Clofazimin (Lamprene®)

Erstellt am 04 Feb 2019 13:54
Zuletzt geändert: 02 Jun 2020 09:12

Clofazimin ist ein Chemotherapeutikum und roter Farbstoff mit einer schwachen bakteriziden Wirkung auf Mycobacterium lepra, was einen Einsatz gegen Lepra ermöglicht.
In der BRD oder EU-weit besteht keine aktive Zulassung für Clofazimin-haltige Fertigarzneimittel:
In der Datenbank des "Arzneimittel-Informationssystems (AMIS)" beim DIMDI findet sich kein Eintrag für Clofazimin (Lamprene®), weder bei den verkehrsfähigen noch bei den nicht-verkehrsfähigen Arzneimitteln.
In der Datenbank der Arzneimittel, die in Deutschland und in verschiedenen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder im europäischen Wirtschaftsraum in der EU im Wege der gegenseitigen Anerkennung zugelassen sind und dem MRI = "mutual recognition index" auf den Webseiten der "Heads of Medicine Agencies" der Europäischen Union fand sich ebenfalls kein Eintrag für Clofazimin bzw. für Lamprene®.
Es fand sich jedoch ein Eintrag in der nationalen Arzneimittelzulassungsdatenbank "Répertoire des Spécialités Pharmaceutiques" der französischen Behörde L’Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé (ANSM). Dort wird das Produkt Lamprene als Weichkapsel in den Wirkstärken 50 mg und 100 mg aufgeführt.
In Frankreich ist das Arzneimittel in der sogenannten "Liste 1" eingestuft als Arzneimittel, das nur in Krankenhäusern angewendet werden darf.
Damit kann eine aktuell gültige Zulassung für Frankreich bestätigt werden, jedoch keine EU-weite Zulassung.

Diesbezüglich ist jedoch weiter auf Informationen des Herstellers Novartis auf seiner Webseite zu verweisen. Novartis führt dort unter der Überschrift "Gesellschaftliche Verantwortung" folgendes aus:

"Im Jahr 2018 veröffentlichte die WHO überarbeitete Leitlinien für das längere Therapieschema zur Behandlung von multi-resistenter und Rifampicin-resistenter Tuberkulose. Orale Wirkstoffe erhielten Vorrang vor injizierbaren Medikamenten. Clofazimin wird als Teil dieses überarbeiteten Schemas empfohlen. Novartis hat daran gearbeitet, die Indikationen von Clofazimin um diese Indikation zu erweitern. Clofazimin ist derzeit nur in Kombination mit Rifampicin und Dapson zur Behandlung von Lepra zugelassen."

Auf den Internetseiten der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) findet sich im Text zu der "Orphan designation" von Thalidomid für die Behandlung der Lepra der Hinweis "Rifampicin, Dapsone and Clofazimin are authorised for the treatment of erythema nodosum lepra in the Community".

Unter Berücksichtigung der Aussagen sowohl des Herstellers als auch der Europäischen Zulassungsbehörde (EMA) ist von einer erfolgten Zulassung zur Behandlung der Lepra in den Ländern der Europäischen Union auszugehen, obgleich keine zugelassenen Präparate in den entsprechenden Zulassungsdatenbanken aufgeführt sind.
Diesbezüglich ist auch von Bedeutung, dass Arzneimittelzulassungen formal rechtlich eine Marktzugangsgenehmigung darstellen. Die Bezeichnung der europäischen Zulassungen lautet dementsprechend "Marketing authorisation". Eine Vermarktung des Arzneimittels Clofazimin (Lamprene®) erfolgt seit der Übergabe des Arzneimittels an die WHO in den meisten Ländern nicht mehr, so dass auch eine entsprechende Marktzulassung nicht mehr erforderlich ist. Da in den meisten Ländern auch keine Handelspräparate mit dem Arzneimittel im Einsatz sind (Ausnahme z.B. Frankreich), findet sich in den Arzneimittelzulassungsdatenbanken auch kein Eintrag für Clofazimin (Lamprene®).

Auf den Webseiten der Europäischen Kommission findet sich das Suchwort "clofazimine" in einem "Briefing Paper" mit dem Titel "The Worldwide Leprosy Burden – Priorities for Action". Dort wird festgestellt "Leprosy can be treated effectively with multi‐drug therapy (MDT), a combination of antibiotics (rifampicin, clofazimine and dapsone)." (Übersetzt: Lepra kann mit einem Mehrfach-Medikamentenschema mit Rifampicin, Clofazimin und Dapson erfolgreich behandelt werden.)

Damit ist von einer Zulassung zur Behandlung der Lepra in den Ländern der Europäischen Union auszugehen, obgleich keine zugelassenen Präparate in den entsprechenden Zulassungsdatenbanken aufgeführt sind.
Zur Behandlung der Lepra wird Clofazimin über die WHO, der Clofazimin im Rahmen eines so genannten "Donation-Programms" übergeben wurde, kostenfrei zur Verfügung gestellt.

In den USA besteht eine FDA-Zulassung für Lamprene® (50 mg und 100 mg Kapseln) zur Behandlung der Lepra (Fachinformation (PDF)).
Laut FDA-Datenbanken (Orange Book: Eintrag zu Lamprene) wird das Produkt in den USA aber nicht mehr vermarktet.
Zusätzlich besteht in den USA eine Einstufung als Orphan drug für Lepra und Einstufung als Orphan drug für Tuberkulose (OrphaNet).

Diesbezüglich ist anzumerken, dass die WHO sich hinsichtlich eines "Off-Label"-Gebrauchs von Clofazimin bei Infektionen mit Mykobakterien zurückhaltend äußert bzw. früher auch negativ ausgesprochen hat.

Gegen den Einsatz von Clofazimin bei nicht-infektiösen Erkrankungen außerhalb der Lepra-Endemie-Gebiete gibt es jedoch laut einer Vielzahl publizierter Experten-Einschätzungen keine prinzipiellen medizinischen Einwände.

Der Fachliteratur (s.u.) ist zu entnehmen, dass für eine Behandlung der Erkrankung an Pyoderma gangraenosum oder Cheilitis granulomatosa mit Clofazimin in der Fachwelt ein breiter Konsens besteht.

Auch in Off-Label-Indikationen (wie hier vorliegend) wird Lamprene® vom pharmazeutischen Unternehmer Novartis über die Victoria Apotheke in Zürich kostenlos abgegeben. Hierbei erfolgt eine Abgabe aber nur im Rahmen eines "named patient programme" nach individueller Anforderung.
Da eigentlich keine Arzneimittelkosten anfallen, sind seitens der gesetzlichen Krankenkassen bei begründetem Off-Label-Use lediglich die Aufwendungen der Victoria Apotheke zur Weiterverbreitung des Arzneimittels (Importzuschläge etc.) zu tragen.

Weblinks

Literatur

Siehe auch in diesem Wiki


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Zitat nach: Bach, Otto: ''Über die Subjektabhängigkeit des Bildes von der Wirklichkeit im psychiatrischen Diagnostizieren und Therapieren''. In: Psychiatrie heute, Aspekte und Perspektiven, Festschrift für Rainer Tölle, Urban & Schwarzenberg, München 1994, ISBN 3-541-17181-2, (Zitat: Seite 1)
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