Erstellt am 26 May 2010 15:19 - Zuletzt geändert: 04 Mar 2018 23:08
Eine Kategorie der Querschnittsbereiche in der BMBF-Roadmap ist die Versorgungsforschung inklusive Wissenstransfer und Implementierungsforschung (GFR 2007). Dort heißt es:
"Der Forschung zum Transfer und zur Implementierung von neuen Erkenntnissen der Wissenschaft wurde ein hoher Stellenwert eingeräumt, da eine große Diskrepanz zwischen dem Erkenntnisstand und der Anwendung in der klinischen Praxis existiert. Bisher wurde dieser Forschungszweig zu sehr vernachlässigt bzw. nicht in dem erforderlichen Maße betrieben. Entsprechende Forschungsergebnisse, die zu einer Umsetzung bereits bekannter Therapieprinzipien in der Alltagspraxis führen würden, wären sehr effektiv für die Verbesserung der konkreten Versorgungssituation."
Die dort beschriebene Diskrepanz zwischen dem, was wissenschaftlich bekannt ist, und dem, was letztlich in der Praxis angewendet wird, wird im englischen Sprachraum als »knowledge-performance gap« (Schrappe/Scriba 2006), als "knowledge-to-practice gap" (Graham et al. 2006), als "knowledge-behaviour gap" (Kennedy et al. 2004) oder als »evidence-to-practice gap« (Lang et al. 2007) bezeichnet und kann als eine Ursache für Über-, Unter- und Fehlversor- gung im Gesundheitswesen angesehen werden (Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen 2001).
Neben dieser "Wissenslücke" ist eine weitere Ursache für die mangelnde Problemverarbeitungskapazität des Gesundheitswesens, dass es "an Daten und Wissen über die Versorgungssituation und ihre ›inneren‹ Zusammenhänge mangelt" (Pfaff et al. 2003).
Bei Pfaff et al. (2003) heißt es hierzu: »An diesem Punkt setzt die Versorgungsforschung an. Das Ziel der Versorgungsforschung ist, grundlegendes und anwendungsnahes Wissen über die Praxis der Kranken- und Gesundheitsversorgung zu generieren und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.«
Ähnlich lautet die Definition des Arbeitskreises Versorgungsforschung (Arbeitskreis »Versorgungsforschung« 2004) beim wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer: »Versorgungsforschung ist die wissenschaftliche Untersuchung der Versorgung von Einzelnen und der Bevölkerung mit gesundheitsrelevanten Produkten und Dienstleistungen unter Alltagsbedingungen.« Versorgungsforschung bezeichnet also eine Forschungsrichtung im Gesundheitsbereich mit zunehmender Bedeutung und unter- sucht u. a. die letzte Stufe des Innovationstransfers in die Praxis der Patientenversorgung (Pfaff et al. 2003; Schrappe/Scriba 2006).
Der Begriff Versorgungsforschung wird im englischen Sprachraum als "Health Services Research" oder "Outcomes Research" bezeichnet, wobei beide Begriffe meist synonym verwendet werden (Lee et al. 2000).
Die gängige Definition der "Agency for Healthcare Research and Quality" beschreibt die Versorgungsforschung als multidisziplinäres Feld, in dem untersucht wird, wie soziale Faktoren, Finanzierungssysteme, Organisationsstrukturen und Prozesse, Gesundheitstechnologien und individuelles Verhalten den Zugang zur Gesundheitsversorgung, deren Qualität und Kosten und letztlich Gesundheit und Wohlbefinden der Bevölkerung beeinflussen. Ihr Untersuchungsgegenstand sind Individuen, Familien, Organisationen, Einrichtungen, Gemeinschaften und Populationen; ihre Haupt- ziele sind, die wirksamsten Wege zu identifizieren, wie die Gesundheitsversorgung organisiert, geregelt, finanziert und ausgeführt wird, wie medizinische Fehler reduziert und wie die Patientensicherheit verbessert werden kann (Lohr/Steinwachs 2002).
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