Erstellt am 02 Aug 2021 13:29 - Zuletzt geändert: 28 Jun 2022 11:05
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Methode, die durch den G-BA vormals in Gänze ausgeschlossen war
Positronenemissionstomographie oder PET oder PET/CT
Die PET bzw. PET-CT wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) – mit Ausnahme von 12 Spezial-Indikationen – grundsätzlich als Methode nach § 135 Abs. 1 SGB V aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen ausgeschlossen.
Mit Datum vom 20.11.2020 hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, die Liste der von der vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossenen Methoden (Anlage II der "Richtlinie Methoden Vertragsärztliche Versorgung") zu ändern.
Diesem Beschluss folgend wird die Positronenemissionstomographie in der "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" (MVV-RL) zukünftig nicht mehr als grundsätzlich ausgeschlossene Methode aufgeführt. (Beschluss auf den Webseiten des G-BA: https://www.g-ba.de/beschluesse/4561/).
(Siehe auch Version der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung vom 20.02.2021: https://www.g-ba.de/richtlinien/historie/2393/ und aktuell gültige Version: https://www.g-ba.de/richtlinien/7/)
Den "Tragenden Gründen" sowie dem Abschlussbericht des G-BA konnte unter anderem folgendes entnommen werden:
"In Anlage II (Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistungen zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfen) der Richtlinie Methoden Vertragsärztliche Versorgung (MVV-RL) wird Nr. 39 Positronen-Emissions-Tomographie angepasst. Vor dem Hintergrund des im Jahr 2002 1 beendeten, inhaltlich eingeschränkten Bewertungsverfahrens sieht der G-BA den weitreichenden, kategorischen Ausschluss aus formalen Gründen heute als nicht mehr sachgerecht an."
Zuvor hatte die PET in diversen Einzelindikationen sowie in Gänze, als generelle Methode, mehrfache Methodenbewertungsverfahren nach § 135 SGB V durchlaufen.
Sie war bis zum 20.02.2021 "in allen anderen, nicht in "Anlage I" aufgeführten Indikationen" ausgeschlossen. Das heißt, "alle anderen Indikationen" waren vom Gemeinsamen Bundesausschuss beraten und negativ bewertet worden.
Als Ergebnis der negativen Bewertung durch den G-BA war die PET "in allen anderen Indikationen" in der Vergangenheit (über etliche Jahre) von den Leistungen der GKV explizit ausgeschlossen.
Die Methode wurde "in allen anderen Indikationen" in " Anlage II" der "Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung" aufgeführt. Ausgenommen von diesem Ausschluss waren nur die, explizit in "Anlage I" aufgenommenen Indikationen.
Mit Beschluss vom 20.11.2020 wurde der Ausschluss der PET "in allen anderen Indikationen" beendet.
Die nicht in "Anlage I" aufgeführten Indikationen der PET/CT wurden – mit drei Ausnahmen – aus "Anlage II" der "Richtlinie Methoden ambulante Versorgung" entfernt.
Dem Sozialgesetzbuch und der Verfahrensordnung des G-BA lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass es vorgesehen ist, eine Methode zu bewerten, auszuschließen und anschließend den Ausschluss, ohne vorangehende positive Bewertung, rückgängig zu machen.
Festzuhalten ist, dass nicht daran gezweifelt werden kann, dass es sich im Prinzip bei der PET um eine "neue Methode" im Sinne des § 135 SGB V handelt. Der G-BA hat die Methode in einigen Indikationen positiv bewertet und sie nach wie vor in drei Indikationen ausgeschlossen.
Die Methode ist aber nicht mehr in Gänze vom Gemeinsamen Bundesausschuss "im Rahmen der Beschlüsse nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 SGB V" oder "im Rahmen der Beschlüsse nach § 137c Absatz 1 SGB V" ablehnend beschieden worden.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) führte in seinem Nichtbeanstandungs-Schreiben zum Beschluss des G-BA folgendes aus:
"Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geht davon aus, dass die Antragsberechtigten bzw. der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zeitnah ein neues Bewertungsverfahren initiieren und mit einer Sachentscheidung abschließen werden, wenn das angekündigte, gemeinsame Grundsatzpapier der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) und anderer Fachgesellschaften zur PET vorliegt.
Der G-BA wird aufgefordert, dem BMG spätestens bis zum 30. Juni 2021 über den Fortgang in dieser Sache zu berichten, insbesondere ob und mit welchem Zeitplan ein neues Methodenbewertungsverfahren durchgeführt wird."
Ob und zu welchen Indikationen zukünftig ggf. ein neues Bewertungsverfahren zur PET bzw. PET-CT oder PET-MRT vom Gemeinsamen Bundesausschuss durchgeführt werden wird, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht abgeschätzt werden.
Den Webseiten des G-BA sind keine Informationen dazu zu entnehmen, ob bzw. in welchen Indikationen die Positronenemissionstomographie aktuell oder zukünftig weiterhin/erneut als "neue Methode gemäß § 135 Absatz 1 Satz 1 SGB V" (https://www.buzer.de/135_SGB_V.htm) zu betrachten ist bzw. sein wird.
Aufgrund der Formulierungen in den "Tragenden Gründen" des G-BA zum Beschluss vom 20.11.2020 kann man vermuten, dass der G-BA nicht beabsichtigt, für eine größere Zahl an Indikationen demnächst neue Beratungen der Methode gemäß § 135 Absatz 1 Satz 1 SGB V durchzuführen.
Methoden, die bislang vom G-BA nur für den Bereich der stationären Versorgung bewertet wurden
CyberKnife, Gammaknife, Strahlenchirurgie
Das CyberKnife ist gemäß Aussagen der Sozialmedizinischen Expertengruppen (SEG) 4 und 7, eine EBM-Leistung. Dies wurden von den von den Sozialmedizinischen Expertengruppen SEG 4 und der SEG 7 zuletzt mit Datum vom 28.05.2019 in einer tabellarischen Liste mit dem Titel "Abgrenzungsfragen zum EBM" so dargestellt. Diese Tabelle steht nur für registrierte Nutzer aus der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste in der Datenbank Infomed des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) zur Verfügung; https://infomed.mds-extranet.de/MainMDSDocument.aspx?ID=1193.
Eine EBM-Leistung bzw. reguläre Kassenleistung ist die CyberKnife-Therapie nach den Aussagen dieser Tabelle allerdings nur bei mindestens zwei oder mehr Anwendungen (= Fraktionen). Einzeitbestrahlungen fallen laut Aussagen dieser Tabelle bzw. Sozialrechtsexperten der Medizinischen Dienste generell nicht in den Leistungsbereitschaft der GKV.
Diese Erläuterung der Expertengruppe zieht weitere Abgrenzungsschwierigkeiten nach sich, denn es gibt andere Einzeitbestrahlungen, wie z.B. die Radiosynoviorthese oder - bei kleinem Schilddrüsenrest mit Uptake unter 5% - die Radiojodtherapie. In Einzelfällen kommt es auch vor, dass Bestrahlungen mit dem Linearbeschleuniger oder mit Röntgenstrahlern (Weichstrahltherapie) einzeitig appliziert werden, z.B. bei sehr kleinen Tumoren.
NUB, die vom G-BA teilweise - in einzelnen, konkreten Indikationen - positiv bewertet und dabei in anderen Indikationen nicht ausgeschlossen wurden:
Kohärenztomographie:
Die Methode wurde vom G-BA in einigen wenigen Indikationen positiv bewertet. In allen anderen Indikationen wird sie nach Lesart der Medizinischen Dienste und Krankenkassen als generell nicht erstattungsfähige "NUB" eingestuft und ohne Rücksicht auf Besonderheiten des Einzelfalls regelhaft negativ bewertet. Auch in schwierigen Einzelfällen ist es für Patienten kaum möglich, eine positive Einzelfallentscheidung der Krankenkasse zu bekommen, da bei einer Begutachtung durch den Medizinischen Dienst keine "notstandsähnliche" Situation gesehen wird und die Leistung in der Regel nicht empfohlen wird.
MRT der Mamma:
Die MRT der Mamma wurde vor vielen Jahren, noch von der Vorgängerorganisation des G-BA bewertet und nur in zwei Indikationen in den Regelleistungskatalog der GKV überführt. Als Leistungsvoraussetzung in anderen Indikationen wird von den Medizinischen Diensten in der Regel gefordert, dass die Kriterien des § 2 ABS. 1a SGB V oder die Kriterien des Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses vom 06.12.2005 erfüllt sein müssen.
Telemedizin (und Telemonitoring):
Zur Telemedizin wurden in der Vergangenheit zwei MDS-Bewertungen erstellt. Grundsätzlich wurden in diesen Arbeiten alle Methoden und Anwendungen der Telemedizin als "NUB" angesehen. Die vorhandene wissenschaftliche Evidenz wurde auf der Basis vorliegender kontrollierter Studien negativ bewertet. Mittlerweile erfolgte eine positive Teil-Bewertung durch den G-BA für die Anwendung bei Herzinsuffizienz. Nicht positiv vom G-BA bewertete telemedizinische Anwendungen werden durch die Medizinischen Dienste weiterhin überwiegend mit Hinweis auf “NUB” und fehlende Evidenz in diversen Anwendungsfällen negativ bewertet.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf den Willen des Gesetzgebers, der z.B. in § 87 SGB V geäußert wird:
In Absatz 2a, ab Satz 7ff.:
7Bei der Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 prüfen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, in welchem Umfang ambulante telemedizinische Leistungen erbracht werden können; auf dieser Grundlage beschließen der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a jeweils, inwieweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen anzupassen ist. 8In die Überprüfung nach Absatz 2 Satz 2 ist auch einzubeziehen, in welchem Umfang die Durchführung von insbesondere telemedizinischen Fallbesprechungen im Rahmen von Kooperationsvereinbarungen zum Kinder- und Jugendschutz nach § 73c angemessen vergütet werden kann; auf dieser Grundlage ist eine Anpassung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen zu beschließen.
…
14Mit Wirkung zum 30. September 2020 ist durch den Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu regeln, dass Konsilien in einem weiten Umfang in der vertragsärztlichen und in der sektorenübergreifenden Versorgung als telemedizinische Leistung abgerechnet werden können, wenn bei ihnen sichere elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden. 15Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der Vereinbarung nach § 367 Absatz 1. 16Der Bewertungsausschuss nach Absatz 3 und der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a legen dem Bundesministerium für Gesundheit im Abstand von zwei Jahren, erstmals zum 31. Oktober 2022, einen gemeinsamen Bericht über den Stand der Beratungen und Beschlussfassungen nach Satz 7 sowie zur Erbringung von ambulanten telemedizinischen Leistungen und zu der Teilnahme der Leistungserbringer an der Erbringung von Leistungen im Rahmen der Videosprechstunde vor *). 17Das Bundesministerium für Gesundheit leitet den Bericht an den Deutschen Bundestag weiter. 18In dem Beschluss nach Satz 7 sind durch den Bewertungsausschuss Regelungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen zu treffen, nach denen telemedizinische Leistungen, insbesondere Videosprechstunden, in einem weiten Umfang ermöglicht werden.
…
24Der Bewertungsausschuss in der Zusammensetzung nach Absatz 5a beschließt im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen die nach dem Schweregrad zu differenzierenden Regelungen für die Versorgung im Notfall und im Notdienst sowie bis zum 31. März 2022 Regelungen für die Versorgung im Notdienst mit telemedizinischen Leistungen.
In Absatz 2b, Satz 1:
1Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der hausärztlichen Versorgung sollen als Versichertenpauschalen abgebildet werden; für Leistungen, die besonders gefördert werden sollen oder nach Absatz 2a Satz 7 und 8 telemedizinisch oder im Wege der Delegation erbracht werden können, sind Einzelleistungen oder Leistungskomplexe vorzusehen.
In Absatz 2c Satz 1:
1Die im einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen aufgeführten Leistungen der fachärztlichen Versorgung sollen arztgruppenspezifisch und unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen als Grund- und Zusatzpauschalen abgebildet werden; Einzelleistungen sollen vorgesehen werden, soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung, einschließlich der Möglichkeit telemedizinischer Erbringung gemäß Absatz 2a Satz 7 oder der Erbringung im Wege der Delegation nach Absatz 2a Satz 8, erforderlich ist.
Methoden, für die bislang im G-BA noch kein Antrag auf Methodenbewertung gestellt wurde
Elektronenmikroskopie
Eine besondere Leistung unter Nutzung der Elektronenmiskroskopie wird von der Hautklinik der Universitätsklinik Heidelberg und der Universitäts-Hautklinik Tübingen angeboten. Diese akademische Zentren bieten spezielle elektronenmikroskopische Untersuchungen an, die besonders in der Differentialdiagnostik bei Ehlers-Danlos-Syndrom sinnvoll sein können.
Von einigen Experten der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste wurde/wird hierzu die Meinung vertreten, dass es sich um eine EBM-Leistung handeln würde.
Die KBV hat demgegenüber auf Anfrage der Deutschen Ehlers-Danlos Initiative e. V. erklärt, dass es sich nicht um eine Leistung handelt, die in der kassenärztlichen Regelversorgung erbracht und abgerechnet werden kann - vermutlich allein schon deswegen, weil es sich um eine hochspezialisierte Form der Untersuchung handelt, die außerhalb der genannten akademischen Zentren gar nicht angeboten werden könnte.
Mit eben dieser Begründung wird die Methode von einigen Experten der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste als "NUB" betrachtet und eine Befürwortung wird als quasi unmöglich angesehen, da die Erkrankung an Ehlers-Danlos nicht lebensbedrohlich oder tödlich ist.
Intravitreale Injektion - Applikation von Arzneimitteln in das Auge
Bei dieser "Behandlungsmethode" war es einige Jahre strittig, ob es sich um eine Kassenleistung bzw. um eine EBM-Leistung oder um eine neue "Methode" bzw. eine "NUB" handelte:
Im Verlauf dieser Auseinandersetzungen stellte das Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil B 1 KR 11/13 R vom 02.09.2014 fest, dass die intravitreale Injektion tatsächlich nicht über den EBM abgerechnet werden konnte; dass es sich jedoch deswegen nicht um eine "Neue Methode gemäß § 135 Absatz 1 Satz 1 SGB V" handelte.
Vom Bundessozialgericht wurde bezüglich der intravitreale Injektion ein so genanntes "Systemversagen" festgestellt. Dem damaligen Urteil kann u.a. folgendes entnommen werden:
"Der Versicherte hatte aber wegen Systemversagens einen sachleistungsersetzenden Freistellungs- oder Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagte. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind Leistungen in einem solchen Ausnahmefall in den GKV-Leistungskatalog einbezogen, ohne dass es einer positiven Empfehlung des G-BA und einer Aufnahme der Methode in den EBM bedarf. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats erstreckt den Anwendungsbereich der Regelung des §13 Abs.3 S.1 Fall 2 SGB V über den ausdrücklich geregelten Kostenerstattungsanspruch hinaus auch auf Fälle der Kostenfreistellung, wenn aufgrund Systemversagens eine Lücke im Naturalleistungssystem besteht, die verhindert, dass Versicherte sich die begehrte Leistung im üblichen Weg der Naturalleistung verschaffen können."
Zum Verfahrensgang siehe Eintrag in dejure.org.
Bereits im Jahr 2010 hatte das damalige Bundesversicherungsamt (jetzt Bundesamt für Soziale Sicherung) die fehlende Abrechnungsmöglichkeit der intravitrealen Injektion über dem EBM festgestellt und in einem Schreiben an das Bundesministerium für Gesundheit moniert.
Einem Artikel des "Pressedienst Gesundheit" aus dem Jahr des BSG-Urteils zur intravitrealen Injektion war zu entnehmen, dass der Vorsitzende der KBV damals geäußert haben soll, dass zu diesem Zeitpunkt für 19 Methoden, die einheitlich allgemein ärztlich anerkannt und vielfach angewendet sowie notwendig seien, keine Abrechnungsziffern im EBM zu finden seien.
Die intravitreale Injektion wurde zum 1. Oktober 2014 in den EBM aufgenommen.
"MRT des Herzens (Kardio-MRT)" und multiparametrische "Prostata-MRT"
Verschiedene sozialmedizinische Experten innerhalb der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste vertreten eine Einschätzung, wonach es sich bei den Untersuchungsmethoden "MRT des Herzens/Kardio-MRT" oder der "MRT der Prostata" (multiparametrischen Prostata-MRT) um neue Methoden handeln soll.
Demgegenüber regelt der G-BA in seiner "Richtlinie über Kriterien zur Qualitätsbeurteilung in der Kernspintomographie nach § 135b Absatz 2 SGB V" (Qualitätsbeurteilungs-Richtlinie Kernspintomographie/QBK-RL; https://www.g-ba.de/richtlinien/21/), unter Punkt "6.3" - "Prüfkriterien für die "Multiparametrische MRT der Prostata" und unter Punkt "5.3" - "Prüfkriterien für die Untersuchungsabläufe bei kardialen Erkrankungen (Region Herz)".
Da der G-BA keine Regelungen für außervertragliche Leistungen aufstellt, können außervertragliche Leistungen oder "NUB" kein Gegenstand der Qualitätsbeurteilungs-Richtlinie Kernspintomographie des G-BA sein.
Damit kann aus den Regelungen der QBK-RL geschlossen werden, dass die (multiparametrische) MRT der Prostata ebenso wie die Kardio-MRT nach Einschätzung des G-BA kassenärztliche Leistungen und mithin keine "neuen Methoden" sind.
NGS, Next-Generation-Sequencing, Hochdurchsatzsequenzierung von Genen
Bis zu einer Änderung des Kapitels 11, "Humangenetische Beurteilungspositionen" im Abrechnungskatalog für die vertragsärztliche Versorgung (EBM; https://www.kbv.de/html/ebm.php) am 01.07.2016 vertraten die Expertengruppen der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste geschlossen die Ansicht, bei allen molekulargenetischen Untersuchungen, die mittels so genannter Hochdurchsatzsequenzierung (NGS, Next-generation-Sequencing) erfolgten, handele es sich um neue Methoden, die aufgrund fehlender positiver G-BA-Bewertung keine Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen sind.
Die Geschichte der EBM-Abrechnungsregeln für neue molekulargenetische Methoden war sehr konfliktfreien. Wegen “fehlender Nutzennachweise” wurde die Methoden von den Medizinischen Diensten regelhaft negativ bewertet.
Eine Zeit lang wurden die Leistungen dann mit einem Sonderstatus als genehmigungspflichtige Leistungen im EBM aufgeführt. Nach gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen G-BA und BMG wurden diese “Genehmigungsvorbehalte” wieder aus dem EBM entfernt.
Seit dem 01.07.2016 sind die technischen Verfahren bei den humangenetischen Untersuchungen für die Abrechnungsfähigkeit nicht mehr ausschlaggebend und auch Hochdurchsatz-Verfahren können durch die Labore als Kassenleistungen abgerechnet werden.
Zudem enthält § 87 Absatz 3e im SGB V folgende Bestimmung zu humangenetischen Untersuchungsmethoden:
1Der Bewertungsausschuss beschließt
1. bis spätestens zum 31. August 2017 eine Verfahrensordnung, in der er insbesondere die Antragsberechtigten, methodische Anforderungen und Fristen in Bezug auf die Vorbereitung und Durchführung der Beratungen sowie die Beschlussfassung über die Aufnahme in den einheitlichen Bewertungsmaßstab insbesondere solcher neuer Laborleistungen und neuer humangenetischer Leistungen regelt, bei denen es sich jeweils nicht um eine neue Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nach § 135 Absatz 1 Satz 1 handelt, …
Zudem verpflichtet § 64e SGB V die Krankenkassen zur Durchführung von Modellvorhaben zur umfassenden Diagnostik und Therapiefindung mittels Genomsequenzierung bei seltenen und bei onkologischen Erkrankungen.
Problematisch bleibt die Situation hinsichtlich der modernen genetischen Untersuchungsmethoden trotz der bisherigen Veränderungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab. Viele universitäre genetische Institute verfügen über keine Abrechnungsgenehmigungen. Daher werden diese Untersuchungen häufig dem Medizinischen Dienst zur Begutachtung vorgelegt. In den meisten Fällen wird dann die Untersuchung unter Hinweis auf eine nicht unmittelbare therapeutische Konsequenz und/oder auf fehlende Evidenz für den Nutzen nicht befürwortet.
Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT) bei somatostatinrezeptorexprimierenden Tumoren
Zu dieser besonderen Form der "inneren Bestrahlung" gab es vor vielen Jahren ein Grundsatzgutachten des Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) und der sozialmedizinischen Expertengruppe "SEG 7", das die Methode negativ bewertete. Ein Update gab es nie.
Derzeit ist die Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie (PRRT) bei somatostatinrezeptorexprimierenden Tumoren aber in der Realität der Versorgung vollkommen unstrittig und sicher nützlich und notwendig.
Die Therapie wird stationär durchgeführt und dann gelegentlich vom MD(K) als unwirtschaftlich eingestuft, weil sie nicht dem "Qualitätsstandard nach § 2 SGB V" entsprechen würde.
Zusätzlich kommt es vor, dass Anträge auf PET-CT vom MD negativ bewertet werden, wenn die Untersuchungen der Vorbereitung der "nicht anerkannten PRRT" dienen sollen.
Transarterielle Chemoembolisation (TACE)
Die Behandlungsmethode Transarterielle Chemoembolisation (TACE) wurde jahrelang aufgrund der Einschätzung des Kompetenzzentrums Onkologie der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste als EBM-Leistung eingestuft.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung äußerte sich dann in einem Schreiben vom Frühjahr 2013 dahingehend, dass die Transarterielle Chemoembolisation (TACE) keine EBM-Leistung sei. Seither wird die Leistung von der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste überwiegend als "NUB-Status" eingestuft.
Eine Methodenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach https://www.buzer.de/135_SGB_V.htm fand indessen für die TACE nicht statt.
Die Methode wird aber vom G-BA im Rahmen anderer Bewertungsverfahren mehrfach als "Zweckmäßige Vergleichstherapie" angeführt.
Zellzyklusanalyse oder Durchflusszytometrie
Nach Auffassung einer Expertengruppe der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste sollte es sich bei der Zellzyklusanalyse oder Durchflusszytometrie um eine neue Methode handeln, die nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zählt.
Dies wurden von den von den Sozialmedizinischen Expertengruppen SEG 4 und der SEG 7 zuletzt mit Datum vom 28.05.2019 in einer tabellarischen Liste mit dem Titel "Abgrenzungsfragen zum EBM" so dargestellt. Diese Tabelle steht nur für registrierte Nutzer aus der Gemeinschaft der Krankenkassen und der Medizinischen Dienste in der Datenbank Infomed des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) zur Verfügung; https://infomed.mds-extranet.de/MainMDSDocument.aspx?ID=1193.
Unter dem Begriff FACS (Abkürzung für "Fluorescence Activated Cell Sorting") ist allerdings die Durchflusszytometrie unverzichtbarer Bestandteil sehr vieler Laboruntersuchungen und wird zur Bestimmung von Oberflächenmolekülen und intrazellulären Proteinen, Peptiden und DNA eingesetzt. Als wissenschaftliche und technische Methode ist sie seit vielen Jahren etabliert und wird auch im Rahmen von Untersuchungen eingesetzt, die in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung anfallen und von den Kassen über den EBM vergütet werden. Eine schöne Darstellung findet sich hier: www.antikoerper-online.de/resources/17/1247/was-ist-durchflusszytometrie-facs.
Die tabellarische Information "Abgrenzungsfragen zum EBM" grenzt allerdings den Ausschluss der Zellzyklusanalyse oder Durchflusszytometrie auf die Anwendung zur Diagnosestellung der Fanconi-Anämie ein.
Im Abrechnungskatalog für die ambulante kassenärztliche Versorgung (dem so genannten "EBM"; https://www.kbv.de/html/ebm.php) findet sich kein Hinweis auf einen Ausschluss in besonderen Indikationen.
Es sind auch keine Informationen darüber veröffentlicht, dass zwischen G-BA und Bewertungsausschuss ein Einverständnis darüber hergestellt worden wäre, dass die Zellzyklusanalyse oder Durchflusszytometrie bei Fanconi-Anämie als neue Methode nach § 135 SGB V zu bewerten ist.
Die Zellzyklusanalyse oder Durchflusszytometrie findet allerdings im Einheitlichen Bewertungsmaßstab keine explizite Erwähnung, da die Methode gemäß EBM nicht einzeln*, sondern **immer im Zusammenhang mit Untersuchungen einer bestimmten Zielstellung vergütet werden kann. Unter den nicht berechnungsfähigen Methoden bei der humangenetischen Diagnostik konstitutioneller genetischer Veränderungen laut Kapitel 11.4 des EBM wird die Durchflusszytometrie nicht erwähnt.
Weitere Leistungen, die zwar nicht vom G-BA - aber durch die Medizinischen Dienste - als "NUB" eingestuft wurden/werden:
- Adeli-Therapie (Adeli-Suit, Adeli-Anzug): bei dieser Methode kommt "erschwerend" hinzu, dass die Behandlung mit dieser Methode auch mit dem Argument "Auslandsbehandlung" als "nicht als GKV-Leistung möglich" eingestuft wird, obgleich im EU-Binnenland durchgeführt. Es gibt viele Berichte verzweifelter Eltern, viele positive Einzelfallberichte über günstige Effekte…
- Digitale Volumentomographie: Die digitale Volumentomographie ist eine wissenschaftlich unstrittige Methode ohne EBM bzw. BEMA-Ziffer; nützlich und (zahn)medizinisch oftmals notwendig, häufig am besten geeignet.
- Endovenöse Lasertherapie (NB: In Großbritannien ist diese Therapie Regelfall-Leistung.)
- Endovenöse Radiotherapie (NB: In Großbritannien ist diese Therapie Regelfall-Leistung.)
- Fiberendoskopische Evaluation des Schluckaktes: Diese Leistung der Funktionsdiagnostik wird von MD-Gutachtern regelhaft als "neue Methode" eingeordnet, da keine EBM-Ziffer für die Leistung vorhanden ist.
- Fibroscan - "Elastographie der Leber": Die transiente Elastographie ist eine ASV-(Sach-)Leistung; jedoch in der Regel-Versorgung keine EBM-Leistung und wird daher vom Medizinischen Dienst häufig als "NUB" eingestuft und dann aufgrund dieser Einstufung nicht befürwortet. So enthält der, aus dem Jahr 201 stammende Artikel in diesem Wiki zu der Methode "Elastographie der Leber" noch folgende Aussage: "Bei einem Antrag auf Durchführung einer Fibroscan-Untersuchung ist von einem Antrag auf eine außervertragliche "NUB" in der ambulanten Versorgung auszugehen. Eine Anwendung der Elastographie kann daher ambulant z. Zt. nicht zu Lasten der GKV erfolgen."
- IBZM-SPECT: Diese "Methode" wird allein aufgrund einer fehlenden Kostenpauschale für das verwendete Radiopharmakon als "NUB" und damit als generelle "Nicht-Kassenleistung" eingestuft. Obwohl die Methode in diagnostischer Hinsicht tatsächlich Nutzen in Einzelfällen hat (allerdings eben auch nur in Einzelfällen), erfolgen negative gutachterliche Bewertungen allein aufgrund der Einstufung als "NUB", unter Verweis auf abrechnungstechnische Details.
- MR-Cholangiopankreatikographie (MRCP): Auch diese Untersuchung wird im MD-MD-Bund-System aufgrund rein formaler Erwägungen erstens als Nicht-EBM-Leistung und zweitens als "NUB" eingestuft…
- Periradikuläre Therapie Die PRT wurde regelhaft vom MDK als "NUB" eingestuft und negativ bewertet. Nach Indikationserweiterung eines einzigen Kortisonpräparates scheint die Methode nicht mehr als "NUB" betrachtet zu werden, obgleich es keine positive Bewertung durch den G-BA gab.
- Sklerotherapie (Verödungsbehandlung) von Krampfadern: Diese Methode der Krampfadertherapie ist in vielen Fällen medizinisch sinnvoll und mit weniger Nebenwirkungen verbunden als eine OP. Sie erhält aber bei Begutachtung durch den MD(K) regelhaft negative Empfehlungen aufgrund der Einstufung als "NUB". (NB: In Großbritannien ist diese Therapie Regelfall-Leistung.)
- SIRT - Selektive Interne Radio-Therapie: Die Methode wird an verschiedenen Kliniken, zumeist Unikliniken, in palliativer therapeutischer Intention angewendet. Wissenschaftlich ist die Methode grundsätzlich anerkannt, wenn auch Detailfragen noch zu klären sind. In vielen Fällen ist die Therapie als Ultima ratio einzustufen. Sie wird insbesondere bei ambulanter Durchführung vom MD in der Mehrzahl der Fälle mit der Begründung "fehlender Evidenz" und Verweis darauf, dass es sich um eine “NUB” handeln soll, negativ bewertet.
- Weichstrahlentherapie: Gemäß derzeit im System der Medizinischen Dienste vorherrschender Interpretation des Sozialgesetzbuches und hier insbesondere des so genannten "Erlaubnisvorbehalts", handelte es sich vom 01.01.2008 bis zum Ende des dritten Quartals 2008 bei der Weichstrahlentherapie um eine "NUB", da eine Abrechnungsmöglichkeit dieser Beahndlungsmethode im Einheitlichen Bewertungsmaßstab nicht (mehr) vorhanden war. Ein zuvor vorhandene Abrechnungsziffer war durch Beschluss des Bewertungsausschusses aus dem EBM entfernt worden. Zum vierten Quartal 2008 wurde dann eine Gebührenziffer für die "Weichstrahl- oder Orthovolttherapie" wieder in den EBM aufgenommen. Eine "NUB-Bewertung", wie sie im Hinblick auf den "Erlaubnisvorbehalt" hätte erfolgen müssen, wenn dieser sich auf sämtliche, nicht im EBM enthaltenen Methoden beziehen würde, fand indessen vor (Wieder-)Neu-Aufnahme der Weichstrahlentherapie in den EBM nicht statt.
Siehe auch in diesem Wiki:
Alle medizinischen und sozialrechtlichen Aussagen und Informationen in diesem Wiki dienen nicht der individuellen Beratung und können und sollen eine persönliche fachliche ärztliche oder sonstige Beratung nicht ersetzen! Auch erheben die hier gemachten Aussagen keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit. Dies ist keine Gesundheitsberatungsseite und auch keine Sozialberatungsseite!