Klinische Prüfung

Erstellt am 26 May 2010 15:03 - Zuletzt geändert: 09 Aug 2019 11:30

Die klinische Prüfung wird in der zentralen EU-Direktive 2001/20/EG definiert als "jede am Menschen durchgeführte Untersuchung, um klinische, pharmakologische und/oder sonstige pharmakodynamische Wirkungen von Prüfpräparaten zu erforschen oder nachzuweisen und/oder jede Nebenwirkung von Prüfpräparaten festzustellen und/oder die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel und die Ausscheidung von Prüfpräparaten zu untersuchen, mit dem Ziel, sich von deren Unbedenklichkeit und/oder Wirksamkeit zu überzeugen«. Die klinische Prüfung heißt im englischen Original der Direktive "clinical trial".

Die klinische Prüfung nach dieser Richtlinie kommt vorwiegend zum Einsatz, um die erforderlichen Daten für eine Arzneimittelzulassung zu ermitteln (»Zulassungsstudie«; Typ 1 in der Klassifikation des Wissenschaftsrates), die Marktzulassung ist jedoch nicht der einzige Zweck klinischer Forschung. Neben den Arzneimittelprüfungen existiert ein breites Feld von klinischen Studien, die andere Zielsetzungen haben, etwa die Beurteilung der Sicherheit und Angemessenheit von medizintechnischen Produkten, für die andere Zulassungskriterien gelten als für Arzneimittel, oder die genauere Analyse von Arzneimitteln, die sich schon auf dem Markt befinden. Letztere werden oft auch als wissenschaftsgetriebene oder nichtkommerzielle klinische Studien bzw. "investigator initiated trials" (IIT) bezeichnet und bilden dann Typ 2 in der Klassifikation des Wissenschaftsrates.

Phase Zweck und Vorgehen
I Eine neue Intervention wird in einer kleinen Gruppe (z. B. 20 bis 80 Personen) von gesunden Probanden zum ersten Mal eingesetzt, um ihre Sicherheit zu bewerten (z. B. um den sicheren Dosierungsbereich zu ermitteln und Nebenwirkungen zu identifizieren).
II Die biomedizinische oder Verhaltensintervention wird in einer größeren Gruppe von Patienten (bis zu mehreren Hundert Personen) eingesetzt, um ihre Wirksamkeit zu bestimmen und die Sicherheit weiter zu evaluieren.
III Die Studien untersuchen die Wirksamkeit der biomedizinischen oder Verhaltensintervention in großen Gruppen von Patienten (zwischen mehreren Hundert bis mehreren Tausend Personen), indem die Intervention mit anderen Standard- oder experimentellen Interventionen verglichen wird, auch um unerwünschte Wirkungen zu analysieren und Informationen für den sicheren Gebrauch der Intervention zu sammeln.
IV Diese Studien werden durchgeführt, nachdem die Intervention auf den Markt gekommen ist. Sie bezwecken, die Wirksamkeit der zugelassenen Intervention in der Routineversorgung zu beobachten und Informationen über Nebenwirkungen zu sammeln, die sich aus dem breiten Gebrauch ergeben. Hierunter fallen z. B. die oben beschriebenen Anwendungsbeobachtungen (AWB) oder auch Registerstudien.

Klinische Prüfungen sind abzugrenzen von Anwendungsbeobachtungen (AWB) mit zugelassenen Arzneimitteln. Dabei handelt es sich um nichtinterventionelle Prüfungen im Sinne von § 4 Abs. 23 Satz 3 AMG, d. h. Untersuchungen, in deren Rahmen »Erkenntnisse aus der Behandlung von Personen mit Arzneimitteln gemäß den in der Zulassung festgelegten Angaben für seine Anwendung anhand epidemiologischer Methoden analysiert werden; dabei folgt die Behandlung ein- schließlich der Diagnose und Überwachung nicht einem vorab festgelegten Prüfplan, sondern ausschließlich der ärztlichen Praxis«. Die Probanden werden also nicht eigens einer Behandlungs- oder Kontrollgruppe zugewiesen. Eine AWB ist keine klinische Prüfung gemäß § 4 Ziffer 23 Satz 1 AMG und ist daher auch nicht genehmigungspflichtig. Trotzdem wird sie allgemein als klinische Studie der Phase IV bezeichnet (Tab. 1). Sie ist aber gemäß § 67 Abs. 6 AMG den kassenärztlichen Bundesvereinigungen, den Spitzenverbänden der Krankenkassen sowie der zuständigen Bundesoberbehörde unverzüglich anzuzeigen (BfArM/PEI 2007).

Literatur
1. Bührlen. Innovation. 2009.
2. WHO 2008.


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