Bronchialkarzinom

Erstellt am 15 Sep 2015 20:05
Zuletzt geändert: 30 Nov 2023 20:26

Epidemiologie

Das Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) ist die dritthäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Jährlich erkranken rund 49.000 Menschen neu daran, Männer sind öfter betroffen als Frauen. Jährlich werden ca. 10.400 Neuerkrankungen diagnostiziert, was einem prozentualen Anteil von 16 % aller Tumorerkrankungen bei Männern und von 5,4 % bei Frauen entspricht. Damit handelt es sich nicht um eine seltene und praktisch nicht erforschbare Erkrankung. Bronchialkarzinome treten insgesamt seltener auf als z. B. Prostatakrebs oder Brustkrebs. Die Behandlung von Bronchialkarzinomen sollte, wie bei allen Tumorerkrankungen, bevorzugt innerhalb von klinischen Studien erfolgen.

Seit den 1980-er Jahren erkranken immer weniger Männer neu an Lungenkrebs, während die Zahl bei Frauen ansteigt. Da das Risiko, ein Bronchialkarzinom zu bekommen, bei Rauchern signifikant erhöht ist, wird ein Zusammenhang mit einer erhöhten Anzahl weiblicher Raucherinnen vermutet. Da jedoch auch Nichtraucher ein Bronchialkarzinom bekommen können, existieren aber neben dem Rauchen noch andere Faktoren. Der genaue Mechanismus, der zur Entstehung eines Bronchialkarzinoms führt, ist noch nicht abschließend geklärt.

Diagnose

Für die Diagnostik werden neben der Anamnese und der klinischen Untersuchung Röntgenaufnahmen des Thorax in 2 Ebenen, CT Thorax und Histologiegewinnung mittels Bronchoskopie genutzt, zum Ausschluss von Fernmetastasen Ultraschall oder CT Abdomen, Knochenszintigraphie und bei klinischem Verdacht kraniales CT, ggf. Beckenkammbiopsie.

Erkrankungsformen

Beim Lungenkarzinom werden grundsätzlich zwei Gruppen unterschieden:
Man unterscheidet:
1. Das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC = small cell lung cancer)
2. Das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC = non small cell lung cancer).

Lungenkrebs ist bei Männern für 26 Prozent und bei Frauen für 13 Prozent aller Krebssterbefälle verantwortlich. Die Prognose ist bei dieser Erkrankung grundsätzlich eher ungünstig: Das relative 5-Jahres Überleben liegt in Deutschland für Männer bei 15 Prozent und für Frauen bei 19 Prozent.

Behandlung

Die Behandlung hängt vor allem von der Art des Tumors und dem Krankheitsstadium ab. Aber auch individuelle Faktoren, wie zum Beispiel andere Krankheiten der Patienten spielen eine Rolle. Die wesentlichen Säulen der Therapie sind die Operation, die Chemotherapie und die Bestrahlung.

Die operative Entfernung des Lungentumors kann bei geeigneten Patienten zu einer vollständigen Heilung der Erkrankung führen und ermöglicht bei der Mehrzahl der Patienten ein verlängertes krankheitsfreies Überleben.

Ein Teil der Patienten entwickelt nach einer zunächst erfolgreichen Behandlung einen Rückfall. Am häufigsten finden sich Tumorabsiedlungen (Metastasen) in den Knochen oder in der Leber.

Fortgeschrittene Tumore

Im Falle einer Tumorabsiedlung in andere Organe ist davon auszugehen, dass sich die Erkrankung zwar noch durch weitere Therapien aufhalten und lindern lässt, eine Heilung jedoch meist nicht mehr möglich ist. Bei der Behandlungsplanung in einer solchen Situation müssen daher Nutzen und Nebenwirkungen stets sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Die Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Lungenkarzinom sollte sich in erster Linie nach den Beschwerden richten. Welche Behandlung im Einzelnen infrage kommt, kann jeweils nur individuell zwischen behandelnden Ärzten und ihren Patienten entschieden werden.
Aus der S3-Leitlinie:

Die mediane Überlebenszeit von Patienten im Stadium IIIB/IV beträgt bei unselektionierter Behandlung 8-18 Monate und ist deutlich günstiger bei der zielgerichteten Therapie von ausgewählten, therapeutisch angehbaren molekularen Veränderungen (Median bis > 4 Jahre).

Anhand des zur Verfügung stehenden Tumorgewebes / der Tumorzellen von allen nicht kurativ behandelbaren nichtplattenepithelialen NSCLC sollen molekularpathologische Untersuchungen hinsichtlich aller therapeutisch relevanten molekularer Veränderungen (nach gegenwärtigem Stand vor Erstlinientherapie als Mindestanforderung EGFR-Mutationen in den Exonen 18-21, ALK-Fusionen und ROS1-Fusionen, BRAF V600 Mutationen) eingeleitet werden.

Prinzipiell kommen folgende Behandlungsmöglichkeiten in der metastasierten Situation eines Bronchialkarzinoms in Frage:

• Bestrahlung der Lunge: um Atemnot, Schmerzen und starken oder blutigen Auswurf beim Husten zu lindern.
• Bestrahlung von Knochenmetastasen: gegen Schmerzen und Bruchgefahr.
• Bisphosphonate bei Knochenmetastasen: Medikamente, die in den Knochenstoffwechsel stabilisierend eingreifen.
• Bestrahlung oder Operation von Hirnmetastasen: gegen neurologische Komplikationen wie Lähmungen oder Krampfanfälle.
• Chemotherapie: gegen vielfältige krankheitsbedingte Beschwerden, die durch den Tumor in der Lunge oder Metastasen verursacht werden.
• So genannte „zielgerichtete“ Medikamente: Sie können eine Chemotherapie ergänzen oder ersetzen. Ihre Anwendung ist allerdings abhängig von der individuellen Situation; diese Medikamente kommen nicht bei allen Betroffenen infrage.

Wenn es der allgemeine Gesundheitszustand erlaubt, wird vorrangig eine Kombination aus mehreren Chemotherapie-Medikamenten eingesetzt, da hierbei die höchste Wirksamkeit zu erwarten ist. Wenn eine Kombinationstherapie nicht vertragen wird oder wenn bereits die erste Kombinationstherapie zu belastenden Nebenwirkungen führte, kann jedoch auch eine Monotherapie nach Abwägung von Nutzen und Risiken zum Einsatz kommen.

Wenn ein fortgeschrittenes und metastasiertes Bronchialkarzinom auf die Behandlung mit Zytostatika nicht mehr reagiert, sind die Behandlungsmöglichkeiten nur noch begrenzt. Die Ziele der Therapie bestehen dann in der unterstützenden Behandlung bei belastenden Symptomen wie Husten, Atemnot oder Knochenmetastasen.

Palliative Therapie

Speziell zur Behandlung von Atemnot-Symptomen stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung:

• Physiotherapie und Atemtraining.
• Sauerstofftherapie mit geeignetem Versorgungssystem für zu Hause.
• Lasertherapie oder eine "Schienung" durch sogenannte Stents zur Behandlung von Engstellen der Atemwege.
• Medikamente zur Linderung von Luftnot oder Angst vor Atembeschwerden.
• Opiate zur Behandlung bei akuter Atemnot.

Gegen Folgeerscheinungen von Knochenmetastasen, insbesondere gegen Instabilitäten in der Wirbelsäule, können vorbeugend folgende Therapien eingesetzt werden.

• Eine Radiotherapie (Bestrahlung) wirkt bei Knochenmetastasen schmerzlindernd und kann dazu führen, dass der betroffene Knochen sich wieder stabilisiert.
• Wenn Knochenmetastasen nicht von außen bestrahlt werden können, kommt eine Radionuklidtherapie als Alternative in Frage, die ebenfalls zur Stabilisierung der betroffenen Knochen führen kann.
• Medikamente aus der Gruppe der Bisphosphonate hemmen den Abbau der Knochensubstanz und führen so ebenfalls zur Stabilisierung der betroffenen Knochen.

Neuere zugelassene Therapieansätze beim Bronchialkarzinom

Abhängig von den Ergebnissen der histopathologischen Gewebe-Aufarbeitung stehen für betroffene Patienten an den konkreten Typ der Tumorerkrankung angepasste, spezifische, zugelassene und vertragsärztlich anwendbare Behandlungsoptionen zur Verfügung:

Für das Bronchialkarzinom konnte eine deutliche Verlängerung des Überlebens für solche Patienten erzielt werden, bei denen eine Vermehrung der EGF-Rezeptoren an der Zelloberfläche diagnostiziert werden konnte. Besonders bei lebenslangen Nichtrauchern findet man diese Genveränderung, weshalb Menschen, die nie geraucht haben, von einer Therapie mit einem sogenannten EGFR-Inhibitor anstelle der Chemotherapie in vergleichsweise hohem Maße profitieren. EGFR-Inhibitoren sind z. B. Gefitinib, Erlotinib oder Afatinib.

Weitere molekulare Therapieansätze für Patienten mit Bronchialkarzinom wurden in den letzten Jahren im Europäischen Verfahren zugelassen.

Nicht-medikamentöse Therapien

Aktuelle Studien

Siehe auch in diesem Wiki

Weblinks

Leitlinien - Zitate

  • Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie. Onkopedia Leitlinie der DGHO, Lungenkarzinom, kleinzellig (SCLC), Stand: April 2017. https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-kleinzellig-sclc/ (Zugriff am: 19.09.2019)
  • Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie. Onkopedia Leitlinie der DGHO, Lungenkarzinom, nicht-kleinzellig (SCLC), Stand April 2017 https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/lungenkarzinom-nicht-kleinzellig-nsclc/ (Zugriff am: 19.09.2019)
  • Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms, Langversion 1.0, 2018, AWMF-Registernummer: 020/007OL, http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Lungenkarzinom.98.0.html (Zugriff am: 19.09.2019)

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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)

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