Diabetes und Versorgung

Erstellt am 30 Aug 2021 11:14
Zuletzt geändert: 31 Aug 2021 14:04

G-BA und BAS

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) erlässt Richtlinien, die die Anforderungen an DMPs festlegen:

Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS; es hieß bis zum 31.12.2019 Bundesversicherungsamt) muss DMP zulassen.

Geschichte:

Ein wichtiges Element in der Vorgeschichte der DMPs war wahrscheinlich die so genannte Ottawa-Charter der WHO.

Mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (4. RSA-ÄndV) vom 27. Juni 2002 fiel in Deutschland der Startschuss für das erste DMP für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2.
Die ersten "Sonderverträge" für Diabetespraxen wurden in WL schon ab 1995 vereinbart. Die regionalen Vertragspartner (auf der einen Seite die KV WL, auf der anderen Seite zunächst nur einige gesetzliche Krankenversicherungen) waren sich darin einig, dass die in einer Diabetespraxis angebotenen spezifischen Leistungen der Patientenversorgung ("sprechende Medizin") mit den dafür erforderlichen nicht-ärztlichen Fachkräften (zunächst Diabetesberater/innen, im weiteren Verlauf Diabetesassistenten/innen) durch die "normale" Vergütung nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) nicht kostendeckend abgebildet werden konnten und es deshalb erforderlich war, die Infrastruktur einer Dia­betespraxis neben der EBM-Vergütung durch Sonderverträge zu finanzieren.
… Am 11. März 2011 wurden im DÄB in einem Artikel Daten vom Wissenschaftlichen Institut der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) publiziert. Dafür wurden Routinedaten der TK aus den Jahren 2006 – 2008 ausgewertet. Die Autoren kamen zu dem Ergebnis, dass die DMP-Teilnehmer im Vergleich zu Nicht-Teilnehmern in allen untersuchten Quartalen mehr Arzneimittelverordnungen eingelöst, häufiger niedergelassene Ärzte kontaktiert und mehr Leistungen nach Einheitlichem Bewertungsmaßstab (EBM) in Anspruch genommen hatten. Sie beurteilten das SMP als nicht effektiv.

(Siehe Diabetologie Online vom 10.05.2021)

Diabetisches Fußsyndrom und Amputationen

Public Health England figures show increasing numbers of amputations due to diabetes.

Seit 2001 werden mittlerweile ca. 70 Prozent der Diabetiker in DMP betreut (nach Angaben der KV Nordrhein), und es erhalten mittlerweile ca. vier Prozent von ihnen podologische Behandlung (nach GEK-Daten). Seither ist – zum Beispiel bei den 2,1 Millionen Versicherten der AOK Westfalen-Lippe – die Zahl der Oberschenkelamputationen um die Hälfte zurückgegangen (von ca. 600 auf ca. 300 pro Jahr, bei annähernd gleicher Zahl an Unterschenkelamputationen von ca. 300 pro Jahr). Diesen Erfolg können Podologen und Diabetes-Fußambulanzen für sich reklamieren, die – als integraler Bestandteil der DMP – bereits bei Gefährdungspotenzial tätig werden (die Ergebnisse der chirurgischen Therapie des diabetischen Fußsyndroms sind nicht viel besser als früher).
(Dtsch Arztebl 2009; 106(44): A-2195 / B-1884 / C-1844)

Presse:

Der von der TK veröffentlichten Erkenntnis, dass das DMP Dia­betes mellitus Typ 2 bisher nicht ausreichend effektiv wäre, stehen Publikationen von anderen Krankenkassen gegenüber, die für ihre Versicherten mit DMP-Teilnahme sehr wohl Vorteile sehen. Nur die Krankenkassen selbst können die Daten von Patienten mit und ohne Einschreibung in einem DMP direkt miteinander vergleichen, denn nur sie verfügen über diese Daten.

Die Adipositastherapie verfolgt neben einer Gewichtsreduktion auch eine Verbesserung, allenfalls sogar Remission der kardiovaskulären Risikofaktoren und des Diabetes sowie eine Zunahme der Lebensqualität. Zumindest kurzfristig können die Ziele auch mit einem multidisziplinären konservativen Ansatz erreicht werden. Mit den bariatrischen Interventionen werden auch langfristig gute Erfolge erzielt.
Wichtiger als die Normalisierung des HbA1c könnte es sein, dass der Körper die überschüssige Glukose definitiv loswird, da diese proinflammatorisch wirkt.
Zu viel Zucker ist schädlich für den Körper. Den indirekten Beweis dafür liefern die SGLT2-Inhibitoren (SGLT2-I), deren Einsatz über die antidiabetische Therapie hinaus in der Herzinsuffizienzbehandlung diskutiert wird. Hauptverantwortlich für die Wirkung der SGLT2-I bei Patienten mit Diabetes mellitus und Prädiabetes scheint die vermehrte Ausscheidung von Glukose mit dem Urin zu sein.
Die Insulinresistenz, die Glukosurie und die abnehmende Insulinproduktion, die im Rahmen eines Diabetes mellitus auftreten, könnten aus Sicht des Spezialisten eine Reaktion sein, um den Körper vor zu viel Glukose und vor der Glukotoxizität zu schützen.
Die aktuellen Behandlungsstrategien bei Diabetes richten sich nach dem HbA1c. Dieses zeigt aber lediglich an, wie viel Glukose sich in der Zirkulation befindet. Wo die Glukose gespeichert wird und mit welchen Konsequenzen, wird an Komorbiditäten wie Adipositas, Nephro- oder Retinopathien etc. sichtbar. Zukünftige Behandlungsstrategien sollten deshalb stärker darauf fokussieren, mit welchen Mitteln die HbA1c-Werte normalisiert werden. «Im Unterschied zur Insulintherapie wird der Körper durch die Einnahme von GLP-1-Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) und SGLT2-I vor der schädlichen Wirkung von Glukose geschützt», sagte Donath.

Dem Bericht zufolge haben 2019 knapp 400.000 an Diabetes erkrankte AOK-Versicherte (12,5 Prozent der Diabetes-Patienten) von einem Arzt eine Behandlung des Fußes in einer podologischen Praxis verordnet bekommen oder – bei schwerwiegenden Schäden – eine solche Behandlung bei einem Arzt in Anspruch genommen. Eine podologische Behandlung in podologischen Heilmittelpraxen erhielten im Jahr 2019 insgesamt mehr als 372.000 AOK-versicherte Diabetes-Patienten an zusammen etwa 2,67 Millionen Terminen. Von den 75- bis 89-jährigen Diabetes-Patienten unterzogen sich 15 Prozent einer podologischen Therapie.
Der Berliner Diabetologe Thomas Scholz sieht in DMP eingeschriebene Patienten sogar „deutlich besser versorgt als so manche Privatpatienten“. „Das DMP gibt die sinnvollen Kontrollintervalle vor und diese regelmäßigen Kontrollen haben einfach große Vorteile“, sagt Scholz mit Blick auf Patienten, die „sich nicht krankheitsgemäß verhalten“. „Wir haben häufig Bagatellschäden vor der Praxis durch Fehler beim Einparken als Folge tauber Füße.“ In solchen Fällen habe er Fahrverbot erteilt und geraten, „notfalls sich einmal ein Taxi zu leisten.“ Ein Fahrverbot sei unumgänglich.
Der Artikel enthält einen Verweis auf einen Leitfaden "DMP erfolgreich umsetzen" der AOK, der aber leider nicht funktioniert.

Diesem Bericht kann entnommen werden, dass 2005 eine Korrelation zwischen Schulungsteilnahme der Diabetiker und Entwicklung der HBA1c-Werte im Rahmen des DMP nicht bestand.


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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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