Erstellt am 01 Sep 2015 21:03
Zuletzt geändert: 01 Sep 2015 21:05
Bei der aggressiven Fibromatose (Desmoidtumor) handelt es sich um einen seltenen Tumor, der als semimaligne eingestuft wird und zur Gruppe der Weichteiltumore gezählt wird. Das bedeutet, dass die Tumoren lokal verdrängend und zerstörend wachsen, jedoch im Regelfall nicht metastasieren. Es handelt sich nicht um eine regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung.
Nach mehrfachen Rezidiven sowie bei Lokalisation in Körperregionen, die operativ schlecht zugänglich sind, ist die Erkrankung jedoch durchaus als lebensbedrohlich anzusehen. Für die sozialmedizinische Beurteilung zu berücksichtigen ist außerdem die Tatsache, dass bei zerstörendem Tumorwachstum und nach mehrfachen Rezidiven häufig eine Heilung nur noch mit einem „verstümmelnden“ Eingriff erzielt werden kann.
In der medizinischen Fachliteratur1 sowie der US-amerikanischen Leitlinie des National Comprehensive Cancer Network (NCCN)2 wurde als primäre Therapie der aggressiven Fibromatose bzw. des Desmoidtumors als Methode der ersten Wahl die Operation angegeben, wenn diese mit einem Sicherheitsabstand von mindestens 1 bis 2cm durchführbar ist und eine so genannte R0 - Resektion (vollständige Entfernung im Gesunden) erreicht werden kann.
Ist eine R0-Resektion nicht möglich, so steht als Therapie der Wahl die Bestrahlung zur Verfügung.
Eine systemische Therapie kann erwogen werden, wobei 4 Gruppen von Medikamenten eingesetzt werden können: Nicht-steroidale-anti-inflammatorische Medikamente (NSAID oder NSAR), Hormone, Zytostatika und Interferone. Eine Therapie mit einer antihormonellen medikamentösen Therapie, ggf. in Kombination mit der Gabe eines nicht-steroidalen Antirheumatikums, wird in der Fachliteratur empfohlen, wenn durch lokale chirurgische Maßnahmen und eine ggf. ergänzende Strahlentherapie eine Kontrolle des Tumors nicht oder nur durch erhebliche Funktionsverluste erreichbar ist.
Der Fachliteratur lassen sich keine Hinweise darauf entnehmen, ob das Ergebnis der Bestrahlung beim Desmoid-Tumor durch eine vorhergehende PET-CT-Untersuchung verbessert werden kann.
Allgemein anerkannte, dem medizinischem Standard entsprechende Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten stehen grundsätzlich im Rahmen der GKV-Leistungen zur Verfügung.
Für die Diagnostik, auch unter Berücksichtigung einer geplanten Bestrahlungstherapie, empfehlen sowohl das oben genannte Standardwerk von Schmoll et al. als auch die oben genannte Leitlinie der NCCN eine Bildgebung mit den Methoden Ultraschall, Computertomographie sowie Kernspintomographie.
Im deutschsprachigen Raum laufen derzeit Therapie-Studien zu Weichteiltumoren an der Medizinischen Hochschule Hannover (EORTC-Studien 62012, 62052 und 62061).
Die Universitätskliniken Mannheim und Frankfurt nehmen ebenfalls an einer Studie zu Weichteiltumoren teil (EORTC-Studie 90061). Auf die Erkrankung spezialisiert ist auch das Zentrum für Weichteilsarkome am Südwestdeutschen Tumorzentrum Tübingen, Prof. Dr. Hartmann, dieses Zentrum nimmt ebenfalls an der EORTC-Studie 62012 teil. Darüber hinaus wurden in der Vergangenheit Studien an den medizinischen Universitätsklinika Graz und Wien zum dem speziellen Krankheitsbild der aggressiven Fibromatose durchgeführt.
Eine qualitätsgesicherte Behandlung im Rahmen einer Studie oder in enger Kooperation mit Experten für dieses seltene Krankheitsbild ist aus sozialmedizinischer Sicht angeraten.
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* Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)
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