Indometacin

Erstellt am 25 Apr 2016 06:43
Zuletzt geändert: 15 Dec 2020 16:48

Indometacin ist ein NSAR1.
Grundsätzlich bestehen arzneimittelrechtliche Zulassungen für die symptomatische Behandlung von Schmerz und Entzündung bei:
• akuten Arthritiden (einschließlich Gichtanfall),
• chronischen Arthritiden, insbesondere bei rheumatoider Arthritis (chronische Polyarthritis),
• Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) und anderen entzündlich-rheumatischen Wirbelsäulenerkrankungen,
• Reizzuständen bei Arthrosen und Spondylarthrosen,
• entzündlichen weichteilrheumatischen Erkrankungen,
• schmerzhaften Schwellungen oder Entzündungen nach Verletzungen.

Sozialmedizinische Bedeutung

Indometacin ist in der sozialmedizinischen Begutachtung von Bedeutung durch einen Leitlinien-empfohlenen Off-Label-Gebrauch bei Clusterkopfschmerz und trigeminoautonomen Kopfschmerzen.
Laut DGN-Leitlinie handelt es sich um das fast einzige Medikament, das mit Erfolg bei der chronischen und der episodischen paroxysmalen Hemikranie eingesetzt werden kann. Diese beiden Kopfschmerzenformen sprechen laut Leitlinie "obligat und fast ausschließlich auf Indometacin an" (Headache Classification Committee of the International Headache Society - ICHD).

Ein G-BA-Beschluss zum Off-Label-Use von Indometacin wurde bis Dezember 2020 nicht gefasst.

Marktverfügbarkeit in Deutschland

Seit 2018 sind die meisten Zubereitungen von Indometacin / Fertigarzneimittel mit Indometacin aus wirtschaftlichen Gründen vom deutschen Markt genommen worden oder in der Herstellung gänzlich eingestellt.
Dies schafft Probleme vor allem für betroffene Patienten mit einer der seltenen Kopfschmerzformen, die nur auf Indometacin gut ansprechen. Speziell bei Kopfschmerz-begleitender Übelkeit können die, derzeit am Markt verfügbaren Arzneimittelzubereitungen nicht eingesetzt werden.
Grundsätzlich möglich sind zwar für betroffenen Patienten ggf. auch retardierte Präparate (derzeit Indomet-ratiopharm® 75 mg Retardkapseln) - diese wirken aber im akuten Anfall nicht schnell genug.
Für Patienten, die auch Retardpräparate nicht vertragen oder bei denen diese nicht schnell genug wirken, kommen nur Suppositorien in Frage, die akut wirksam sind. Suppositorien sind aber am deutschen Markt nicht (mehr) erhältlich.

Im europäischen Ausland scheinen die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller eine weitere Vermarktung noch zu unterstützen (vielleicht, weil dort ein Off-Label-Use keine vergleichbaren leistungsrechtlichen Konsequenzen hat wie in Deutschland?), so dass Retardpräparate oder Suppositorien aus dem europäischen Ausland im Prinzip bezogen werden können.

Indometacin und seltene Kopfschmerztypen

Bei folgenden Kopfschmerzformen ist Indometacin wirksamer als andere Nicht-Opioide-Schmerzmittel und gemäß Leitlinie der Migräne- und Kopfschmerz-Gesellschaft das Mittel der ersten Wahl (trotz "Off-Label-Use"):

  • Hemicrania continua
  • paroxysmale Hemikranie
  • idiopathisch stechender Kopfschmerz
  • primärer Anstrengungskopfschmerz
  • primärer Hustenkopfschmerz
  • Kopfschmerz bei sexueller Aktivität
  • primärer schlafgebundener Kopfschmerz

Weitere Quellen, die für Indometacin in den genannten Indikationen sprechen:

  • Headache Classification Committee of the International Headache Society (IHS): The International Classification of Headache Disorders, 3rd edition. Clusterkopfschmerz und trigeminoautonome Kopfschmerzen, In: Cephalalgia. 2018;38(1):1–211.
  • Evers S et al. Therapie seltener idiopathischer Kopfschmerzerkrankungen. Nervenheilkunde 2005;3:217-226.

Indometacin und Gicht und Spondyloarthritis

Für die Behandlung der Gicht und der ankylosierenden Spondylarthritis bestehen prinzipiell Zulassungen für Indometacin! Quellen zur Wirksamkeit/Anwendung:

  • Richette P, Doherty M, Pascual E. updated EULAR evidence-based recommendations for the management of gout. Ann Rheum Dis 25. Juli 2016, pii: annrheumdis-2016-20970.
  • Leitlinie "Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen". S3- Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) und der beteiligten medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften und weiterer Organisationen, AWMF-Registernummer: 060/003, Stand: 09.11.2018 , gültig bis 08.11.2023.
  • "Akute Gicht in der hausärztlichen Versorgung". S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, AWMF-Registernummer: 053/032b, Stand: September 2013.

WebLinks

Siehe auch in diesem Wiki


Alle Darstellungen medizinischer Sachverhalte, Erkrankungen und Behinderungen und deren sozialmedizinische Einordnung und Kommentierungen hier im Wiki dienen nicht einer "letzt begründenden theoretisch-wissenschaftlichen Aufklärung", sondern sind frei nach Karl Popper "Interpretationen im Licht der Theorien."
Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)
Alle medizinischen Aussagen und Informationen in diesem Wiki dienen nicht der medizinischen Beratung und können und sollen eine persönliche fachliche ärztliche Beratung nicht ersetzen!



Neue Seite anlegen

Sofern nicht anders angegeben, steht der Inhalt dieser Seite unter Lizenz Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 License