Post-Covid: Symptome & Störungsbilder

Erstellt am 29 Oct 2022 11:32
Zuletzt geändert: 03 Mar 2023 09:52

Allgemein

Die biomedizinische Forschung hat erhebliche Fortschritte bei der Identifizierung verschiedener pathophysiologischer Veränderungen und Risikofaktoren sowie bei der Charakterisierung der Krankheit gemacht; darüber hinaus haben Ähnlichkeiten mit anderen durch Viren ausgelösten Krankheiten wie der Myalgischen Enzephalomyelitis/dem Chronischen Müdigkeitssyndrom und dem Posturalen Orthostatischen Tachykardie-Syndrom die Grundlage für die Forschung auf diesem Gebiet geschaffen. In dieser Übersichtsarbeit wird die aktuelle Literatur untersucht und werden die wichtigsten Ergebnisse herausgestellt, …

  • Astin R, Banerjee A, Baker MR, Dani M, Ford E, Hull JH, Lim PB, McNarry M, Morten K, O'Sullivan O, Pretorius E, Raman B, Soteropoulos DS, Taquet M, Hall CN. Long COVID: mechanisms, risk factors and recovery. Exp Physiol. 2023 Jan;108(1):12-27. doi: 10.1113/EP090802. Epub 2022 Nov 22. PMID: 36412084.

Anschließend wird erörtert, wie eine Schlüsselkomponente der Leistungsüberwachung in aktiven Bevölkerungsgruppen, das kardiopulmonale Bewegungstraining, lange COVID-bedingte Veränderungen in der Physiologie aufgedeckt hat - einschließlich Veränderungen der peripheren Muskelfunktion, ventilatorischer Ineffizienz und autonomer Dysfunktion. Das Wesen und die Auswirkungen der Dysautonomie werden im Zusammenhang mit dem posturalen orthostatischen Tachykardiesyndrom, der Müdigkeit und den Behandlungsstrategien, die darauf abzielen, die Überaktivierung des Sympathikus durch Stimulierung des Vagusnervs zu bekämpfen, weiter diskutiert.

Die Mechanismen, die den langwierigen COVID-Symptomen zugrunde liegen, werden erörtert, wobei der Schwerpunkt auf der gestörten Sauerstoffzufuhr aufgrund von Mikrogerinnseln und der Störung des zellulären Energiestoffwechsels liegt,

Eine Arbeitsgruppe aus Köln führte in ihrer Post-COVID-Ambulanz eine große prospektive Kohortenstudie mit 958 Patient*innen durch… (nur rund 2,4 % hospitalisiert) … Die häufigsten berichteten Symptome zu allen Zeitpunkten waren Anosmie, Ageusie, Fatigue und Dyspnoe. Nach 7 Monaten litten noch 123 der 958 Patient*innen (12,8 %) unter mindestens einem Symptom. …

Wenn kognitive Funktionsstörungen, Depressionen, Müdigkeit in Verbindung mit Schmerzen des Bewegungsapparats, Unwohlsein nach der Anstrengung, Schlafstörungen oder orthostatische Intoleranz vorliegen, könnte Long Covid mit myalgischer Enzephalomyelitis, chronischer Müdigkeit oder Fibromyalgie verwechselt werden. Obwohl die Pathophysiologie dieser Erkrankungen unklar ist, gibt es Hinweise darauf, dass Virusinfektionen zu den Ursachen beitragen könnten. In der Tat können sie sich nach infektiöser Mononukleose/ Drüsenfieber, verursacht durch das Epstein-Barr-Virus, sowie nach dem Schweren Akuten Respiratorischen Syndrom (SARS) und dem Middle East Respiratory Syndrom (MERS) entwickeln, die durch β-Coronaviren verursacht werden, die eng mit SARS-CoV-2 verwandt sind (14).
Long Covid kann als ein postvirales Syndrom ähnlicher Art betrachtet werden.
Folgende pathophysiologische Mechanismen werden diskutiert:
1. Viruspersistenz (Expression von SARS-CoV-2-RNA in der Darmschleimhaut wurde nachgewiesen).
2. Eine unvollständige Heilung früher entzündlicher oder thrombotischer Läsionen, die durch das Virus ausgelöst wurden (endothelialer Schaden).
3. Dysregulation des Immunsystems / Autoimmunität (Nachweis einer Vielzahl von Autoantikörpern im Serum von COVID-19-Patienten).

Long-/Post-Covid-Syndrom: Genesen heißt nicht gesund (Springermedizin-Volltext)

Immunphänomene und -Befunde

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Auswirkungen der akuten Phase auf die lange COVID teilweise durch neurotoxische Wege vermittelt werden, die auf eine erhöhte NLRP3-Aktivität, Entzündung, nitro-oxidativen Stress, erhöhte Insulinresistenz und einen verminderten Kalziumspiegel zurückzuführen sind. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Entzündungsreaktion während der akuten Infektion und ein erhöhter nitro-oxidativer Stress, eine milde chronische Entzündungsreaktion, eine verringerte antioxidative Abwehr und ein niedriger Kalziumspiegel neue medikamentöse Angriffspunkte sind, um die Entwicklung von physio-affektiven Symptomen sowohl in der akuten als auch in der chronischen Phase zu verhindern.

Gastrointestinale Symptome

Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Verstopfung, Blähungen, saurer Reflux und/oder gastrointestinale Blutungen.

Neuauftreten eines Diabetes mellitus

Kardiologische Symptome

  • Puntmann VO, Martin S, Shchendrygina A, Hoffmann J, Ka MM, Giokoglu E, Vanchin B, Holm N, Karyou A, Laux GS, Arendt C, De Leuw P, Zacharowski K, Khodamoradi Y, Vehreschild MJGT, Rohde G, Zeiher AM, Vogl TJ, Schwenke C, Nagel E. Long-term cardiac pathology in individuals with mild initial COVID-19 illness. Nat Med. 2022 Oct;28(10):2117-2123. doi: 10.1038/s41591-022-02000-0. Epub 2022 Sep 5. PMID: 36064600; PMCID: PMC9556300.

In dieser Studie haben wir bei einer ausgewählten Gruppe von Personen mit Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) ohne vorherige Herzerkrankung oder nennenswerte Begleiterkrankungen serielle Herzuntersuchungen durchgeführt, indem wir Biomarker für Herzschäden oder -funktionsstörungen im Blut gemessen und eine Magnetresonanztomographie durchgeführt haben. Baseline-Messungen bei 346 Personen mit COVID-19 (52 % Frauen) wurden im Median 109 Tage (Interquartilsbereich (IQR), 77-177 Tage) nach der Infektion durchgeführt, als 73 % der Teilnehmer über kardiale Symptome berichteten, wie z. B. Belastungsdyspnoe (62 %), Herzklopfen (28 %), atypische Brustschmerzen (27 %) und Synkopen (3 %). Symptomatische Personen hatten im Vergleich zu asymptomatischen Personen höhere Herzfrequenzen und höhere Bildgebungswerte oder Kontrastmittelanreicherungen, die auf eine entzündliche Herzbeteiligung hindeuten. … Bei der Nachuntersuchung (329 Tage (IQR, 274-383 Tage) nach der Infektion) hatten 57 % der Teilnehmer anhaltende kardiale Symptome. Das diffuse Myokardödem war bei den Teilnehmern, die bei der Nachuntersuchung weiterhin Symptome aufwiesen, ausgeprägter als bei denen, bei denen sich die Symptome verbesserten. Das weibliche Geschlecht und die diffuse Myokardbeteiligung in der Ausgangsuntersuchung sagten unabhängig voneinander das Vorhandensein von Herzsymptomen bei der Nachuntersuchung voraus. Eine anhaltende entzündliche Herzbeteiligung kann zumindest teilweise die anhaltenden Herzsymptome bei zuvor gesunden Personen mit einer leichten COVID-19-Ersterkrankung erklären.

The risk of developing myocarditis and other inflammatory heart conditions after COVID-19 vaccination is substantially lower than it is after SARS-CoV-2 infection, according to an analysis of electronic health records from 40 US health systems.
JAMA Volltext

Thrombosen

Recovered COVID-19 patients presented a higher risk of incident PE (HR: 3.16, 95% CI: 2.63-3.79, I2 = 90.1%) and DVT (HR: 2.55, 95% CI: 2.09-3.11, I2: 92.6%) compared to non-infected patients from the general population over the same follow-up period. Meta-regression showed a higher risk of PE and DVT with age and with female gender, and lower risk with longer follow-up. Recovered COVID-19 patients have a higher risk of VTE events, which increase with aging and among females.

Neuopsychiatrische Symptome inklusive postvirales Erschöpfungssyndron / ME

Expertenmeinung
"Dies ist eine gut konzipierte, große Studie mit geeigneten Kontrollen, die eine Zunahme neurologischer Komplikationen bei hospitalisierten und nicht hospitalisierten Patienten mit COVID-19 12 Monate nach Beginn der Infektion zeigt. Die lange Nachbeobachtungszeit, der große Stichprobenumfang und der syndromische Ansatz im Gegensatz zur symptombasierten Charakterisierung der Patienten machen diese Studie einzigartig." Avindra Nath, National Institute of Neurological Disorders and Stroke, Bethesda, MD, USA.

Bei Patienten mit kognitiven Symptomen im Zusammenhang mit langer COVID können bildgebende Verfahren des Gehirns und neuropsychologische Tests in Betracht gezogen werden, wenn dies erforderlich ist, um diese Symptome von anderen Ursachen zu unterscheiden, oder wenn die Symptome so schwerwiegend sind, dass sie zu einer Beeinträchtigung der beruflichen oder sozialen Funktion führen. Es sollte eine Überweisung an einen Neurologen zur professionellen Beurteilung und Behandlung erfolgen.

Müdigkeit ist ein schwer zu definierendes Symptom, das im Allgemeinen unspezifisch ist, subjektive Merkmale aufweist und schwer objektiv zu bewerten ist. Um den Grad der Müdigkeit bei Patienten, die über Müdigkeit klagen, zu beurteilen, können Ärzte eine Müdigkeitsschwere-Skala (FSS) anwenden.
Werden bei diesen Untersuchungen keine organischen Anomalien festgestellt, wird empfohlen zu prüfen, ob die Kriterien für ein chronisches Müdigkeitssyndrom erfüllt sind.

Bei ME/CFS handelt es sich um eine zumeist infektinduzierte, in der Regel lebenslang persistierende neuroimmunologische Erkrankung mit mindestens 6 Monate anhaltender Fatigue und dem definierenden Kernmerkmal der Belastungsintoleranz („post-exertional malaise“ [PEM]). Darunter versteht man eine nach (auch leichter) Alltagsanstrengung auftretende Verschlechterung der Beschwerden, die meist erst nach mehreren Stunden oder am Folgetag einsetzt, mindestens 14 h nach Belastung noch spürbar ist und oft mehrere Tage (bis Wochen oder länger) anhält.
Die Diagnose ME/CFS wird anhand etablierter internationaler Diagnosekriterien klinisch gestellt und erfordert zum Ausschluss anderer Diagnosen eine sorgfältige Stufendiagnostik.
Die Prävalenz von ME/CFS ist schwer zu schätzen … Laut (vorpandemischen) epidemiologischen Daten aus den Vereinigten Staaten dürften 0,4 % der Bevölkerung von ME/CFS betroffen sein. Demnach wäre für das (vorpandemische) Deutschland von mehr als 250.000 Betroffenen auszugehen … Rechnet man die in verschiedenen Studien ermittelten Raten an Post-COVID-Verläufen, die die ME/CFS-Diagnosekriterien erfüllen, auf die Gesamtbevölkerung um, so muss in den nächsten Jahren mindestens mit einer Verdopplung der Zahl der von ME/CFS Betroffenen in Deutschland gerechnet werden.
Schlüsselaspekt von ME/CFS …[ist/sind] pathologische Reaktion auf Belastungen… Bei über zwei Drittel der von ME/CFS Betroffenen lässt sich ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Symptombeginn und einer Infektionskrankheit feststellen.
Nach den verfügbaren Evidenzen handelt es sich bei ME/CFS um eine Multisystemerkrankung mit Dysregulation des Immunsystems, des autonomen Nervensystems, des Gefäßsystems und des zellulären Energiestoffwechsels.
Psychosomatische Hypothesen zur Ätiopathogenese sind heute nicht mehr haltbar. Patient*innen mit nach stringenten Diagnosekriterien diagnostizierter ME/CFS weisen durchgängig pathobiologisch auffällige Befunde auf, …
Immundysregulation bei ME/CFS… Autoantikörpern gegen bestimmte G‑Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) des Gefäß‑, Immun- und Nervensystems, die sich bei einem Teil der Patient*innen nachweisen lassen.
Durch einen präventiven Lebensstil mit individuell passender „Pacing“-Strategie … sowie angemessener medizinischer und sozialer Unterstützung kann es langfristig zu einer Stabilisierung der Symptome kommen. Bei etwa 40 % der Betroffenen verbessert sich der klinische Zustand im langjährigen Verlauf. Etwa 60 % der Betroffenen bleiben jedoch aufgrund von erkrankungsbedingter Behinderung arbeitsunfähig.

Von den SARS-CoV-2-positiven Teilnehmern (n = 767) hatten … 52,1 % … anhaltende Symptome und galten als chronifiziert. Personen mit einer Chronifizierung der Symptome hatten eine erhöhte Inanspruchnahme von Gesundheitsressourcen, eine stärkere Inanspruchnahme von Behandlungen, mehr funktionelle Beeinträchtigungen und eine schlechtere Lebensqualität. Das Vorhandensein mehrerer Symptome bei der Untersuchung und Konzentrationsschwierigkeiten nach 7 Monaten waren mit einer Chronifizierung der Symptome verbunden. COVID-19-Patienten entwickeln einen Zustand nach der COVID-Erkrankung in unterschiedlichem Ausmaß und von unterschiedlicher Dauer. Personen mit einer Chronifizierung der Symptome haben langfristige Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand, ihre Funktionsfähigkeit und ihre Lebensqualität, was eine besondere Aufmerksamkeit, eine intensivere Betreuung und eine frühzeitige Identifizierung unter Berücksichtigung der damit verbundenen Prädiktoren erfordert.

Kernsymptome des Post-COVID-Syndroms umfassen Atemnot, Fatigue und kognitive Dysfunktion, welche das alltägliche Funktionsniveau beeinflussen. Neuropsychiatrische Spätfolgen sind bei COVID-19-Patienten mit Inzidenzraten von über 30 % häufig. Neben den genannten Kernsymptomen zeigen Schlafstörungen, Depression und Angsterkrankungen erhöhte Inzidenzen.
Nach gegenwärtiger Meinung werden assoziierte neuropsychiatrische Symptome sowohl unter dem Begriff Post-COVID-Syndrom subsumiert, aber auch als Komorbiditäten interpretiert, welche die Manifestation eines Post-COVID-Syndroms begünstigen können.
So zeigt das Kernsymptom Fatigue Symptomüberlappung und Komorbidität mit psychischen Erkrankungen. Bildgebungsstudien deuten auf ein organisches Korrelat der Fatigue bei Post-COVID-Patienten hin, darüber hinaus wurden psychosoziale Aspekte und psychiatrische Komorbiditäten wie Depression und Angsterkrankungen als modulierende und damit potenziell behandelbare Faktoren identifiziert.
Die Therapie der Fatigue umfasst neben dem pharmakologischen Management mit u. a. Stimulanzien und Antidepressiva auch nichtpharmakologische Strategien, hier vor allem die kognitive Verhaltenstherapie sowie körper- und bewegungsfokussierte Interventionen. Die Evidenz hierfür erwächst aus Metaanalysen bei tumorassoziierter oder postviraler Fatigue.

Ein kleinerer Teil der Studien versuchte, die neurokognitiven Einschränkungen zu objektivieren. Hierbei wurde häufig der MoCA (Montreal Cognitive Assessment) als globaler kognitiver Funktionstest eingesetzt.
Hierbei zeigten sich in einer großen Stichprobe aus dem Vereinigtem Königreich bei 17 % der initial hospitalisierten COVID-19-Patienten nach 6 Monaten auffällige MoCA-Werte (in dieser Studie als < 23 Punkte definiert). Diese waren ähnlich über alle Schweregrade der COVID-19-Erkrankungen verteilt. Eine italienische Studie fand jeweils ca. 28 % auffällige MoCA-Werte (< 26 Punkte) nach 3 und 6 Monaten sowie 16 % auffällige MoCA-Werte 12 Monate nach Entlassung aus intensivmedizinischer Behandlung. Eine französische Studie berichtete in 38 % der Fälle auffällige MoCA-Werte (< 25 Punkte) 4 Monate nach stationärer Behandlung.
In einer britischen Studie mit 81.000 Teilnehmenden zeigten sich kognitive Einschränkungen über alle Schweregradgruppen der Erkrankung, von „hospitalisiert und beatmet“ bis hin zu Betroffenen mit milden Verläufen ohne respiratorische Symptome. Es fand sich eine deutliche Abstufung zwischen Schweregraden, wobei die Gruppe der ehemals Schwerstkranken die deutlichsten kognitiven Defizite aufwies. Die Defizite in der Gruppe der mild Erkrankten waren zwar klein (−0,23 Standartabweichungen), jedoch signifikant. …
In einer weiteren Studie mit 155 Genesenen, die subjektiv keine anhaltenden Beschwerden nach COVID-19 angaben, zeigten sich dennoch Defizite in Daueraufmerksamkeit und episodischem Gedächtnis, jedoch keine Schwierigkeiten in der kurzzeitigen Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis oder Exekutivfunktion. Diese Ergebnisse sind besonders interessant, weil sie eine Unabhängigkeit der kognitiven Defizite von Symptomen wie Fatigue zeigen. Zusätzlich deuteten sich in diesen Daten Hinweise zum Verlauf der kognitiven Symptomatik an: Bei Probanden ohne anhaltenden Beschwerden nach COVID-19, zeigten sich mehr als 9 Monate nach der der Infektion keine Defizite mehr.
Während manche Daten andeuten, dass kognitive Einschränkungen bei Long-COVID reversibel sein können, zeigen andere Ergebnisse, dass die Defizite bei manchen Betroffenen persistieren und sich im zeitlichen Verlauf sogar verschlechtern können. Gegenwärtig existiert keine kausale medikamentöse Therapie. Die deutsche S1-Leitlinie gibt Empfehlungen zur symptomorientierten Therapie der verschiedenen Beschwerdebereiche. Bei Hinweisen auf eine autoimmune neurokognitive Manifestation mit Autoantikörpernachweis können immunologisch orientierte Therapien zum Einsatz kommen. Rehabilitative Programme beinhalten ergotherapeutisches kognitives Training sowie beschwerdeangepasste körperliche Aktivierung.

Das seit Jahrzehnten bekannte und umstrittene Chronic Fatigue Syndrome, wofür bis heute, trotz zweifellos im Einzelfall, schwerwiegender subjektiver Beeinträchtigung, keine objektiven Nachweise bestehen, hat seit zwei Jahren im Rahmen der COVID-19-Erkrankung außerordentliche Parallelen im Long- und Post-COVID-Syndrom gefunden. Frühere Diskussionen über eine mögliche Virusgenese sind dadurch wieder aktuell geworden, sodass die Annahme einer rein seelischen Störung nicht mehr überzeugt…

Ziel dieser Kohortenstudie war, das Risiko bei stationären COVID-19-Patienten und bei stationären Patienten mit anderen infektiösen Atemwegserkrankungen zu vergleichen.
In dieser Kohorte mit Daten von 8,38 Millionen britischen Erwachsenen (4,18 Millionen Frauen, 4,20 Millionen Männer; mittleres Alter 49,18 Jahre) wurden 16.679 (0,02%) nach einer Krankenhausaufnahme wegen infektiöser Atemwegserkrankungen als geheilt entlassen. Das galt auch für 32.525 (0,03%) stationäre COVID-19-Patienten.
Im Vergleich zur übrigen Bevölkerung hatten Überlebende beider Gruppen ein höheres Risiko für nachfolgende neuropsychiatrische Diagnosen. So lag die HR für Angstzustände in der Gruppe ehemaliger Patienten mit sonstigen infektiösen Atemwegserkrankungen bei 1,86 (95%-KI 1,56-2,21) und bei ehemaligen COVID-19-Patienten bei 2,36 (95%-KI 2,03-2,74); als HR für eine Demenz nennen die Autoren 2,55 (95%-KI 2,17-3,00) bzw. 2,63 (95%-KI 2,21-3,14).
Ähnliche Ergebnisse wurden für Pharmakotherapien beobachtet. Beispielsweise lag die HR für die Erstverschreibung von Antidepressiva bei 2,55 (95%-KI 2,24-2,90) bzw. bei 3,24 (95%-KI 2,91-3,61). Beim direkten Vergleich der COVID-19-Gruppe mit der Gruppe anderer Atemwegsinfektionen wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt, abgesehen von einem geringeren Risiko der Verschreibung von Antipsychotika in der COVID-19-Gruppe (HR 0,80; 95%-KI 0,69-0,92).
Personen, die eine stationäre Behandlung wegen infektiöser Atemwegserkrankungen oder schwerem COVID-19 überleben, haben ein erhöhtes Risiko für neuropsychiatrische Folgeerkrankungen.


Artikel zum Thema Covid-19 auf Wikidot



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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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