Methodenbewertung des G-BA

Erstellt am 02 Jul 2017 22:53 - Zuletzt geändert: 23 Nov 2021 15:47

Siehe auch:
MethodeNutzenbewertungWirksamkeitWirkungPatienten-Nutzen

Der Gemeinsame Bundesausschuss ist "vom Gesetzgeber beauftragt zu entscheiden, welchen Anspruch gesetzlich Krankenversicherte auf medizinische Untersuchungs- und Behandlungsmethoden haben" - so steht es in praktisch allen Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses.

In einem Artikel zur Methodenbewertung schreibt der Gemeinsame Bundesausschuss auf seiner Webseite:

Eine medizinische „Methode“ ist eine Vorgehensweise zur Untersuchung oder Behandlung von bestimmten Erkrankungen, der ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zugrunde liegt. Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind zum Beispiel Operationen, Maßnahmen zur Früherkennung einer Erkrankung, der Einsatz von Heilmitteln und Psychotherapieverfahren.
Ob eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode als Leistung der GKV zur Verfügung steht, ist vom Gesetzgeber für die ambulante und stationäre Versorgung unterschiedlich geregelt.
Niedergelassene Vertragsärztinnen und -ärzte dürfen neue Methoden erst dann als Kassenleistung anbieten, wenn der G-BA sie für den ambulanten Bereich geprüft hat und zu dem Ergebnis kam, dass ihr Einsatz dort für Patienten nutzbringend, notwendig und wirtschaftlich ist. Neue Methoden stehen im ambulanten Bereich also unter einem sogenannten Erlaubnisvorbehalt.
Im Krankenhaus können medizinische Methoden zulasten der GKV erbracht werden, solange sie nicht vom G-BA ausgeschlossen wurden. Hier spricht man von einem Verbotsvorbehalt.
Für eine Untersuchungs- oder Behandlungsmethode, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, die jedoch das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative erkennen lässt, kann bzw. muss der G-BA eine Studie durchführen, die eine Bewertung des Nutzens der Methode auf einem für eine spätere Entscheidung ausreichend sicheren Erkenntnisniveau erlaubt (eine Studie also, mit der die fragliche Methode 'erprobt' wird).

Im Rahmen von strukturierten Bewertungsverfahren überprüft der G-BA diagnostische und therapeutische Methoden auf Nutzen, medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit.

Der G-BA legt in seinen Richtlinien die Voraussetzungen, die Art und den Umfang des Leistungsanspruchs von Versicherten auf ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der ambulanten Versorgung fest.1//.

Die Grundsätze der Methodenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss sind rechtsverbindlich in der G-BA-Verfahrensordnung festgelegt.
Die Durchführung der Methodenbewertungen des G-BA erfolgt durch den ''Unterausschuss Methodenbewertung''2 und führt in der Regel zu entsprechenden Richtlinien-Beschlüssen3 sowie in der Folge zu geänderten Richtlinien4.

Zu den Bewertungsgrundlagen der Arbeit des G-BA und seiner Unterausschüsse existiert eine übergreifende Informationsseite innerhalb des Web-Präsenz des G-BA zur Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden für die ambulante und/oder stationäre Versorgung.5.
Diesem Artikel kann folgende, sehr wesentliche Information entnommen werden:

Ein Bewertungsverfahren muss durch einen gesetzlichen Antragsberechtigten ausgelöst werden: Dies sind die sektoral jeweils zuständigen Spitzenverbände der Leistungserbringer (KBV, KZBV und/oder die DKG), der GKV-Spitzenverband, die als maßgeblich anerkannten Patientenorganisationen sowie die drei unparteiischen Mitglieder des G-BA. Außerdem kann jede Kassenärztliche und Kassenzahnärztliche Vereinigung Anträge auf Bewertung einer Methode für ambulante Versorgung stellen.

Das bedeutet, eine Behandlungsmethode (oder Diagnose-Methode) wird erst dann vom G-BA bewertet, wenn irgendeine berechtigte Partei innerhalb des G-BA einen Antrag auf eine entsprechende Bewertung durch den G-BA stellt - und wenn dieser Antrag dann angenommen wird.
Den Webseiten des G-BA sind keine eindeutigen Aussagen dazu zu entnehmen, wie in der Versorgungspraxis solche Methoden zu behandeln sind, die zwar vielleicht tatsächlich "neu" sind oder deren Abrechnung über den Regelleistungskatalog "EBM" nicht möglich ist - für deren Beratung aber entweder ein Antrag nicht gestellt oder nicht angenommen wurde.
Vergleicht man die Informationsseiten des G-BA zur Methodenbewertung und zur Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden für die ambulante und/oder stationäre Versorgung, wird es nicht klar, ob sich die Aussagen hinsichtlich der Methodenbewertung und dort insbesondere zum "Erlaubnisvorbehalt" auch auf alle Methoden beziehen, für ein Antrag weder gestellt noch abgelehnt wurde. Unklar bleibt auch die sozial- und leistungsrechtliche Einordnung solcher Methoden, über die der G-BA zwar beraten hat, deren Beratung aber zeitlich befristet unterbrochen oder aber ergebnislos ganz eingestellt wurde. (vgl. Einstellung der Bewertungsverfahren des G-BA zur PET )

Auch der Blick ins Gesetz hilft hier nur wenig weiter. § 135 SGB V zur "Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" formuliert nur lapidar:

(1) 1Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürfen in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag eines Unparteiischen nach § 91 Abs. 2 Satz 1, einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen abgegeben hat über
1. die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkassen erbrachte Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung,
2. die notwendige Qualifikation der Ärzte, …
3. die erforderlichen Aufzeichnungen …

Mögliche Lösungsansätze ergeben sich aus der Verbindung mit § 87 SGB V, der Regelungen zum Bundesmantelvertrag und zum einheitlichen Bewertungsmaßstab enthält. Dieser Paragraph ist außerordentlich lang und umfangreich. Absatz 3e in § 87 SGB V enthält in Satz 4 eine Regelung, die unmittelbar auf § 135 SGB V zugreift. Dort heißt es:

Der Bewertungsausschuss ist verpflichtet, im Einvernehmen mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss hinsichtlich einer neuen Leistung auf Verlangen Auskunft zu erteilen, ob die Aufnahme der neuen Leistung in den einheitlichen Bewertungsmaßstab in eigener Zuständigkeit des Bewertungsausschusses beraten werden kann oder ob es sich dabei um eine neue Methode handelt, die nach § 135 Absatz 1 Satz 1 zunächst einer Bewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bedarf.

Gemäß Satz 4 in Absatz 3e in § 87 SGB V muss es neue Methoden geben, die auch ohne Beratung durch den G-BA, allein durch den Bewertungsausschuss, in den EBM aufgenommen werden. Das bedeutet wiederum, der so genannte "Erlaubnisvorbehalt" nach § 135 SGB V kann zumindest für diese Methoden nicht gelten.



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