Brust: Deformitäten der Mammae

Erstellt am 27 Jul 2020 10:47
Zuletzt geändert: 13 Dec 2022 21:08

ICD 10

Adoleszenz

Von der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie e.V. wird das Mitteilungsblattes "Korasion" herausgegeben. Die Ausgabe Nr. 4 vom November 2010 enthielt einen Aufsatz zum Thema

Diesem Beitrag kann entnommen werden, dass eine operative Therapie bei adoleszenter Makromastie erst zwei Jahre nach der Menarche erfolgen sollte, um funktionsfähiges, ausdifferenziertes Restdrüsengewebe belassen zu können. Als durchschnittliches Menarche-Alter wird das 13. Lebensjahr angegeben.
Das Thema wurde in korasion N. 2 vom Juni 2017 erneut mit einem Beitrag von Bettina Löhrs erneut aufgenommen:

Verwendete Literatur
Stangl, W. (2021). Körperliche und sexuelle Entwicklung im Jugendalter. [werner stangl]s arbeitsblätter.
WWW: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIEENTWICKLUNG/KoerperlicheEntwicklung.shtml (2021-11-17). (Stangl, 2021).

Dazu Bericht auf Springermedizin.de

Definition / Typen

Auswirkungen der Brustdeformität auf Laktation und Still-Erfolg

Durch eine Brustvergrößerung lässt sich das ästhetische Erscheinungsbild der Brust zwar verändern, die Stillfähigkeit wird jedoch nicht gesteigert.
Eine Fehlbildung, die als Stillhindernis allgemein anerkannt ist, sind hypoplastische Brüste (Mikromastie bis hin zur Mamma-Aplasie). Diese Form der Fehlbildung ist sehr selten und liegt im Einzelfall nicht vor.
Frauen mit einer Schlauchbrust oder mit einer Rüsselbrust können In der Regel ganz normal stillen.

Chirurgische Therapie

Auswirkungen von Brustoperationen auf Laktation und Still-Erfolg

Wird das Implantat oberhalb des Muskels eingesetzt, dann werden wichtige Strukturen eher verletzt. Zusätzlich kann das Implantat auf die Milchdrüsen drücken und die Blutversorgung verschlechtern und die Milchbildung auch auf diese Weise reduzieren.
Grundsätzlich können sich nach einer jeden Operation an der Brust Narben in der Brust bilden, die unter Umständen zu Schmerzen und Unannehmlichkeiten beim Stillen führen können.
Nach einer Brustvergrößerung erfolgt aufgrund von Komplikationen oder einer erneuten Größenveränderung oder Straffung durchschnittlich alle sieben Jahre eine Revision, bei der wichtige Strukturen für das Stillen weiter beschädigt werden können. Eine gefürchtete Komplikation ist die Kapselkontraktur, bei der aufgrund von Narbenbildungen um das Implantat herum die Brust hart und schmerzhaft wird. Eine Brustdrüsenschwellung in Folge des Stillens kann die Kapselkontraktur und die Schmerzen verstärken. Weitere Komplikationen nach einer Brustvergrößerung sind eine Beschädigung des Implantats, Infektionen, Nekrosen oder Gewebsschwund. Diese können die Aussicht auf den Stillerfolg weiter vermindern.

WebLinks

Urteile

Beeindruckend an dem Text der Entscheidung ist ein, eingangs wiedergegebenes Schreiben der jungen Frau (Klägerin) an das Sozialgericht. Die Lektüre kann allen Verfechtern der strengen Trennung von Körper und Geist (und der entsprechend ausgerichteten Therapien) sehr empfohlen werden.
Interessant ist aber auch die folgende Formulierung des LSG:
"Die Klägerin war durch die Asymmetrie der Brüste in ihren Körperfunktionen (Psyche) mittelbar beeinträchtigt. Die Asymmetrie der Brüste wirkt auch entstellend."
Hier bringt das LSG das Kunststück fertig, die Psyche als eine Körperfunktion zu bezeichnen. - Im Sinne des multidimensionalen bio-psycho-sozialen Gesundheits- und Krankheitsmodells der WHO könnte das möglicherweise sogar eine zulässige Interpretation sein. Schade nur; dass weder das LSG noch das BSG je von diesem Modell der WHO gehört zu haben scheinen.
Das LSG bezieht sich auf Ausführungen des BSG im Urteil vom 28.02.2008 ( B 1 KR 19/07 R) und erläutert:
"Das Bundessozialgericht hat allerdings auch ausgeführt, dass diese Grundsätze nur so lange gelten, wie medizinische Kenntnisse zumindest Zweifel an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit begründen (oben genanntes Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Februar 2008)."
Diese Aussage sollte eigentlich die Gegenwart und nicht die Zukunft betreffen, denn "neue medizinische Erkenntnisse" existieren durchaus! Allerdings schon ziemlich lange, sie sind integraler Bestandteil des bio-psycho-sozialen Gesundheits- und Krankheitsmodells der WHO und werden seit rund 20 Jahren von den MDK-Gutachtern und damit auch von den Sozialgerichten in allen Zusammenhängen, die nicht die Rehabilitation betreffen, ignoriert
Sehr lebensklug erwiesen sich die Richter des LSG bei diesen Feststellungen:
"Zur körperlichen und geistigen Entwicklung einer Jugendlichen, sowie zum Leben in der Gemeinschaft mit Gleichaltrigen gehört die Teilnahme am Sport- und Schwimmunterricht mit gemeinsamem Umziehen in den Umkleideräumen. Ebenso ist das Sexualleben betroffen. Denn in diesen wichtigen Lebensbereichen kann das körperliche Erscheinungsbild der asymmetrischen Brüste nicht durch Kleidung verborgen werden. Es wird dadurch allgemein bekannt und prägt sich in der Gemeinschaft ein."
Leider bezog das LSG diese vollkommen zutreffenden Feststellungen ausdrücklich nur auf Jugendliche.
Für Erwachsene besteht anscheinend auch nach Ansicht der Richter dieses LSG kein Anrecht auf eine Teilnahem am Gemeinschaftsleben mit Sport und gemeinsamen Umziehen oder auf ein normales Sexualleben… - so, als ob die bio-psycho-soziale Gesundheit bei Erwachsenen quasi vollkommen anders "zusammengesetzt" wäre als bei Jugendlichen - oder vielleicht sind Erwachsene nach Einschätzung dieser Richter einfach immun gegen Wechselwirkungen von Körper, sozialem Umfeld und Psyche … bzw. es handelt sich bei Erwachsenen nicht mehr um "wichtige Lebensbereiche" … Leider hält sich allerdings weder die Realität noch - zum Glück - die Forschung an diese Beschränkung des bio-psycho-sozialen Gesundheitsmodells nur auf Jugendliche.
Trotz aller Einschränkungen zeigt dieses Urteil im Vergleich mit den - auch in diesem Urteil selbst zitierten BSG-Entscheidungen - in eine richtige Richtung…

Siehe auch in diesem Wiki:


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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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