Erhaltungstherapie mit Rituximab (alle 8 Wochen 1 x 375 mg/m2über 2 Jahre) bei Patienten, die auf die Immunchemotherapie angesprochen haben, existieren Belege für eine signifikante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens.

Die Krankheit rezidiviert in der Regel, kann letztendlich refraktär werden oder in ein aggressives Lymphom transformieren.

Der Stellenwert der myeloablativen Hochdosistherapie mit nachfolgender autologer Stammzelltransplantation (ASCT) ist derzeit außerhalb von klinischen Studien in erster Remission nicht gesichert. Es wird daher empfohlen, die myeloablative Therapie mit nachfolgender ASCT nur im Rahmen von klinischen Studien durchzuführen.

Siehe auch:

Beitrag "PET bei follikulärem Lymphom" in diesem Wiki
Beitrag "PET bei Lymphom" in diesem Wiki
Beitrag "PET bei indolenten Lymphomen" in diesem Wiki
ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up of newly diagnosed and relapsed follicular lymphoma (last update August 2016)
Leitlinienprogramm Onkologie.de: Follikuläres Lymphom
Lymphome.de: Follikuläres Lymphom (FL)
MLL Münchner Leukämielabor: Follikuläres Lymphom (FL)
Kompetenznetz Maligne Lymphome e.V.
Onkopedia zum follikulären Lymphom
Oncology-Guide- Deutscher Verlag für Gesundheitsinformation: Follikuläres Lymphom


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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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