Erstellt am 17 Nov 2017 19:43
Zuletzt geändert: 25 Jun 2021 14:31
Literatur:
- Stein C. Schmerzinhibition durch Opioide – neue Konzepte. Schmerz. 2019 Aug;33(4):295-302. (Springermedizin-Zusammenfassung); (Keine Evidenz zu naloxonbedingter „Schärfung“ der Rezeptorsensitivität und Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischem Nichttumorschmerz - Leserbrief bei Springermedizin)
- Busse JW, Wang L, Kamaleldin M, et al. Opioids for Chronic Noncancer Pain: A Systematic Review and Meta-analysis. JAMA. 2018 Dec 18;320(23):2448-2460. doi: 10.1001/jama.2018.18472. (PMC Volltext)
Kernbotschaften
Patienten mit chronischen, nicht durch Krebs verursachten Schmerzen profitieren nur geringfügig von Opioiden. Im indirekten Vergleich mit NSAIDS waren sie in einer Meta-Analyse nicht überlegen.
Design
Systematische Übersichtsarbeit und Meta-Analyse randomisierter klinischer Studien zur Auswirkung von Opioiden bei nicht durch Krebs bedingten, chronischen Schmerzen. Primäre Studienziele waren die Schmerzintensität auf einer visuellen analogen Skala von 10 Zentimetern Länge, wobei eine minimale bedeutsame Differenz (MID) einem Zentimeter entsprach, außerdem körperliche Funktionen auf einer Skala von 0 – 100 (Short Form physical component score [SF-36 PCS]) mit einer MID von 5 sowie die Häufigkeit des Erbrechens.
- Hauptergebnisse
- Für die Auswertung konnten die Autoren 96 Studien mit zusammen 26.169 Teilnehmern nutzen. Sie waren zu 61 % weiblich und median 58 Jahre alt. 25 Studien untersuchten neuropathische Schmerzen, 32 nozizeptive Schmerzen und 33 die zentrale Sensibilisierung.
- Im Vergleich zu Placebo reduzierten Opioide die Schmerzen um 0,69 von 10 Zentimetern auf der visuellen analogen Skala (gewichtete mittlere Differenz). Die MID erreichten aber nur 11,9 % der Patienten.
- Die körperlichen Funktionen besserten sich unter Opiaten im Vergleich zu Placebo um 2,04 Punkte auf der 100-Punkte-umfassenden SF-36 PCS. Hier war die Wahrscheinlichkeit, die MID zu erreichen, 8,5 %.
- Ähnliche Assoziationen wurden im Vergleich von Opioiden mit NSAIDS festgestellt, jedoch seien die entsprechenden Studien von geringer bis moderater Qualität gewesen, schreiben die Autoren.
- Unter Opioiden mussten Patienten sich häufiger erbrechen als unter Placebo (5,9 % versus 2,3 %).
Klinische Bedeutung
Opioide erreichen bei Patienten mit chronischen, nicht durch Krebs verursachten Schmerzen eine signifikant bessere Schmerzlinderung als Placebo. Die Verbesserungen sind allerdings gering und werden zudem mit einem erhöhten Risiko für Erbrechen erkauft. Die Autoren verweisen deshalb auf die NSAIDS als mögliche Alternative mit einem ähnlichen Nutzen bezüglich Schmerzlinderung und körperlichen Funktionen – allerdings müssen sie einräumen, dass diese Vermutung aus weniger hochwertigen Studien extrapoliert wurde. Die Kommentatoren Michael A. Ashburn und Lee A. Fleisher (Philadelphia) sind dennoch überzeugt: „Es ist an der Zeit, dass Ärzte Opioide korrekt verschreiben und nicht zu viel rezeptieren, wenn sie akute und chronische Schmerzen behandeln.“
Zitiert nach: Michael Simm - Studien – kurz & knapp vom 27.12.2018, Univadis.
- Salwan AJ, Hagemeier NE, Harirforoosh S. Abuse-Deterrent Opioid Formulations: A Key Ingredient in the Recipe to Prevent Opioid Disasters? Clin Drug Investig. 2018 Jul;38(7):573-577. doi: 10.1007/s40261-018-0651-3.
Abuse-deterrent opioids are still opioids, and although they may make manipulation more difficult than non-ADF formulations, they are not "abuse proof." The introduction of ADFs could provide a false sense of security among prescribers and dispensers, and we fear that ADFs may have a minimal impact on non-medical use of prescription opioids.
- Kibbe AH, Franko TS, Shah VM. Oxycodone hydrochloride immediate-release analgesic for managing severe pain: abuse-deterrent formulations. Ther Clin Risk Manag. 2018 Apr 30;14:779-782. (PMC Volltext)
Kommentare zur LONTS:
- Treede RD, Zenz M. Langzeitanwendung von Opioiden bei chronischen nicht tumorbedingten Schmerzen (LONTS 2). Schmerz 29, 5–7 (2015). https://doi.org/10.1007/s00482-014-1429-z
- Überall: LONTS und die Macht der Zahlen In: Schmerztherapie Heft 4, 2010.
- BARMER GEK Gesundheitswesen aktuell 2011: "Opioidtherapie in der Versorgungsrealität. Ein Beitrag zur Diskussion um ein weitverbreitetes Arzneimittel"
- Haffajee RL, Mello MM. Drug Companies' Liability for the Opioid Epidemic. N Engl J Med. 2017 Dec 14;377(24):2301-2305. (Volltext)
- Els C, Jackson TD, Kunyk D, Lappi VG, et al. Adverse events associated with medium- and long-term use of opioids for chronic non-cancer pain: an overview of Cochrane Reviews. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Oct 30;10:CD012509. doi: 10.1002/14651858.CD012509.pub2.
- Becker WC, Fiellin DA. Abuse-Deterrent Opioid Formulations - Putting the Potential Benefits into Perspective. N Engl J Med. 2017 Jun 1;376(22):2103-2105. (Volltext)
Siehe auch in diesem Wiki:
WebLinks
- Apotheke adhoc 28.08.2019: Wegen Opioid-Krise: Mundipharma soll verkauft werden
- Deutsche Apotheker Zeitung 10.08.2017: Methadon gegen Schmerzen
- Pharmazeutische Zeitung vom 20.01.2021: Schädlichen Arzneimittelgebrauch verhindern
- Pharmazeutische Zeitung vom 17.01.2020: So erkennen Apotheker einen Missbrauch
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Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)
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