Ärztliche Begutachtung

Erstellt am 19 Aug 2015 16:48 - Zuletzt geändert: 20 Mar 2023 20:03

Folgende Definition stammt von G. Wagner, Vorsitzender Richter im Landessozialgericht Hamburg:

Medizinische Sachverständigengutachten werden überall da gebraucht, wo über Ansprüche (im weiteren Sinne) zu entscheiden ist. Sie sind Teil des Erkenntnisverfahrens auf dem Weg zur Entscheidung über die Sachverhalte.

Im Hinblick auf das Ärztliche Berufsrecht und die Regelungen im Sozialgesetzbuch V gelten folgende Feststellungen:

  1. Der ärztliche Gutachter ist in der Ausübung seiner Begutachtung weiterhin Angehöriger des freien Berufes "Arzt" und Pflichtmitglied der zuständigen Ärztekammer, die ihn als "ärztlich tätig" einstuft. Dies drückt sich u. a. auch in der Veranlagung gutachterlich für den MDK tätiger Ärzte zu den jeweiligen Ärztekammerbeiträgen wie auch in der Integration dieser Ärzte in die entsprechenden Gremien der ärztlichen Selbstverwaltung aus.
  2. Der ärztliche Gutachter ist in der Ausübung seiner Begutachtung weisungsfrei. Dies ist für die Gutachter des MDK auch in § 275 SGB V festgelegt. Die Weisungsfreiheit gemäß SGB V ist u. a. begründet durch die Art der ärztlichen gutachterlichen Tätigkeit.

Eine ausführliche Diskussion "Zum Sachverständigenstatus im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung", dargestellt am Beispiel des MDK Hessen, wurde von dem Autorenteam Dr. Gaertner (Leiter des Stabs- und Servicebereichs Wissen und Kommunikation beim MDK Hessen) und dem Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen, Herrn Dr. Dr. Gnatzy in der Zeitschrift "Gesundheit und Pflege" (GuP) veröffentlicht. Das PDF des Artikels wurde mit Genehmigung der Wolters Kluwer Deutschland GmbH vom MDK Hessen auf dessen Internetseite zur Verfügung gestellt.

Eine differenzierte Darstellung der gutachterlichen ärztlichen Tätigkeit im Vergleich zu dem Rollenverständnis des direkt behandelnden Arztes wurde 2001 im Deutschen Ärzteblatt publiziert (Hausotter W. Ärztliche Gutachter: Berufsbild und Selbstverständnis. Dtsch Arztebl 2001; 98(12): A-735 / B-597 / C-562). Dieser Artikel bezieht sich auf die gutachterliche ärztliche Tätigkeit ganz allgemein, nicht nur auf die der Ärzte im MDK.

Gutachter-Haftung

Bezüglich der persönlichen Haftung der ärztlichen Gutachter des MDK hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2006 eine juristische Einschätzung abgegeben. Dort heißt es:

"Nach Art. 34 Satz 1 GG haftet anstelle des Bediensteten, soweit dieser in Ausübung des ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat, der Staat oder die Körperschaft, in dessen Dienst er steht. Die persönliche Haftung des Bediensteten ist in diesem Fall ausgeschlossen …"

Im Leitsatz des Urteils III ZR 270/05 des Bundesgerichtshofes heißt es hierzu weiter:

"Der bei einem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung angestellte Arzt, der gegenüber einer Krankenkasse eine Stellungnahme nach § 275 SGB V abgibt, handelt unabhängig davon, ob sein Arbeitgeber öffentlich- oder privatrechtlich organisiert ist, in Ausübung eines öffentlichen Amts."

Besorgnis der Befangenheit

Eine Reihe von Artikeln, die zum Teil auch frei einsehbar sind, zum Thema "Befangenheit" finden sich auf den Webseiten des Informationsdienstes Haufe.
Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Beschluss des Landessozialgerichte Niedersachsen (L 4 KR 505/17), in dem es hieß, dass die Beantwortung von Rechtsfragen (wie z. B. Kodierfragen) durch medizinische Gutachter rechtsmissbräuchlich sei, da Rechtsfragen einer Beweiserhebung und damit der sachverständigen Begutachtung nicht zugänglich seien.
Von dem Rechtsanwalt Jan Lehr wurde eine schöne Übersicht zur Auffassung der Gerichte zur Frage der Befangenheit von Gutachtern im Web veröffentlicht.
Im Deutschen Ärzteblatt war 2013 eine Beitrag mit dem Titel "Sachverständigengutachten: Anschein von Befangenheit vermeiden" erschienen, der insbesondere den Wert einer neutralen und den Geboten der Höflichkeit folgenden Kommunikation hervorhob.

WebLinks

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