Zometa (Zoledronsäure, Bisphosphonat)

Erstellt am 02 May 2016 13:20
Zuletzt geändert: 02 May 2016 17:18

Zoledronsäure-Präparate in der EMA-Datenbank
Fachinformationen zu Zometa in der EMA-Datenbank


Bisphosphonate vom Typ Zoledronsäure (Handelspräparat z.B. Zometa®) sind weder EU-weit noch in der BRD arzneimittelrechtlich in der Indikation "adjuvante Therapie des prä- oder postmenopausalen Mammakarzinoms" zugelassen. Es liegen Zulassungen in anderen Indikationen vor.
Die Anwendung in der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms stellt einen Einsatz außerhalb des zugelassenen Anwendungsgebietes, einen sogenannten Off-Label-Use dar.

Mit Datum vom 21.12.2009 war von dem Pharmazeutischen Unternehmers Novartis eine Erweiterung der Zulassung für das Präparat Zometa® (Zoledronsäure 4 mg i.v.) zur „adjuvanten Behandlung des Hormonrezeptor-positiven, frühzeitigen Brustkrebses bei prämenopausalen Frauen unter Hormontherapie“ bei der Europäischen Zulassungsbehörde EMA gestellt worden. Grundlage für den Antrag war nach schriftlicher Mitteilung des Herstellers die ABCSG12-Studie, die nach Auffassung des Herstellers durch die Auswertung der ZO-FAST-Studie bestätigt werde. Eine antitumoröse Wirkung sei auch durch die AZURE-Studie belegt.
Aufgrund der Veröffentlichung der Interimsanalyse der AZURE-Studie und der Einschätzung des wissenschaftlichen Beraterkomitees CHMP der Europäischen Zulassungsbehörde EMA (Presseveröffentlichung der EMA in der Anlage), dass die derzeitige Datenlage nicht die Empfehlung der Zulassungserweiterung entsprechend des Antrages der Firma Novartis erlauben lasse, wurde der Zulassungsantrag in der beantragten Indikation (siehe oben) von der Firma Novartis zurückgezogen.
Auch in der endgültigen Auswertung der AZURE-Studie (Coleman et al., 2014) zeigte sich bezüglich des primären Endpunktes des krankheitsfreien Überlebens sowie der sekundären Endpunkte des invasiven krankheitsfreien Überlebens, des Auftretens von Fernmetastasen und dem Gesamtüberleben kein Vorteil des Einsatzes von Zoledronsäure gegenüber der Kontrollgruppe ohne Bisphosphonatgabe. Gezeigt wurde aber eine Verminderung der Entwicklung von Knochenmetastasen sowohl als erstem Ereignis als auch zu irgendeinem Zeitpunkt in der Nachbeobachtung unter Zoledronsäure.
In der exploratorischen, vordefinierten Subgruppenanalyse bei postmenopausalen Frauen zeigte sich auch ein Vorteil von Zoledronsäure bzgl. des invasiven krankheitsfreien Überlebens gegenüber der Kontrollgruppe, allerdings nicht bezüglich des krankheitsfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens.
Zusammenfassend ist ein ausreichender Wirksamkeitsnachweis für den adjuvanten Einsatz von Zoledronsäure in der Behandlung des Mammakarzinoms aus den bisherigen Studienerkenntnissen nicht abzuleiten.

Ob ein einschlägiger Konsens in Fachkreisen für den beantragten Einsatz eines Bisphosphonates in der adjuvanten Therapie eines Mammakarzinoms besteht, lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen.
Der regelhafte Einsatz von Bisphosphonaten in der adjuvanten Therapiesituation des Mammakarzinoms wird derzeit weder vom US-amerikanischen National Cancer Institut (www.cancer.gov), noch in der aktuellen Praxisleitlinie des National Comprehensive Cancer Network (NCCN) Version 2.2015 (Stand 11.03.2015), noch in der schottischen Leitlinie des SIGN von September 2013, noch in der europäischen Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) von 2013 als Empfehlung aufgeführt.

Demgegenüber empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. (DKG) den Einsatz von Bisphosphonaten/Zoledronsäure zur Prävention von Knochenmetastasen und möglichen Erzielung eines Überlebensvorteils in der adjuvanten Therapie bei postmenopausalen Patientinnen mit dem "Evidenzlevel 1a (Oxford)" und dem Empfehlungsgrad "A (Oxford) bzw. + (AGO)", was einer mittleren bis hohen Empfehlungsstärke entspricht.
Bei fortgeschrittener Erkrankung gibt die AGO ebenfalls eine positive Empfehlung für den Einsatz von Zoledronsäure, allerdings mit geringerem angegebenen Evidenzlevel von "Oxford 2c" und einer niedrigen Empfehlungsstärke von "Oxford C" bzw. "AGO +/-"

In relevanten evidenzbasierten Leitlinien finden sich keine negativen Empfehlungen, die sich ausdrücklich gegen den Einsatz dieser Medikamentengruppe in der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms aussprechen.

Verschiedene systematische Literaturauswertungen (Metaanalysen) kamen ebenfalls zu widersprüchlichen Ergebnissen. In einem systematischen Review der anerkannten Cochrane Collaboration von April 2011 (Wong et al.) kamen die Autoren zu dem Schluss, dass die Beweislage einfach nicht ausreiche, um den routinemäßigen Einsatz von Bisphosphonaten in der adjuvanten Therapie bei Patienten mit frühen Brustkrebs zu empfehlen.

Prinzipiell handelt es sich bei dem Off-Label-Use von Zoledronsäure zur Prävention von Knochenmetastasen und möglichen Erzielung eines Überlebensvorteils in der adjuvanten Therapie bei postmenopausalen Patientinnen um einen individuellen Heilversuch.
Im Einklang mit den Regeln guter ärztlicher und wissenschaftlicher Praxis ist es daher erforderlich, dass die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt die Patientin umfassend über den experimentellen Charakter dieser Behandlung und auch darüber informiert, dass im Falle ernsthafter Nebenwirkungen und Komplikationen die Herstellerhaftung entfällt. Die gemeinsam mit der Patientin zu treffende Entscheidungsfindung über diese Therapie muss darüber hinaus zwingend auch die Informationen über die relevanten Nebenwirkungen der intravenösen Bisphosphonate/Zoledronsäure enthalten. Insbesondere muss die Patientin über die Möglichkeit des Auftretens von Osteonekrosen des Kiefers und atypische Stressfrakturen unter einer entsprechenden Therapie informiert werden.

Siehe auch

Empfehlungen der AGO zum Mammakarzinom
Empfehlungen der AGO zur Osteoonkologie und Knochengesundheit


Alle Darstellungen medizinischer Sachverhalte, Erkrankungen und Behinderungen und deren sozialmedizinische Einordnung und Kommentierungen hier im Wiki dienen nicht einer "letzt begründenden theoretisch-wissenschaftlichen Aufklärung", sondern sind frei nach Karl Popper "Interpretationen im Licht der Theorien."
Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)
Alle medizinischen Aussagen und Informationen in diesem Wiki dienen nicht der medizinischen Beratung und können und sollen eine persönliche fachliche ärztliche Beratung nicht ersetzen!



Neue Seite anlegen

Sofern nicht anders angegeben, steht der Inhalt dieser Seite unter Lizenz Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 License