Post Covid: Schadensbilder - Befunde

Erstellt am 29 Oct 2022 11:46
Zuletzt geändert: 10 Mar 2023 16:31

Generelles zu Pathomechanismen *

Die biologischen Grundlagen, die für die Entwicklung der langen COVID-19-Symptome verantwortlich sind, sind noch nicht geklärt. Eine Hypothese für die Pathophysiologie von langem COVID-19 ist, dass es sich um eine Fortsetzung des akuten Krankheitsendotyps handelt, d. h. um eine direkte und anhaltende virale Aktivität, die zu Zellschäden, Endothelitis und immunvermittelter Mikrothrombose führt. Dysregulation der Immunantwort, anhaltende Aktivierung eines hyperinflammatorischen Zustands und autoimmunvermittelte Organdysfunktion im Zusammenhang mit der Entwicklung von Antigen-Antikörper-Komplexen oder Mastzellenaktivierung sind weitere plausible Mechanismen, die die Symptome von Long-COVID-19 erklären könnten.

Viruspersistenz

  • Normandin E, Rudy M, Barkas N, Schaffner SF, Levine Z, Padera RF Jr, Babadi M, Mukerji SS, Park DJ, MacInnis BL, Siddle KJ, Sabeti PC, Solomon IH. High-depth sequencing characterization of viral dynamics across tissues in fatal COVID-19 reveals compartmentalized infection. Nat Commun. 2023 Feb 2;14(1):574. doi: 10.1038/s41467-022-34256-y. PMID: 36732505; PMCID: PMC9894515. (Nature-Volltext)

Die Autoren untersuchten die Persistenz von Coronaviren in verschiedenen Geweben. Sie analysierten mit hochauflösenden SARS-CoV-2-Sequenzierungen und -Genanalysen die Viruslast in 120 verschiedenen Gewebeproben von 6 an Lungen- oder Multiorganversagen verstorbenen Patienten mit Covid-19 (50-68 Jahre alt, 2 Frauen, 4 Männer).
Virale RNA ließ sich bei allen Probanden in verschiedenen extrapulmonalen Geweben nachweisen, wobei das Ausmaß des Organbefalls individuell sehr unterschiedlich war. Die Viruslast in der Lunge war bei allen Infizierten am höchsten.
Mit einer Ausnahme hatten alle Verstorbenen auch virusfreie Organe. Eine längere Krankheitsdauer von den ersten Symptomen bis zum Tod war insgesamt mit einer geringeren Viruslast assoziiert.
Insbesondere Virenreservoirs im Hoden halten die Forschenden für bedenklich, da es sich um ein immunprivilegiertes Organ handelt und die Viren hier möglicherweise dem Immunsystem entgehen. Somit könnten hier ähnlich wie bei Infizierten mit Immunsuppression neue, möglicherweise gefährlichere Varianten entstehen. Auch eine Reaktivierung der Erkrankung ist bei Viruspersistenz in verschiedenen Kompartimenten denkbar.
Fazit: SARS-CoV-2 kann Reservoirs in verschiedenen Organen bilden.

Virusreaktivierung

Chronische Entzündungsreaktion

Eine Untergruppe von Patienten hat nach einer leichten bis mittelschweren Coronavirus-Erkrankung 2019 (COVID-19) lang anhaltende Symptome. In einer prospektiven Beobachtungs-Kohortenstudie wurden bei 42 Patienten mit post-COVID-19-Syndrom (29 weiblich/13 männlich, mittleres Alter 36,5 Jahre), die sechs Monate nach COVID-19 an anhaltender mittlerer bis schwerer Müdigkeit und Belastungsintoleranz litten, klinische und Laborparameter analysiert. Als Vergleichsgruppe wurde eine alters- und geschlechtsgleiche Kohorte von Patienten mit Nicht-COVID-19-myalgischer Enzephalomyelitis/chronic Fatigue Syndrom untersucht. Die meisten Patienten mit post-COVID-19-Syndrom waren im täglichen Leben mäßig bis stark beeinträchtigt. 19 Post-COVID-19-Syndrom-Patienten erfüllten die Kanadischen Konsenskriterien für myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Müdigkeitssyndrom von 2003. Der Schweregrad der Erkrankung und die Symptombelastung waren bei Patienten mit post-COVID-19-Syndrom/myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Müdigkeitssyndrom ähnlich wie bei Patienten mit myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Müdigkeitssyndrom ohne COVID-19-Syndrom. Die Handgriffstärke war bei den meisten Patienten im Vergleich zu normalen Werten (Werten bei Gesunden) vermindert. Die Assoziation der Handgriffstärke mit Hämoglobin, Interleukin 8 und C-reaktivem Protein bei Patienten mit post-COVID-19-Syndrom ohne myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Erschöpfungssyndrom und mit Hämoglobin, N-terminalem Prohormon des natriuretischen Peptids (NT-proBNP), Bilirubin und Ferritin bei Patienten mit post-COVID-19-Syndrom/myalgischer Enzephalomyelitis/chronischem Erschöpfungssyndrom könnte auf eine niedriggradige Entzündung und Hypoperfusion als mögliche Pathomechanismen hinweisen.

Autoimmunität, Autoantikörper

Dazu Kommentar auf Gelbe Liste Online:
Autoantikörper gegen Hirnepitope sind bei Post/Long-Covid-PatientInnen weit verbreitet und stehen in engem Zusammenhang mit pathologischen kognitiven Screening-Tests, insbesondere wenn sie im Liquor gefunden werden. Mehrere zugrundeliegende Autoantigene müssen erst noch experimentell identifiziert werden.
Die Ergebnisse würden deuten darauf hin, dass bei den Betroffenen, bei denen antineuronale Antikörper nachweisbar sind, autoimmune Mechanismen möglicherweise zur Entwicklung kognitiver Einschränkungen nach Covid-19 beitragen. Obwohl derzeit noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Autoantikörper ursächlich für die eingeschränkte Gehirnfunktion oder lediglich eine Begleiterscheinung sind, könnten die Ergebnisse bei PatientInnen mit Autoantikörpern in Einzelfällen einen immuntherapeutischen Therapieansatz rechtfertigen.

Die klinische Manifestation der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) betrifft vor allem die Lunge als primär betroffenes Organ, die auch ein kritischer Ort für die Aktivierung von Immunzellen durch das schwere akute respiratorische Syndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) ist. Jüngste Berichte deuten jedoch darauf hin, dass auch extrapulmonale Gewebe an der COVID-19-Pathologie beteiligt sind. Das Zusammenspiel von angeborenen und adaptiven Immunreaktionen ist der Schlüssel zur Behandlung von COVID-19. Eine robuste angeborene Immunreaktion stellt die erste Verteidigungslinie dar, während die adaptive Immunität die Infektion neutralisiert und ein Gedächtnis für den Langzeitschutz aufbaut. Eine dysregulierte Immunität, sowohl die angeborene als auch die adaptive, kann jedoch sowohl in akuten als auch in chronischen Fällen zu einer Immunpathologie führen. Hier haben wir einige der jüngsten Erkenntnisse zusammengefasst, die einen entscheidenden Einblick in die durch SARS-CoV-2 verursachte Immunpathologie in akuten und postakuten Fällen geben. Abschließend erörtern wir einige immunmodulatorische Medikamente, die sich in präklinischen und klinischen Studien zur Dämpfung der durch COVID-19 verursachten Immunpathologie befinden.
… In Langzeitstudien wurde bei Patienten eine anhaltende Erhöhung der Typ-I- und Typ-III-IFNs bis zu 8 Monate nach der Infektion festgestellt.
… myeloische Zellen können zu kognitiven Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit Post-Covid beitragen, die typischerweise als "Brain Fog" bezeichnet werden.
Chemokine wie CXCL-9, CXCL-10 und CXCL-11 sind bei Post-Covid-Patienten auch dann erhöht, wenn keine aktive Infektion vorliegt.
Neben einer übermäßigen Immunsystem-Aktivierung kann auch eine Hemmung der regulatorischen Aktivitäten zu chronischen Krankheiten beitragen. Es wurde festgestellt, dass die Expression von Notch4 auf TREG-Zellen mit dem Schweregrad der Erkrankung korreliert und die Auflösung der Entzündung und die amphiregulinabhängige Gewebereparatur behindert.
Obwohl die direkten Mechanismen noch untersucht werden, deuten Untersuchungsergebnisse darauf hin, dass Auto-Agenten die Langzeitsymptome verursachen, wobei IFNα-2-Auto-Antikörpern eindeutig mit pulmonalen Folgeerscheinungen korreliert sind.

  • Thurner L, Fadle N, Regitz E, Preuss KD, Neumann F, Cetin O, Schormann C, Hoffmann MC, Herr C, Kheiroddin P, Rixecker TM, Bals R, Muller S, Thurner B, Kessel C, Kabesch M, Bewarder M, Heyne K, Lensch C, Kos IA. Autoantibodies against SUMO1-DHX35 in long-COVID. J Transl Autoimmun. 2022 Nov 20;5:100171. doi: 10.1016/j.jtauto.2022.100171. PMID: 36425003; PMCID: PMC9675633.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass AutoAbs gegen SUMO1-DHX35 bei erwachsenen Patientinnen mit langer COVID identifiziert wurden. Weitere Studien sind erforderlich, um die Häufigkeit des Auftretens zu überprüfen. Die Funktion von DHX35 ist noch nicht geklärt, und es liegen keine Informationen über eine Krankheitsrelevanz vor.

Abstract
Patients infected with the severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2) can experience life-threatening respiratory distress, blood pressure dysregulation, and thrombosis. This is thought to be associated with an impaired activity of angiotensin-converting enzyme 2 (ACE2), which is the main entry receptor of SARS-CoV-2 and which also tightly regulates blood pressure by converting the vasoconstrictive peptide angiotensin II (AngII) to a vasopressor peptide. Here, we show that a significant proportion of hospitalized patients with COVID-19 developed autoantibodies against AngII, whose presence correlates with lower blood oxygenation, blood pressure dysregulation, and overall higher disease severity. Anti-AngII antibodies can develop upon specific immune reaction to the SARS-CoV-2 proteins Spike or receptor-binding domain (RBD), to which they can cross-bind, suggesting some epitope mimicry between AngII and Spike/RBD.

Methoden: Prospektive Längsschnittstudie hospitalisierter COVID-19-Patienten, die 12 Monate lang nachbeobachtet wurden. Es wurden aufeinanderfolgende Blutproben und COVID-19-Symptomfragebögen (CSQ) erhoben und humorale und zelluläre Immunantworten, antinukleäre Antikörper (ANA) und Entzündungsbiomarker analysiert.
Ergebnisse: Von 154 Patienten, die aus dem Krankenhaus entlassen wurden, wurden 72 nicht geimpfte Patienten eingeschlossen, bei denen der COVID-19-Symptomfragebogen (CSQ) bei allen Besuchen vorlag. Von ihnen berichteten 14 (19,4 %) über anhaltende Symptome sowohl nach 6 als auch nach 12 Monaten, hauptsächlich Asthenie (15,3 %), Myalgie (13,9 %) und Konzentrationsschwierigkeiten/Gedächtnisverlust (13,9 %). Die symptomatischen Patienten waren häufiger Frauen, Raucher, wiesen einen höheren WHO-Schweregrad auf und waren tendenziell häufiger auf der Intensivstation. In der bereinigten Analyse war das lange COVID-Syndrom mit einer geringeren Häufigkeit nachweisbarer neutralisierender Antikörper (bereinigte Hazard Ratio [aHR] 0,98; 95 % Konfidenzintervall [CI], 0,97-0,99) und niedrigeren SARS-CoV-2-S1/S2-Titern (aHR [95%CI] 0,14 [0,03-0,65]) verbunden. Die mit einem SARS-CoV-2-Interferon-γ-Freisetzungsassay gemessene T-Zell-Immunantwort unterschied sich nicht zwischen den Gruppen. Die Häufigkeit positiver ANA-Titer (≥160) war bei symptomatischen Patienten höher (57,1 % vs. 29,3 %, p=0,04), was sich nach Adjustierung abschwächte aHR [95% CI] 3,37 [0,84-13,57], p=0,087. Die Werte des C-reaktiven Proteins und der D-Dimere waren während der Nachbeobachtung bei den symptomatischen Patienten höher, aber nach 12 Monaten gab es keine Unterschiede.
Schlussfolgerung: Patienten mit einjährigem Long-COVID-19-Syndrom weisen einen ausgeprägten immunologischen Phänotyp auf, der eine schlechtere SARS-CoV-2-Antikörperreaktion, eine niedriggradige chronische Entzündung, die zur Milderung neigt, und Autoimmunität umfasst.

Conclusions: Patients with POTS and healthy controls do not differ in their enzyme-linked immunosorbent assay-derived autoantibody concentrations to cardiovascular G protein-coupled receptors. These findings suggest that these tests are not useful for establishing the role of autoimmunity in POTS.

Abstract
Long COVID (LC) describes the clinical phenotype of symptoms after infection with the severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-CoV-2). Diagnostic and therapeutic options are limited, as the pathomechanism of LC is elusive. As the number of acute SARS-CoV-2 infections was and is large, LC will be a challenge for the healthcare system. Previous studies revealed an impaired blood flow, the formation of microclots, and autoimmune mechanisms as potential factors in this complex interplay. Since functionally active autoantibodies against G-protein-coupled receptors (GPCR-AAbs) were observed in patients after SARS-CoV-2 infection, this study aimed to correlate the appearance of GPCR-AAbs with capillary microcirculation. The seropositivity of GPCR-AAbs was measured by an established cardiomyocyte bioassay in 42 patients with LC and 6 controls. Retinal microcirculation was measured by OCT-angiography and quantified as macula and peripapillary vessel density (VD) by the Erlangen-Angio Tool. A statistical analysis yielded impaired VD in patients with LC compared to the controls, which was accentuated in female persons. A significant decrease in macula and peripapillary VD for AAbs targeting adrenergic β2-receptor, MAS-receptor angiotensin-II-type-1 receptor, and adrenergic α1-receptor were observed. The present study might suggest that a seropositivity of GPCR-AAbs can be linked to an impaired retinal capillary microcirculation, potentially mirroring the systemic microcirculation with consecutive clinical symptoms.

Auswertung: Anti-IL-1Ra-Autoantikörper wurden bei einem hohen Anteil der Patienten mit MIS-C beobachtet und waren spezifisch für diese Patienten. Die Bildung dieser Autoantikörper könnte durch eine atypische, hyperphosphorylierte Isoform von IL-1Ra ausgelöst werden. Diese Autoantikörper beeinträchtigen die Bioaktivität von IL-1Ra und könnten somit zu einer erhöhten IL-1β-Signalisierung bei MIS-C beitragen.

Gerinnung und Gefäße, Mikroangiopathie, Mikrothromben

Post-COVID syndrome is associated with capillary alterations, macrophage infiltration and distinct transcriptomic signatures in skeletal muscles.

PREPRINT.

Die Untersuchung bezog sich auf Personen mit PCR-confirmed SARS-CoV-2 infection im Vergleich zu Kontrollen; "echte" Long- oder Post-COVID-Patienten wurden nicht untersucht.
Conclusion: There isn't any relevant difference between early post-COVID-19 patients and general population in terms of retinal microvascularity.

Untersuchung an "nonacute infectious COVID-19 or post-COVID-19 patients".
Conclusion: The patients of nonacute infectious COVID-19 or post-COVID-19 displayed alterations in the retinal microvasculature and choroidal vessels, including a significantly lower foveal VD in deep capillary plexus and thinner SCT. The impairment may be a medium to long-term process. Close ophthalmic surveillance is necessary for COVID-19 patients or post-COVID-19 patients.

Background: Severe acute respiratory syndrome coronavirus 2 (SARS-Cov-2)-induced infection, the cause of coronavirus disease 2019 (COVID-19), is characterized by acute clinical pathologies, including various coagulopathies that may be accompanied by hypercoagulation and platelet hyperactivation. Recently, a new COVID-19 phenotype has been noted in patients after they have ostensibly recovered from acute COVID-19 symptoms. This new syndrome is commonly termed Long COVID/Post-Acute Sequelae of COVID-19 (PASC). Here we refer to it as Long COVID/PASC. Lingering symptoms persist for as much as 6 months (or longer) after acute infection, where COVID-19 survivors complain of recurring fatigue or muscle weakness, being out of breath, sleep difficulties, and anxiety or depression. Given that blood clots can block microcapillaries and thereby inhibit oxygen exchange, we here investigate if the lingering symptoms that individuals with Long COVID/PASC manifest might be due to the presence of persistent circulating plasma microclots that are resistant to fibrinolysis.
Methods: We use techniques including proteomics and fluorescence microscopy to study plasma samples from healthy individuals, individuals with Type 2 Diabetes Mellitus (T2DM), with acute COVID-19, and those with Long COVID/PASC symptoms.
Results: We show that plasma samples from Long COVID/PASC still contain large anomalous (amyloid) deposits (microclots). We also show that these microclots in both acute COVID-19 and Long COVID/PASC plasma samples are resistant to fibrinolysis (compared to plasma from controls and T2DM), even after trypsinisation. After a second trypsinization, the persistent pellet deposits (microclots) were solubilized. We detected various inflammatory molecules that are substantially increased in both the supernatant and trapped in the solubilized pellet deposits of acute COVID-19 and Long COVID/PASC, versus the equivalent volume of fully digested fluid of the control samples and T2DM. Of particular interest was a substantial increase in α(2)-antiplasmin (α2AP), various fibrinogen chains, as well as Serum Amyloid A (SAA) that were trapped in the solubilized fibrinolytic-resistant pellet deposits.
Conclusions: Clotting pathologies in both acute COVID-19 infection and in Long COVID/PASC might benefit from following a regime of continued anticlotting therapy to support the fibrinolytic system function.

Kardiologische Folgen / Schäden

Erkennbare biologische Schäden an Lunge oder Herz

The risk of developing myocarditis and other inflammatory heart conditions after COVID-19 vaccination is substantially lower than it is after SARS-CoV-2 infection, according to an analysis of electronic health records from 40 US health systems.
JAMA Volltext

Neurologische Veränderungen / Schäden

Es gibt eine wachsende Zahl von Berichten über die Auswirkungen des SARS-CoV-2-Virus auf das Nervensystem sowie über Para-Immunisierungsreaktionen auf die Impfung gegen dieses Virus. Diese Übersicht konzentriert sich auf den Einsatz neurophysiologischer Diagnosemodalitäten bei der Bewertung potenzieller akuter und langfristiger neurologischer Komplikationen bei Patienten, die eine direkte Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus erlitten haben, und analysiert die Berichte über Para-Immunisierungsreaktionen auf eine Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus. Zu den zu besprechenden neurophysiologischen Modalitäten gehören Elektroenzephalographie (EEG), evozierte Potenziale (EPs), Nervenleitfähigkeitsstudien und Elektromyographie (EMG/NCV), autonome Funktionstests, transkranielle Magnetstimulation (TMS) und transkranieller Doppler-Ultraschall (TCD).

  • Xu E, Xie Y, Al-Aly Z. Long-term neurologic outcomes of COVID-19. Nat Med. 2022 Sep 22. doi: 10.1038/s41591-022-02001-z. Epub ahead of print. PMID: 36138154.
    • DGN: Ein Jahr nach Akutinfektion haben 70 von 1.000 Betroffenen mindestens eine neurologische Post-COVID-Manifestation:
    • Eine aktuell in Nature Medicine veröffentlichte Studie [1] analysierte anhand von nationalen Gesundheitsdaten des USDVA („US Department of Veterans Affairs“) eine Kohorte von 154.068 Individuen mit COVID-19-Erkrankung und verglich sie mit 5.638.795 zeitgleichen und 5.859.621 historischen Kontrollen. Statistisch wurden für das Jahr nach der akuten SARS-CoV-2-Infektion die Risiken und die Krankheitslast inzidenter neurologischer Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen ermittelt.
    • Die Ergebnisse zeigten, dass in der postakuten Phase nach der Erkrankung ein erhöhtes Risiko für eine Reihe von neurologischen Folgen bestand. Dies waren ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle, Enzephalitis und Enzephalopathie, Störungen von Kognition und Gedächtnis, episodische Erkrankungen wie Migräne und Krampfanfälle, Bewegungsstörungen, periphere Nervenerkrankungen einschließlich Guillain-Barré-Syndrom und muskuloskelettale Erkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit, nach 12 Monaten an mindestens einer neurologischen Post-COVID-Komplikation zu leiden, war in der COVID-Kohorte um über 40% höher (HR 1,42; 95% Konfidenzintervall 1,38-1,47). Die Krankheitslast betrug 70,69 (95% Konfidenzintervall 63,54-78,01) pro 1.000 Personen – und zwar auch bei Menschen, die während ihrer akuten COVID-19-Erkrankung nicht hospitalisiert werden mussten.

Jüngste Studien haben über die Ergebnisse der Bildgebung des Gehirns von Patienten mit COVID-19 berichtet. Ein Vergleich der MRT-Befunde von 401 Patienten, die sich von COVID-19 erholt hatten, mit denen von 384 Kontrollpersonen in einer Kohorte der UK Brain Bank zeigte eine verringerte Dicke der grauen Substanz des orbitofrontalen Kortex und des parahippocampalen Gyrus bei COVID-19-Patienten. Darüber hinaus waren in Bereichen, die funktionell mit dem primären olfaktorischen Kortex verbunden sind, die Marker für Gewebeschäden stärker verändert, und die Gesamtgröße des Gehirns war bei COVID-19-Patienten verringert. In einer Studie zur Positronenemissionstomographie und Computertomographie des Gehirns (PET-CT) bei 35 Patienten mit langem COVID-19 zeigte sich außerdem, dass die Anzahl der Beschwerden umso größer war, je geringer der Stoffwechsel des Hirnstamms und des Kleinhirns war.

Guo P, Benito Ballesteros A, Yeung SP, Liu R, Saha A, Curtis L, Kaser M, Haggard MP, Cheke LG. COVCOG 2: Cognitive and Memory Deficits in Long COVID: A Second Publication From the COVID and Cognition Study. Front Aging Neurosci. 2022 Mar 17;14:804937. doi: 10.3389/fnagi.2022.804937. PMID: 35370620; PMCID: PMC8967943.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35370620/

Neuropathology and virus in brain of SARS-CoV-2 infected non-human primates | Nature Communications:
https://www.nature.com/articles/s41467-022-29440-z#Abs1

Labor

  • Captur G, Moon JC, Topriceanu CC, Joy G, Swadling L, Hallqvist J, Doykov I, Patel N, Spiewak J, Baldwin T, Hamblin M, Menacho K, Fontana M, Treibel TA, Manisty C, O'Brien B, Gibbons JM, Pade C, Brooks T, Altmann DM, Boyton RJ, McKnight Á, Maini MK, Noursadeghi M, Mills K, Heywood WE; UK COVIDsortium Investigators. Plasma proteomic signature predicts who will get persistent symptoms following SARS-CoV-2 infection. EBioMedicine. 2022 Sep 27:104293. doi: 10.1016/j.ebiom.2022.104293. Epub ahead of print. PMID: 36182629; PMCID: PMC9515404.
    • DGN: Plasma-Proteom bei Serokonversion als möglicher Indikator für Long-COVID-19:
    • Für die aktuelle Auswertung wurden bei Infizierten die Proteomanalysen zu Studienbeginn und innerhalb der ersten sechs Wochen nach dem ersten positiven PCR-Test herangezogen. Sie wurden mit Baseline-Werten Nicht-Infizierter abgeglichen, mit der Symptomschwere in der Akutphase sowie einer Symptompersistenz nach zwölf Monaten.
    • Während sich die Ausgangssignaturen in der Woche vor dem positiven Testergebnis nicht von denen Gesunder unterschieden, fielen die frühesten Veränderungen zeitlich mit dem Virusnachweis zusammen. In den Folgewochen wurden sie immer deutlicher, mit komplett unterschiedlichem Profil ab Woche fünf. In dem Assay, der auch Marker der Neuroinflammation einschloss, waren vor allem Eiweiße vermehrt, die oxidativen Stress anzeigen, beispielsweise Quiescin-Sulfhydryl-Oxidase-1 (QSOX1), solche, die an der Stoffwechsel-Re-Programmierung beteiligt sind, etwa Fibroblasten-Wachstumsfaktor-21 (FGF21), und Zelladhäsionsmoleküle wie Neurales-Zell-Adhäsionsmolekül- 2 (NCAM2). Neben HSCB, einem Biomarker von Eisenstoffwechselstörungen, war auch Amyloid-Vorläufer-Protein (APP), das im Serum als Gerinnungshemmer wirken kann, einer der stärksten Prädiktoren für eine Symptompersistenz. Mit der Symptomschwere korrelierte vor allem der Endothelmarker E-Selectin.
    • Dass in der Studie nur COVID-Erkrankte mit moderatem Krankheitsverlauf untersucht wurden, hat den Grund, dass bei schwerkranken Patientinnen und Patienten andere Faktoren zu Proteom-Veränderungen führen können, z.B. die Beatmung oder eine längere Immobilisierung.

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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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