Salz in der menschlichen Ernährung

Erstellt am 25 Aug 2015 12:27
Zuletzt geändert: 12 May 2020 14:18

Aus dem Forum Gesundheitspolitik:
Ein Teil der Empfehlungen zu Dingen und Verhaltensweisen, die angeblich einen hohen präventiven oder kurativen Nutzen für die Gesundheit vieler Menschen haben oder dieser und diesen schaden, sind derartig plausibel, dass es relativ lange braucht bis sich Studien um sie kümmern. …
Das jüngste Beispiel dafür was dann bei gründlicher Überprüfung herauskommen kann, ist ein systematischer Review von neun randomisierten kontrollierten Studien an denen 479 PatientInnen mit Herzschwäche teilgenommen hatten, welcher der Frage nachging, ob die Reduktion oder gar der Verzicht auf Salz PatientInnen mit Herzschwäche gesundheitlich nutzt oder nicht.
Die am 5. November 2018 in der Fachzeitschrift "JAMA Internal Medicine" veröffentlichte Studie "found no clinically relevant data on whether reduced dietary salt intake affected outcomes such as cardiovascular associated or all-cause mortality, cardiovascular-associated events, hospitalization, or length of hospital stay." In drei Studien mit ambulant behandelten PatientInnen, die weniger Salz zu sich nahmen, fanden sich allerdings Verbesserungen einiger klinischer Werte und Symptome.
Alles in Allem existiert also Unsicherheit über die Robustheit und Evidenz der weit verbreiteten Ratschläge an PatientInnen mit Herzproblemen, ihre gesundheitlichen Risiken durch die Reduktion von Salz zu reduzieren.
Der renommierte Kardiologe Harlan Krumholz (u.a. Editor für kardiologische Studien in der Zeitschrift "New England Journal of Medicine") bewertet die Studie als "an important study for what it doesn't find, which is a lack of evidence to support salt restriction. For all the burden we have imposed on patients with this strategy, it turns out we have too little evidence to support the practice."
Hier der Link zum Volltext der Studie:


2016 wurde - besonders auch in hausärztlichen Internetforen – über das Thema "Gefahren von Kochsalz" für Gesunde und Hypertoniker diskutiert.

Anlass war eine im Lancet erschienene zusammenfassende Analyse mehrerer Studien mit insgesamt 133.118 Teilnehmern aus 49 Ländern - mit und ohne Hypertonie (Mente A, O’Donnell M, Rangarajan S, et al.
Associations of urinary sodium excretion with cardiovascular events in individuals with and without hypertension: a pooled analysis of data from four studies. Lancet 2016; 388: 465–75).

Die Studie beruht auf der Messung des Surrogatmarkers der renalen Natriumausscheidung im Morgenurin. Als Normal- bzw. Referenzwert wurde eine tägliche Ausscheidung von 4.00 – 4.99 g angenommen, was [jeweils multipliziert mit 2.54] einer NaCl-Zufuhr von 10,16-12,67 g/d Kochsalz entspricht.

Das sehr kurz zusammengefasste Ergebnis zeigt eine sog. U-Kurve, soll heißen, dass:

  • eine deutlich erhöhte Kochsalzzufuhr (> 15 g/Tag) für Hypertoniker, nicht aber für Normalpersonen, mit erhöhten kardiovaskulären Gefahren und gesteigerter Mortalität einhergeht,
  • eine stark erniedrigte Kochsalzzufuhr (< 7.62 NaCl/Tag) aber für beide Gruppen gefährlich sein kann.

Der Arzneimittelbrief hat in der Ausgabe vom Juni 2016 diese Resultate in einer sehr übersichtlichen Tabelle zusammengefasst, die dort eingesehen werden kann.


Effekt einer Ernährung mit erhöhtem (DASH-Diät mit hohem Salzgehalt) senkt die Harnsäurespiegel am besten:

Eine Analyse der Prospective Urban Rural Epidemiology(PURE)-Studie mit mehr als 100.000 Patienten zeigt ebenfalls ein erhöhtes Hypertonie- und Mortalitätsrisiko bei Menschen, die zu viel, aber auch bei denen, die weniger als 3 g Natrium pro Tag zu sich nehmen:

Daher stellt sich die Frage: Wo liegt die magische Grenze?

Dass man bei akut dekompensierter Herzinsuffizienz den Kreislauf entlasten sollte – die Salz- und Flüssigkeitszufuhr reduzieren sollte –, scheint einleuchtend und geradezu physio-logisch.
2013 kamen Zweifel an dieser derzeit noch in Stein gemeißelten Praxis auf: Patienten in einer Studie profitieren offenbar nicht von der Einschränkung der Salz- und Flüssigkeitszufuhr, wie die gerade im Fachblatt JAMA Internal Medicine erschienene randomisiert-verblindete Studie von Dr. Graziella Badin Aliti von der Heart Failure Clinic im brasilianischen Porto Alegre und ihren Kollegen belegt:


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Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)
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